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„Der Paketbote kam, wann er kam“ oder: Wie die Liberalisierung den Postmarkt verändert hat

Bis Ende 1997 hatte die Deutsche Post ein gesetzlich verankertes Post- und Briefmonopol. Und weil die Post keine Konkurrenz hatte, waren die Öffnungszeiten begrenzt und der Service überschaubar. Was sich seitdem alles geändert hat? Eine kurze Geschichte des Wandels.

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Bis Ende 1997 hatte die Deutsche Post ein gesetzlich verankertes Post- und Briefmonopol. Jeder, der einen Brief oder ein Paket verschicken wollte, musste dies über die Deutsche Bundespost tun; andere Anbieter gab es nicht. Damals war die örtliche Post eine graue Amtsstube, hatte oft nur vormittags geöffnet, und um eine Briefmarke zu kaufen, musste man am Postschalter Schlange stehen.

Noch schlimmer war es mit den Paketen: Sendungsverfolgung, Packstation? Vor 20 Jahren waren das noch Fremdworte. Der Paketbote kam, wann er kam. Und wenn er kam, so hatte man zumindest das Gefühl, klingelte er oft erst gar nicht, sondern warf nur den Abholschein in den Briefkasten. Daraufhin war dann der Gang – oder vielmehr die Fahrt – zum Paketpostamt fällig, dessen Öffnungszeiten auch nicht unbedingt an den Bedürfnissen von Vollzeiterwerbstätigen ausgerichtet waren.


Wenn von Liberalisierung die Rede ist, hagelt es in der öffentlichen Diskussion häufig Kritik. Am Beispiel der fünf Branchen Post, Telekommunikation, Luftverkehr, Fernbuslinienverkehr und Strom zeigen wir in einer Serie, dass die Öffnung dieser Märkte den Verbrauchern fast ausnahmslos große Vorteile gebracht hat. Die Serie basiert auf der Studie „Erfolge der Liberalisierung“ des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomik (DICE).


Kurz und gut, der Postmarkt trug die typischen Züge eines Monopolmarkts: Die Verbraucher hatten keinerlei Wahlmöglichkeiten, es gab weder eine Bewegung im Markt (weil es keinen Markt im eigentlichen Sinn gab) noch Innovationen, Service war reine Glückssache, und die Preisstrukturen waren rigide.

Beginn der Liberalisierung

Ab 1998 wurde der Postmarkt zunehmend liberalisiert. Zunächst wurde der Markt für Päckchen und Pakete geöffnet – wobei „geöffnet“ vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen ist. Denn bis 2007 kamen alternative Anbieter nur zum Zuge, wenn sie „höherwertige Dienstleistungen“ anbieten konnten, zum Beispiel die Zustellung noch am selben Tag oder die Paketabholung beim Absender. Da solche Extraleistungen mit hohen Kosten verbunden waren, hatten es private Anbieter entsprechend schwer, am Markt Fuß zu fassen. Mit der Liberalisierung des Postmarkts im Jahr 2008 entfielen zwar diese Auflagen, und auch das Briefmonopol gehört seitdem der Vergangenheit an. Von einem wirklich freien Markt kann allerdings auch heute noch nicht die Rede sein, zumindest nicht überall.

Der Briefmarkt ist zwar formell liberalisiert, de facto aber bevorzugen zahlreiche legale Wettbewerbshemmnisse und unfaire Wettbewerbsbedingungen die – im Jahr 1995 durch die Privatisierung der früheren Bundesbehörde „Deutsche Bundespost“ entstandene – Deutsche Post AG (DPAG). Dass die DPAG noch immer eine marktbeherrschende Stellung innehat, liegt unter anderem daran, dass neue Wettbewerber bei ihrem Markteintritt zunächst ein Postnetz aufbauen und unterhalten müssen. Das Aufstellen von Briefkästen und die Einrichtung von Postfilialen sind aber so teuer, dass die Preise der neuen Anbieter nicht mit denen der DPAG konkurrieren können.

Eine weitere Wettbewerbsverzerrung resultiert aus der unterschiedlichen Handhabung der Umsatzsteuerbefreiung für bestimmte Postdienstleistungen. Denn die Rechtsvorschrift für dieses Steuerprivileg ist so ausgelegt, dass praktisch nur die DPAG davon profitiert und einen Kostenvorteil von 19 Prozent hat.

Fehlentwicklung

Wie leicht man – trotz Liberalisierung – unliebsame Wettbewerber ausbooten kann, zeigte sich im Herbst 2007. Damals beschlossen die Postgewerkschaft ver.di und der Arbeitgeberverband Postdienste einen Tarifvertrag über einen Mindestlohn von 9,80 Euro in Westdeutschland und 8 Euro in Ostdeutschland. Solche Stundenlöhne konnten private Anbieter schlicht nicht bezahlen – und versuchten deshalb erst gar nicht, auf dem Briefmarkt tätig zu werden.

Übrigens: Die Monopolkommission – zuständig für die Wettbewerbspolitik, das Wettbewerbsrecht und die Regulierung – hat auf diese Fehlentwicklungen schon 2007 hingewiesen. Die stagnierende Wettbewerbsentwicklung bei Briefdienstleistungen sei die Folge zahlreicher institutioneller und regulatorischer Hindernisse und Wettbewerbsbeschränkungen, hieß es damals. Genutzt hat es nichts; noch heute hat die DPAG auf dem Briefmarkt einen Marktanteil von rund 90 Prozent.

Der Paketmarkt dagegen hat das Prädikat „liberalisiert“ mit Fug und Recht verdient. Neben dem Post-Ableger DHL können die Verbraucher zwischen zahlreichen privaten Anbietern wählen, beispielsweise Hermes, DPD, GLS und UPS.

Die Vorteile der Liberalisierung für die Verbraucher

Ein Vergleich des – nur formell geöffneten – Briefmarktes mit dem – tatsächlich geöffneten – Paketmarkt zeigt, was die Verbraucher von der Liberalisierung haben. Nämlich vor allem eines: niedrigere Preise.

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Während die Preise für einen Standardbrief bei der Deutschen Post AG allein zwischen 2011 und 2015 um 27 Prozent gestiegen sind, haben sich die Preise für ein Päckchen bei den privaten Anbietern kaum oder nur moderat erhöht.

Mehr Anbieter – sprich Wettbewerb – führt nicht nur zu attraktiven Preisen, sondern bietet den Verbrauchern eine ganze Reihe zusätzlicher Vorteile. Dazu zählen auf dem Paketmarkt ein dichtes Netz von Annahmestellen, schnelle Erreichbarkeit und kurze Wege sowie oftmals flexible Öffnungszeiten und individueller Service. So werden Pakete heute auf Wunsch beim Absender abgeholt, und es besteht die Möglichkeit, Zustelltermine und -zeiten zu vereinbaren.

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