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Der Bayer-Monsanto-Deal: Draghi hilft dreimal, Schäuble einmal bei der Umverteilung

Seit Mitte der 1980er Jahre haben die großen Zentralbanken fremdfinanzierten Übernahmen (Leveraged Buy Outs) einen immensen Aufschwung beschert, indem sie immer mehr die Zinsen drücken. Sie tragen damit zu wachsender Einkommensungleichheit bei.

Das Prinzip ist einfach: Der potentielle Investor (z.B. Bayer) sucht sich ein Zielunternehmen (z.B. Monsanto). Der Kaufpreis kann über Eigen- oder Fremdkapital aufgebracht werden. Der Investor erzielt eine hohe Eigenkapitalrentabilität, wenn der Anteil des Fremdkapitals hoch und die laufenden Gewinne des übernommenen Unternehmens höher als die Fremdkapitalzinsen sind. Je mehr die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank von Japan die Zinsen gedrückt haben, desto größer wurden die Volumen der fremdfinanzierten Übernahmen (siehe Abbildung). Der Bayer-Monsanto ist einer der bisher größten Deals, den die EZB (als erste Hilfestellung) mit billigem Geld begünstigt hat.

Der Kaufpreis von Monsanto war 66 Milliarden Dollar. Bayer hat 4 Milliarden mit einer Anleihe eingesammelt, die später in Aktien getauscht wird (Pflichtwandelanleihe). 56,9 Milliarden Dollar wurden in Form von Fremdkapital aufgebracht. Insbesondere europäische Banken dürften sich um die Kredite gerissen haben, weil die Europäische Zentralbank mit ihrer ultra-lockeren Geldpolitik als zweite Hilfestellung die Investitionstätigkeit und damit das traditionelle Kreditgeschäft der Banken schwächt (Schnabl 2017).

Der Deal war teuer! Während andere Agrochemiefirmen an der Börse mit dem 24fachen Gewinn bewertet werden, hat Bayer für Monsanto fast das Doppelte bezahlt. Es ist damit zweifelhaft, ob die Gewinne von Monsanto die Finanzierungskosten einbringen. Dies legt nahe, dass noch andere an den Kosten beteiligt werden. Das dürften die Aktionäre, die Mitarbeiter, die Zulieferer, die Kunden, der Finanzminister Schäuble und wieder Mario Draghi sein.

Da Bayer einen Teil seiner Schulden durch die Ausgabe neuer Aktien tilgen will, wird der Aktienkurs fallen. Die zukünftigen Gewinne werden über mehr Aktionäre verteilt. Auch die Arbeitnehmer werden wohl leiden. Zwar hat Bayer bis 2020 Kündigungen ausgeschlossen. Doch dürften die Löhne spätestens unter Druck geraten, wenn die Zinsen steigen. Dann wird Bayer den Kostendruck auch auf die Zulieferer überwälzen. Das wird für den Riesen noch leichter, weil die Preissetzungsmacht für Vorprodukte weiter gestiegen ist. Auch die Konsumenten werden aus diesem Grund höhere Preise bezahlen, z.B. für Saatgut.

Der Finanzminister hilft, da die Kreditzinsen steuerlich abzugsfähig sind. Die Verschuldung von Bayer, die im Jahr 2015 noch bei 17 Milliarden Euro lag, wird um mindestens 55 Milliarden Euro steigen. Das verspricht satte Steuerersparnisse. Mario Draghi greift dem Chemie-Giganten zum dritten Mal unter die Arme, weil er im Rahmen seiner unkonventionellen Geldpolitik die niedrig verzinsten Unternehmensanleihen von Bayer kauft.

Und wer gewinnt? Goldman Sachs, Merrill Lynch, Credit Suisse, Bank of America, HSBC und JP Morgan haben das Kreditpaket für Bayer aufgelegt und in Tranchen an Banken verkauft. Die Provision wird auf 55 bis 60 Millionen Dollar geschätzt. JP Morgan soll für Beratung 120 Millionen Dollar erhalten haben. Es versteht sich von selbst, dass Investmentbanken und Hedgefonds von früheren Notenbankpräsidenten wie Alan Greenspan und Ben Bernanke beraten werden. Mario Draghi war übrigens früher bei Goldman Sachs tätig. Auch das leitende Management von Bayer, das den Deal eingefädelt hat, dürfte – wie meist bei solchen Übernahmen – fürstlich belohnt werden.

Im Ergebnis steigen die ohnehin schon himmlischen Einkommen von Investmentbankern und leitenden Managern weiter, während die Löhne der einfachen Mitarbeiter bei Bayer und seinen Zulieferern früher oder später unter Druck geraten. Es findet ein Wertetransfer von Arbeitnehmern und Zulieferern hinzu den Investmentbanken statt. Die fremdfinanzierte Übernahme von Monsanto durch Bayer ist damit ein weiteres Paradebeispiel für die negativen Verteilungseffekte der ultra-lockeren Geldpolitik.

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