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Zusatzbeitrag Krankenversicherung: Irreführende Debatte

Die Forderung nach einer paritätischen Beitragsfinanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung führt in die Irre. Denn die Verteilung der Beitragslasten löst das Problem steigender Ausgaben nicht. Außerdem müssen die Arbeitnehmer am Ende ohnehin die zusätzlichen Finanzierungserfordernisse schultern.

Angesichts höherer Zusatzbeiträge, die die Mitglieder der meisten Krankenkassen seit Januar zahlen müssen, fordern Politiker verschiedener Parteien die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bei genauerem Hinschauen kommen aber Zweifel auf, ob damit die Probleme in der GKV zu lösen sind.

Zunächst ändert die Frage der Verteilung zusätzlicher Finanzierungslasten nichts an der Tatsache, dass die Ausgaben der GKV Jahr für Jahr überproportional stark steigen. Die Experten rechnen allein in diesem Jahr mit einem Plus von über 5 Prozent.

Die Debatte streut aber noch aus einem anderen Grund Sand in die Augen derer, die an eine ungerechte Lastverteilung glauben sollen. Denn bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Aufteilung des lohnbezogenen Beitrags in einen Arbeitgeber- und einen Arbeitnehmeranteil als Illusion. Ein Unternehmer zahlt den Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung nicht etwa „aus der eigenen Tasche“. Vielmehr rechnet sich die Beschäftigung eines Mitarbeiters, sobald der mit seiner Arbeitsleistung auch die Lohnnebenkosten erwirtschaftet. Wer dann am Monatsende zu welchem Anteil den Beitrag an die Krankenkasse überweist, ist eine buchhalterische Frage, aber keine ökonomische.

Steigende Finanzierungserfordernisse in der GKV führen deshalb in beiden Fällen zu dem gleichen Problem:

– Ist der Beitragssatz des Arbeitgebers wie im Status quo festgeschrieben, dann mindert ein höherer Zusatzbeitrag des Arbeitnehmers zunächst ausschließlich dessen Nettoentgelt. In der nächsten Lohnrunde gilt es dann zu verhandeln, ob diese Preissteigerung im Rahmen einer Gehaltsanpassung ausgeglichen werden kann. Dies rechnet sich für den Unternehmer aber nur dann, wenn er die zusätzlichen Lohnkosten auch am Markt erwirtschaften kann – ansonsten bleibt der Versicherte auf den höheren Beitragslasten sitzen.

– Bei der paritätischen Finanzierung sinkt das Nettoentgelt des Arbeitnehmers ebenfalls, weil ein höherer Arbeitnehmerbeitrag vom Brutto einbehalten wird. Die Minderung fällt aber nur halb so hoch aus, weil ja auch der Arbeitgeberbeitrag steigt. Kann das Unternehmen wie im ersten Beispiel die zusätzlichen Lohnkosten nicht an anderer Stelle kompensieren, bleibt nur die Möglichkeit, das Bruttogehalt künftig weniger stark anzupassen, damit sich die Beschäftigung des Mitarbeiters auch weiterhin rechnet. Unterm Strich muss also auch hier der Arbeitnehmer die steigenden Kosten der Gesundheitsversorgung schultern.

Deshalb lautet die Kernfrage: Wie können Ausgabensteigerungen gebremst oder gar vermieden werden. Eine Möglichkeit besteht darin, die Kassen stärker in die Pflicht zu nehmen, die Versorgung günstiger zu organisieren. Dies kann über einen Wettbewerb geschehen, bei dem Preise die zentrale Rolle einnehmen. So sollen die Unterschiede in den Zusatzbeiträgen signalisieren, ob sich ein Versicherungswechsel lohnt oder nicht. Eine paritätische Finanzierung würde aber genau diesen Unterschied verwässern. Entscheidet sich ein Arbeitnehmer trotzdem zu einem Kassenwechsel, dann sollten die finanziellen Vorteile auch ihm zustehen. Bei einer paritätischen Teilung der Beitragslasten würde der Arbeitgeber aber mit verdienen. Warum eigentlich?

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