Steuern und Finanzen

Abgeltungssteuer: Die Steuerfalle des Finanzministers

Vom Vertrauensschutz hält der Finanzminister nicht viel, wenn er dadurch vom Steuerzahler mehr Geld bekommen kann. Noch vor der Sommerpause im vergangenen Jahr hatte der Bundesrat einem Gesetzentwurf zugestimmt, der zuvor abgeltungssteuerfreie Altbestände (Aktien, Fonds etc.) durch einen Trick der Abgeltungssteuer unterzieht.

Der Trick geht folgendermaßen: Alle Fondsanteile gelten als am 31. Dezember 2017 fiktiv veräußert und am 1. Januar 2018 fiktiv wieder angeschafft. Dadurch wird die Steuerfreiheit von Altbeständen nachträglich abgeschafft. Es wird zwar einen Freibetrag von 100.000 Euro geben, der aber nur auf den ersten Blick üppig wirkt. Wer eine einfache Beispielrechnung anstellt, wird schnell feststellen, dass dieser Betrag bei einer entsprechenden Anlagedauer selbst bei relativ moderaten Anlagebeträgen relativ schnell ausgeschöpft sein wird.

Nehmen wir an, ein Bürger hat 50.000 Euro in Aktien oder Aktienfonds angelegt. Er hält diese Anteile 30 Jahre lang, und die jährliche Rendite beträgt sechs Prozent. Dann würde sich ein Gewinn von 237.000 Euro ergeben, von denen nach Abzug des Freibetrags noch immer über 137.000 Euro zu versteuern wären. Aufgrund der Inflation wäre der reale Gewinn aber geringer als der nominale.

Ein zweites Beispiel: Eine Bürgerin hat 120.000 Euro in Aktien oder Aktienfonds angelegt. Sie hält die Anteile 15 Jahre lang bis zu ihrem Ruhestand. Es soll eine jährliche Rendite von fünf Prozent angenommen werden, da eher risikoarm investiert wurde. Auch in diesem Fall wären noch fast 30.000 Euro zu versteuern. Es ist offensichtlich, dass die Änderung vor allem jüngere Anleger belastet, die noch von dem Zinseszinseffekt profitieren würden.

Der Super-GAU für Altanleger entsteht, wenn die Kurse vor dem fiktiven Verkaufsdatum nochmals massiv einbrechen sollten, da danach aufgeholte Verluste dann als fiktive Gewinne zu versteuern wären.

Der Gesetzgeber argumentiert, damit die missbräuchliche Nutzung der Regelung durch Großanleger zu unterbinden – und schadet damit im Gegenzug den Kleinanlegern.

Auch Dividenden, Mieterträge und Verkaufsgewinne aus Deutschland, die deutsche Fonds bislang steuerfrei verbuchen konnten, werden zukünftig mit knapp 16 Prozent versteuert. Im Gegenzug wird die Abgeltungssteuer teilweise gemindert, bedingt durch Abhängigkeit von der Anlageklasse, Aktienquoten etc. Unter dem Strich zahlt der Anleger sehr wahrscheinlich drauf – und einfacher werden die Steuerregeln auch nicht. Die Folge: Die Aufwände für Anleger, Fonds und depotführende Banken steigen und damit auch die Kosten.

Das Investitionsklima für Anleger und Vorsorgesparer wird erneut rauer – eine sinnvolle Altersvorsorge schwieriger. Auch im Vergleich zu anderen: In vielen Ländern werden Kapitalanlagen, die bekanntlich aus bereits versteuertem Einkommen getätigt werden, nach wie vor nicht besteuert. In den meisten Ländern, in denen Kapitalanlagen ähnlich belastet werden wie in Deutschland sind die Steuersätze entweder weitaus moderater, oder es gibt immense Freibeträge für das langfristige Investieren und die Altersvorsorge. Nur in Deutschland scheint eine kleinanlegerfreundliche Regelung nicht möglich.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter, abonnieren Sie unseren RSS-Feed oder unseren Newsletter.