Steuern und FinanzenTagged , , ,

Robotersteuer – eine gute Idee?

Roboter und künstliche Intelligenz treiben den Wandel in der Arbeitswelt voran. Viele Aufgaben werden in Zukunft nicht mehr von Menschen, sondern von Robotern oder künstlicher Intelligenz erledigt. Gerd Maas geht der Frage nach, ob es deshalb eine Robotersteuer braucht.
Gerd Maas

Autor

Gerd Maas

ist Unternehmer im oberbayerischen Landkreis Rosenheim, Publizist, Leiter Wirtschaftsethik-Kommission der Familienunternehmer e.V. und bloggt regelmäßig unter Maashaltig.

Die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung treibt uns scheinbar mehr und mehr in Richtung des Schumpeterschen Ideals, dass sich Kapitalismus und Marktwirtschaft irgendwann selbst obsolet machen, weil autonome Produktionen die Unternehmerfunktion ersetzen. Bei derzeit in Deutschland 70 Prozent der Wertschöpfung im Dienstleistungsbereich mit unverändert wachsender Tendenz könnte man allerdings meinen, dass die technologische Entwicklung eher einen Wandel des Arbeitsmarktes vom produzierenden zum dienstleistenden Gewerbe vorantreibt. Auch die Jahr für Jahr neuen Rekorde der sozialversicherungspflichtigen Jobs und Rekordbeschäftigung zeugen davon.

Tatsächlich bin ich der Meinung, dass wir von Schumpeters quasi natürlichem Übergang des Kapitalismus in einen demokratischen Sozialismus weit entfernt sind (sofern er nicht sowieso die Unternehmer- und Kreativitäts-Gene der Menschen unterschätzt hat). Gerade mit Forschungen und Entwicklungen zum Beispiel im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) sind aber einige Game Changer im Spiel, die das Blatt gegebenenfalls rapide wenden können. Dazu kurz zwei Beispiele, die ahnen lassen, wie unsere Welt ziemlich schnell anders aussehen könnte.

Watson statt Mitarbeiter

Sogar in deutschen Medien wurde Anfang des Jahres berichtet, dass ein japanisches Versicherungsunternehmen in der Zahlungsabteilung ein Drittel der Mitarbeiter durch das KI-System Watson von IBM ersetzt hat. Die Elektronik übernimmt die Erfassung, Auswertung und bald auch Beurteilung von medizinischen Daten vor der Auszahlung von Versicherungsbeträgen. Bei anderen Assekuranzen kümmert sich Watson bereits um die Auswahl der am besten für einen Kunden passenden Versicherungsverträge – und ersetzt damit unweigerlich Vertriebler und Berater.

Roboter als Pflegekräfte

Auch das Thema Automatisierung in der Altenpflege schwappt medial immer wieder von Asien zu uns. Japan hat die älteste Bevölkerung der Welt, da ist der Bedarf für Pflegekräfte groß und naturgemäß ebenso der Rationalisierungsdruck. Roboter übernehmen in Japan bereits heute in Altenheimen die Unterhaltungsstunden mit Rätselraten, gemeinsamem Singen et cetera, wobei der Roboter jeden einzelnen Patienten erkennt, anspricht und individuell betreut. Roboter wie RIBA oder ROBEAR können Menschen sanft vom Bett in den Rollstuhl heben und umgekehrt. Die Roboter-Robbe Paro wird auch bei uns bereits in der Demenztherapie eingesetzt. In Japan werden derweil bald Krankenschwestern, die den Arzt auf der Visite begleiten und unterstützen, durch künstlich intelligente Automaten ausgetauscht. Die KI wird absehbar dann auch den Arzt sowohl sensorisch als auch analytisch bei seiner Diagnose unterstützen – oder ihn ersetzen.

Der humanoide Auskunfts-Roboter Pepper war der Hit auf der diesjährigen CEBIT. Und IBM hat dort seinen autonomen Olli-Bus vorgestellt, der den Fahrplan nach den Passagieren richtet und sich gerne unterwegs mit den Fahrgästen unterhält. Nur ein paar Glanzlichter, die aber doch deutlich zeigen, dass auch der Dienstleistungssektor in keiner Weise vor der Automatisierung gefeit ist. Man muss von all dem nicht grenzenlos begeistert sein. Das ändert aber wenig daran, dass da gegebenenfalls eine Lawine losgetreten ist.

