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Grundsteuerreform – ein fauler Kompromiss?

Nach 10 Jahren Streit haben sich die Länder bei der Reform der Grundsteuer angenähert. Doch der ganz große Durchbruch bleibt wohl aus.

Die gegenwärtige Grundsteuer B ist höchstwahrscheinlich verfassungswidrig. Es besteht Handlungsbedarf. Die Finanzministerien der Länder haben in einer Arbeitsgruppe bislang drei verschiedene Reformvorschläge diskutiert – offenbar weniger orientiert an der Sachdienlichkeit der jeweiligen Konzepte, sondern v.a. an der eigenen Position im Länderfinanzausgleich. Ende Juni 2015 haben sich die Länder (mit Ausnahme Bayerns) im Grundsatz auf eine vierte Variante verständigt. Sie könnte im kommenden Jahr Gesetz werden. Dabei soll zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken unterschieden werden. Grundsätzlich möchte man sich an Verkehrswerten orientieren. Für bestimmte Aufbauten soll es schematische Wertbemessungen geben – auch automatisiert auf Grundlage vorliegender Daten. Hinsichtlich der Messzahl wird eine Länderöffnungsklausel angestrebt, da ansonsten die Grundsteuer in den Stadtstaaten in die Höhe schießen könnte. Grundsätzlich soll die Reform unterm Strich nämlich aufkommensneutral sein. Wie bei den zuvor behandelten drei Vorschlägen ist die Arbeitsgruppe bei ihrem Kompromiss also nicht von einer verbundenen Bemessungsgrundlage (Grund und Boden plus aufstehendes Gebäude als Bemessungsgrundlage) abgerückt. Damit dürften wesentliche Probleme, die u.a. an der Gebäudebewertung hängen (z.B. Verursacher von Wohnwertdifferenzen wie Dachschrägen, gefangene Räume, versetzte Geschosse), ebenfalls nicht ausgeräumt sein.

Zwei Gegenvorschläge, die nur beim Boden, aber nicht beim aufstehenden Gebäude als Bemessungsgrundlage ansetzen wollen, wurden in der zuständigen länderoffenen Arbeitsgruppe leider erst gar nicht ernsthaft verhandelt. Dabei handelt es sich zum einen um die Bodenwertsteuer, zum anderen um eine Kombination aus einer Bodenwert- und einer Bodenflächensteuer. Beide Modelle werden von der Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ propagiert. Die Initiative erhält teilt namhafte Unterstützung von Verbänden wie dem NABU, dem BUND, dem IW Köln, dem Deutschen Mieterbund u.a.m., Bürgermeistern und Personen aus der Zivilgesellschaft. Die bodenbezogenen Modelle haben nämlich augenscheinlich eine Reihe von Vorteilen: Zunächst wird ein Druck zur effizienten Flächennutzung hergestellt und eine Mobilisierung des Grundstücksbestandes bewirkt. Aufwertungen der Gebäude (durch Aufstockungen in Ballungsgebieten oder die gesellschaftlich erwünschte energetische Sanierung) werden nicht durch eine höhere Besteuerung konterkariert. Zudem handelt es sich (eine einigermaßen stringente Planung vorausgesetzt) insbesondere bei der reinen Bodenwertsteuer um eine Abgabe, die ohne Zusatzlasten erhoben werden kann – die also im Gegensatz zu anderen Steuern allokativ neutral ist. Auch ist die Abgabe einfach zu erheben: Die Bodenrichtwerte liegen ohnehin bei den Gutachterausschüssen schon vor, lediglich der Steuersatz wäre auf diese zu legen.

Aus sozialer Sicht ist – zumindest bei stringenter Landnutzungsplanung oder in angespannten Wohnungsmärkten – die Überwälzung der Abgabe auf die Mieter schwerer möglich als bei verbundenen Bemessungsgrundlagen. Natürlich käme es bei einer Umstellung zu Belastungsverschiebungen. Jahrzehntelang wurde z.B. das alleinstehende Haus mit Garten als Ideal auch von der Politik hochgehalten – dessen vergleichsweise hohe Belastung durch eine bodenorientierte Steuer wäre insoweit tatsächlich eine Kehrtwende um 180 Grad. Diese könnte aber mittels Übergangsregelungen abgefedert werden, so dass die Fehler der Vergangenheit vernünftigen Lösungen für die Zukunft nicht im Wege stehen sollten.

Die wichtigste Voraussetzung für eine zielführende Grundsteuerreform wäre, dass diese mit einer Reform des Länderfinanzausgleichs verknüpft wird. In diesem Kontext wäre ebenfalls zu fragen, ob hinsichtlich der Grundsteuer überhaupt ein bundeseinheitliches Regelungsbedürfnis besteht oder die Grundsteuer nicht vielmehr (wie dies die Auffassung Bayerns ist) in die Hoheit der Bundesländer überführt werden sollte – im Sinne eines Mehr an Wettbewerbsföderalismus. Es bleibt zu hoffen, dass der jüngst gefundene Kompromiss nicht das letzte Wort gewesen ist.

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