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Mit TTIP Standards setzen

In dem transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP liegt die historische Chance des Westens, Wegweiser einer freiheitlichen Welthandelsordnung zu sein. Als offener Club kann das Abkommen das Zusammenwachsen des Welthandels wesentlich beeinflussen.

Möglichst freier Handel, keine Diskriminierung von Handelspartnern: Diese WTO-Prinzipien werden heute fast weltweit anerkannt. Immer mehr Nationen gehen jedoch dazu über, Freihandelsabkommen bilateral auszuhandeln – meist mit Ländern in ihrer Nachbarschaft oder wichtigen Handelspartnern. Die WTO mit ihren inzwischen 160 Mitgliedsstaaten lässt dies zu. In der Hoffnung, dass viele bilaterale Zonen irgendwann als offene Clubs des Freihandels zu einem weltweiten System zusammenwachsen.

Genau dies ist die politische Idee hinter TTIP: Einmal etabliert, wird die Transatlantische Partnerschaft für Handel und Investitionen der mit Abstand größte offene Club des freien Handels weltweit sein. Das Abkommen wird ein Gebiet umfassen, das heute mit fast 40 Prozent zur globalen Wertschöpfung beiträgt und in dem mehr als die Hälfte des weltweiten Handels stattfindet.

Das ist auch gut so. Denn wenn der Westen heute nicht neue Standards im Welthandel setzt, werden es andere tun. Schwellenländer wie China oder Indien werden bald mächtige Spieler sein. Mit Blick auf die Integration der Weltwirtschaft und den Kampf gegen Armut ist das eine positive Entwicklung. Ohne ein Gegengewicht wie TTIP würde sie aber auch bedeuten, dass Länder mit eher staatskapitalistischen Strukturen und wenig gefestigter liberaler Tradition die Welthandelsordnung beeinflussen.

Es geht also um weit mehr als die an sich schon beachtlichen Impulse, die TTIP für die amerikanische und die europäische Wirtschaft bedeutet. Wissenschaftliche Schätzungen gehen von bis zu zwei Millionen zusätzlichen Arbeitsplätzen aus, fast die Hälfte davon in Europa. Gewinne ergeben sich vor allem aus Einsparungen durch die Angleichung von Standards bei technischen Produktanforderungen, wovon Deutschland mit seiner innovativen Ingenieurskunst besonders profitieren wird.

Mit TTIP besteht aber auch die Chance, die Globalisierung in einen Rahmen einzubetten, der auch in ferner Zukunft freiheitliche Rechte, verlässliche Standards und faire Verfahren sichert. Es lohnt sich also, die kontroverse Diskussion über TTIP in Deutschland mit Leidenschaft zu führen. Die Bedenken, die es vor allem zu den Themen Transparenz, Verbraucherschutz und Schiedsgerichte gibt, müssen ernst genommen werden. Wenn es weiteren Klärungsbedarf gibt, wie es vor allem bei den Schiedsgerichten der Fall ist, müssen Juristen und Politiker Antworten liefern. TTIP jedenfalls darf daran nicht scheitern.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung zuerst in der Süddeutschen Zeitung erschienen.

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