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Mangelhafte Erlaubnis

Die Ministererlaubnis Sigmar Gabriels zur Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka wurde vom Gericht gekippt. Der Stopp ist richtig, schreibt der Bundestagsabgeordnete Matthias Heider.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Erlaubnis des Bundeswirtschaftsministers zur Übernahme von Kaiser`s Tengelmann durch EDEKA am 12. Juli 2016 vorläufig außer Kraft gesetzt.

Die Entscheidung des Gerichts bringt Klarheit in den Dschungel der Ministererlaubnis. Die Ministererlaubnis im Verfahren Edeka/Kaiser`s Tengelmann ist rechtswidrig. Außerdem wird durch den Fall immer deutlicher, dass das Ministererlaubnisverfahren reformbedürftig ist.

Das Gericht hat seine Entscheidung unter anderem auf den Vorwurf der Besorgnis der Befangenheit gestützt. Der Bundeswirtschaftsminister wiederum behauptet, dass es keine „Sechs-Augen-Gespräche“ zwischen ihm und den Edeka- und Tengelmann Chefs gegeben habe. Wie dem auch sei: Den Vorwurf, die Ergebnisse von Gesprächen nicht aktenkundig gemacht zu haben, konnte Sigmar Gabriel bisher nicht glaubwürdig entkräften.

Noch interessanter als die Verfahrensfehler sind die inhaltlichen Fehler der Erlaubnis, auf die sich das OLG Düsseldorf bezieht. Das Gericht bemängelt, dass der Minister sich unausgewogen zugunsten der Beschäftigten von Kaiser`s Tengelmann positioniert habe, weil er die mögliche Streichung von Arbeitsplätzen bei Edeka nicht in seine Erwägungen einbezogen habe. Auf den Aspekt, dass Edeka Arbeitsplätze von eigenen Beschäftigten im Zuge der Übernahme von Kaiser`s Tengelmann streichen könnte, hatte bereits die Monopolkommission in ihrem Sondergutachten hingewiesen. Der Minister war also gewarnt worden.

Ein weiterer Fehler der Ministererlaubnis ist nach Auffassung des OLG Düsseldorfs, die Annahme, dass der Erhalt von kollektiven Arbeitnehmerrechten einen Gemeinwohlgrund darstellt. Wie das Gericht ausführt, seien von der im Grundgesetz vorgesehenen Koalitionsfreiheit gleichrangig die Rechte umfasst, sich einer Gewerkschaft anzuschließen sowie sich einer Gewerkschaft nicht anzuschließen. Daher verstoße die Annahme des Bundeswirtschaftsministers, dass der Erhalt von kollektiven Arbeitnehmerrechten ein Gemeinwohlgrund sei, gegen das Grundgesetz.

Der (vorläufige) Stopp der Ministererlaubnis ist richtig und das nicht nur aus rechtlichen Gründen. Die Übernahme von Kaiser`s Tengelmann durch Edeka hätte nach Auffassung des Bundeskartellamts zu erheblichen Wettbewerbsbeschränkungen auf den Märkten in Berlin, München sowie NRW geführt. Die Verbraucher und die Lieferanten wären aufgrund höherer Preise und schlechterer Lieferbedingungen die Leidtragenden gewesen. Auf der anderen Seite kann man festhalten, dass das Risiko für die Edeka- oder Kaiser`s Tengelmann-Mitarbeiter, keinen neuen Arbeitsplatz zu finden, derzeit gering ist. Denn der Stand der Arbeitslosigkeit in Deutschland ist so niedrig wie seit 25 Jahren nicht mehr. Insgesamt wäre es für den Wettbewerb und die Arbeitnehmer wohl am besten gewesen, die Kaiser´s Tengelmann-Filialen auf verschiedene Interessenten zu verteilen. Diese Möglichkeit steht Kaiser`s Tengelmann immer noch offen.

Auch politisch lässt sich aus dem Fall Edeka/Kaiser`s Tengelmann einiges ableiten. Die Bestimmung von Gemeinwohlgründen ist schwierig. Das Gesetz spricht im Ministererlaubnisverfahren nur von „gesamtwirtschaftlichen Vorteilen oder einem überragenden Interesse der Allgemeinheit.“ Doch bei einer ausdrücklichen Regelung von Gemeinwohlgründen im Gesetz besteht die Gefahr, dass man einen Gemeinwohlgrund, der erst in der Zukunft entsteht, vergisst.

Eine bessere Möglichkeit, den Beurteilungsspielraum des Bundeswirtschaftsministers bei den Gemeinwohlgründen zu begrenzen, könnte eine engere Bindung der Entscheidung des Ministers an den Rat von Experten –wie den der Monopolkommission- sein. Das hätte den Vorteil, dass nicht ausschließlich parteipolitische Gründe die Beurteilung des Gemeinwohls bestimmen. Diese Überlegungen werden wir bei der in diesem Jahr anstehenden Reform des Kartellrechts diskutieren.

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