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State of the Union: Was ein Titelbild in US-Zeitungen über den Zustand des Landes sagt

Wie wird der 45. Präsident der USA sein Land regieren? Die Vermutungen variieren in der Regel in Abhängigkeit von der jeweiligen politischen Haltung. Das zeigt auch die Auswahl der Fotos eines Ereignisses: der ersten Begegnung von aktuellem und zukünftigem Präsidenten im Weißen Haus.

Zeitungstisch eines Hotels im texanischen Dallas
Zeitungstisch eines Hotels im texanischen Dallas

Was viele beunruhigt hat, doch letztendlich nur von wenigen ernsthaft für möglich gehalten wurde, ist eingetreten. Donald Trump ist President-elect der USA, und wenn nicht der höchst unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass er in den nächsten Wochen Opfer eines Attentats oder Herzinfarkts wird, dann wird er bald der 45. Präsident dieses Landes sein. Während sichtlich schockierte Clinton-Anhänger auf der Suche nach einer Erklärung für das Unfassbare noch die Wahlergebnisse sezieren, beglücken uns selbsternannte Experten und professionelle Kaffeesatzleser mit ihren Analysen zum künftigen Kurs in der Wirtschafts- oder Außenpolitik, und auch Personalfragen werden heiß diskutiert.

Die gute Nachricht bei alledem ist: Die Welt ist nicht untergegangen, die Sonne geht immer noch jeden Morgen auf. Die schlechte Nachricht ist: Für viele Menschen ist dies zur Zeit keine metaphorische Aussage, sondern lediglich eine empirische. Auf eine ganz eigene, unmittelbare Art und Weise versinnbildlicht der Blick auf den Zeitungstisch eines Hotels im texanischen Dallas diese Situation.

Alle vier hier ausliegenden Blätter zeigen auf dem Titel ein Foto vom Gespräch des Noch-Präsidenten Barack Obama mit dem Bald-Präsidenten Donald Trump im Weißen Haus. Die Financial Times und das Wall Street Journal haben Bilder ausgewählt, auf denen die beiden nicht besonders glücklich aussehen. Der Blick der Zeitungen in die Zukunft scheint also eher skeptisch zu sein. Im lauwarmen Texas – je nach Betrachtungsweise einer Insel der Seligen oder Unseligen – ist das offenbar anders. Von der Titelseite der Dallas Morning News jedenfalls lachen uns Obama und Trump fröhlich entgegen.

Die Auswahl des jeweiligen Bildes von ein- und demselben Ereignis illustriert unterschiedliche Einschätzungen, Bewertungen und politische Haltungen. Dass die Wahl Donald Trumps erst zum Kandidaten der Republikanischen Partei und dann zum Präsidenten der Vereinigten Staaten jedoch für mehr steht als für parteipolitische Differenzen, zeigt die Titelseite von USA Today. Hier steht das offenbar unvermeidliche Foto des Gesprächs von Obama und Trump unter dem Knick. Der Blickfang ist das Bild eines Graffitos, welches den Slogan Trumps „Make America great again“ variiert. Um ein zentral plaziertes Hakenkreuz herum ist da zu lesen: „Make America white again“.

Mehr als alle anderen Fragen, die die Gemüter gerade bewegen und die zweifellos einen großen Einfluss auf das Leben vieler Menschen haben werden – ob die USA aus der NAFTA ausscheiden, ob Trump eine Art Posterpräsident wird und Mike Pence im Hintergrund die Fäden zieht, wie sich das Verhältnis zur NATO und zu Europa entwickelt – wird es der Umgang mit der Forderung „Make America great again“ sein, nach der die Geschichtsbücher der Zukunft den 45. Präsidenten der USA dereinst beurteilen werden.

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