Das alles wird fraglos Auswirkungen auf die Arbeitswelt und vermutlich auch über kurz oder lang auf die Systematik der Wirtschaft überhaupt haben. Nachdem daran wenigstens die gesamte Finanz- und Sozialpolitik unweigerlich gekoppelt ist, macht man sich in diesen Politikfeldern zurecht auch schon Gedanken. In dem Zusammenhang wird jüngst immer wieder eine Robotersteuer ins Gespräch gebracht. Prominente Befürworter wie Bill Gates meinen: „Wenn ein Roboter dieselbe Arbeit macht, müssen wir ihn auch besteuern.“

Wenn man der dabei zugrunde liegenden Logik „Roboter ersetzen Menschen“ folgt, müsste die Robotersteuer eine an den monatlichen Abschreibungen der Maschinen festgemachte Abgabe sein (die Abschreibung ist das Roboteräquivalent zum Lohn des ersetzten menschlichen Arbeitnehmers). Die eigentlich die Besteuerungsgrundlage senkende Wirkung von Investitionen würde damit also gemindert oder ganz aufgehoben oder sogar überkompensiert.

Einmal abgesehen von der Frage, ab wann eine Maschine Roboter oder eben bloß „herkömmliche“ Maschine ist, heißt das in jedem Fall, dass sich die Investitionen von Unternehmen verteuern. Und damit natürlich die menschliche Arbeitskraft entsprechend betriebswirtschaftlich wieder attraktiver wird. Je nach Höhe der Robotersteuer werden dann die Investitionen in moderne Technologie entsprechend gehemmt.

Ein aus Innovationskraft getriebener wirtschaftlicher Wandel wird dadurch aber ganz gewiss nicht aufgehalten, sondern allenfalls national gebremst. Nach aller Wahrscheinlichkeit mit Konsequenzen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Und damit Konsequenzen für künftige Gewinnchancen. Und damit Konsequenzen für künftige Steuerpotenziale der Besteuerung von Unternehmensgewinnen.

Gegebenenfalls ist die Robotersteuer also ein Schuss ins Knie. Wie bei allen Substanzsteuern besteht die Gefahr, heutige Steuereinnahmen zulasten künftiger Mindereinnahmen zu erkaufen. Erheblich sinnvoller erscheint es daher, bei den durch die Automation erwirtschafteten Gewinnen steuerlich anzusetzen. Also erst dann, wenn die Investitionen echten Mehrwert erbringen. Bestenfalls auch dann erst, wenn der Gewinn ausgeschüttet wird, also nicht mehr thesauriert im Unternehmen für neue Investitionen zur Verfügung steht. Egal ob der Gewinn dann in Form von Dividenden oder über die Arbeitseinkommen unters Volk kommt, mit einem einheitlichen Satz besteuert.

Die Unterschiede der Abgabebelastung bei den Faktoren Arbeit und Kapital ist im Zusammenhang mit der Automatisierung allerdings auch noch ein eigenes Großthema: Spätestens wenn tatsächlich die Arbeitsintensität abnimmt, müssen wir uns Gedanken machen, ob nicht die Aufwendungen für die soziale Sicherung gerechterweise erheblich mehr vom Faktor Arbeit entkoppelt werden sollten. Aber auch hier muss man aufpassen, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten, wenn man zum Beispiel Aktiendividenden und Gewinnausschüttungen von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern ohne weiteres in einen Topf wirft. Aber das gilt es, an anderer Stelle noch einmal separat aufzugreifen.

Fazit: Smarte Technologien, künstliche Intelligenz, Robotik und Ähnliches sind die Dampfmaschine des 21. Jahrhunderts. Ganz große Umwälzer. Das wird nicht nur die Wirtschaft, sondern unsere Gesellschaftsorganisation ändern. Deswegen müssen wir uns auch auf allen politischen Feldern damit befassen und für die Zukunft wappnen. Es ist daher genau der richtige Zeitpunkt, sich mit solchen Ideen, wie einer Robotorsteuer, eingehend und breit auseinanderzusetzen.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder unseren Newsletter.