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Ehegattensplitting – schlechter Name, gutes Konzept

Man muss kein Prophet sein: Der nächste Bundestagswahlkampf wird auch ein Kampf um das Ehegattensplitting. „Easy target“, denn „Ehegattensplitting“ klingt natürlich in der Tat schrecklich antiquiert. Das immer wieder diskutierte „Familiensplitting“ kommt allein schon begrifflich viel frischer und moderner daher. Doch das derzeitige Splittingsystem ist äußerst solide und konsistent konzipiert. Zudem können seit 2013 auch eingetragene Lebenspartnerschaften das Splittingverfahren nutzen – ein richtiger und wichtiger Modernisierungsschritt, der allzu oft übersehen wird.

Ehe- und Lebenspartner bilden eine gemeinsame „Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft“ (Bundesverfassungsgericht) und übernehmen wechselseitige Unterhaltspflichten auch über den Trennungsfall hinaus (BGB und Lebenspartnerschaftsgesetz). Das unterscheidet sie von unverheirateten Paaren. Es ist also keine Diskriminierung, sondern legitim, wenn sich Ehe- und Lebenspartner zusammen, Unverheiratete hingegen nur einzeln steuerlich veranlagen können – der Weg zum Standesamt ist ja offen. Gleiches wird gleich, Ungleiches ungleich behandelt, wie Juristen so gern formulieren.

Die derzeitige Zusammenveranlagung verhindert Diskriminierung an ganz anderer Stelle. Denn diese Zusammenveranlagung stellt sicher, dass Ehe- oder Lebenspartner mit identischem Gesamteinkommen unabhängig von der Höhe der Einzeleinkommen stets gleich viel Lohnsteuer zahlen müssen. Paare mit einem Jahresgesamteinkommen von zum Beispiel 60.000 Euro zahlen dank der derzeitigen Zusammenveranlagung stets 10.936 Euro (Tarif 2016); egal ob beide Partner jeweils 30.000 Euro verdienen oder ob die Einzeleinkommen 10.000 und 50.000 Euro betragen.
Im Übrigen sollte dieser vermeintliche „Steuervorteil“ in seiner Anreizwirkung auch nicht überschätzt werden. 1991 gab es in Deutschland noch 19,5 Millionen Ehepaare gegenüber nur 10,1 Millionen Haushalten mit Ledigen oder getrennt beziehungsweise geschieden lebenden Personen. Im Jahr 2014? Nur noch 17,2 Millionen Ehepaare, aber bereits 18,1 Millionen Haushalte mit Ledigen oder getrennt beziehungsweise geschieden lebenden Personen.

Gern wird das bestehende Splitting auch deshalb kritisiert, weil es Mütter vom Berufsleben tendenziell abhalte. Zunächst einmal ist die Erwerbsquote von Frauen hierzulande mit rund 73 Prozent deutlich höher als im EU-Durchschnitt (63,5 Prozent). Vor allem aber verkennt diese Kritik völlig, dass eine Arbeitsteilung auch in einer Ehe üblicherweise individuell gewünscht und ökonomisch sinnvoll ist. Das Splittingverfahren wirkt hier vernünftigerweise entscheidungsneutral. Steigt beispielsweise das Jahresgesamteinkommen eines Paares von 60.000 Euro um 15.000 Euro, zahlt es rund 5.000 Euro mehr Lohnsteuer. Dabei spielt es eben keine Rolle, woher diese 15.000 Euro kommen, ob von einer Mutter, die wieder arbeiten geht, ob durch eine spürbare Gehaltserhöhung des Hauptverdieners oder durch einen Mix davon. Wer nicht will, dass steigende Einkommen zu steigenden Grenzsteuersätzen und damit zu sinkenden Arbeitsanreizen führen, müsste konsequenterweise eine Flattax fordern.

Schließlich wird bemängelt, dass das bestehende Splitting kinderunfreundlich sei. Doch für das Kinderthema ist das Splitting gar nicht zuständig. Die steuerliche Berücksichtigung von Kindern erfolgt in intelligenter Weise über den Kinderfreibetrag (bzw. das Kindergeld) und den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Wenn also „Kinder zusätzlich gefördert“ werden sollen, kann der Gesetzgeber dies tun; etwas durch eine schrittweise Erhöhung des Kinderfreibetrags in Richtung des einkommensteuerrechtlichen Grundfreibetrags, analoge Kindergelderhöhungen und regelmäßige Anpassungen des Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Das wäre allemal besser, als ein intaktes System fragwürdigen Alternativmodellen zu opfern. Deren Umsetzungsschwierigkeiten können unter dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/130/1713044.pdf besichtigt werden.

Das aktuelle Argumentationspapier des Deutschen Steuerzahlerinstituts zu dem Thema finden Sie hier.

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