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Mütterrente – Eine Last für die Kinder

Die Mütterrente kostet schon heute Milliarden. Die CSU fordert trotzdem, sie noch einmal aufzustocken. Zahlen müssten dafür die Kinder und Enkel der Begünstigten. // In einer vierteiligen Serie beleuchten wir, wie Politik auf Kosten der jüngeren Generation gemacht wird. Im dritten Teil geht es um die sogenannte Mütterrente.

Unter dem Schlagwort „Mütterrente“ wird die Gleichstellung von jüngeren und älteren Müttern bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung diskutiert. Die Grundidee dahinter ist: Wer sich um seine Kinder kümmert und dafür vorübergehend im Beruf kürzertritt, sollte dafür nicht in Form von Renteneinbußen bestraft werden. Schon seit 1986 wird Müttern und Vätern ab dem Geburtsjahrgang 1921 ein beitragsfreies Erziehungsjahr in der gesetzlichen Rentenversicherung gutgeschrieben, seit der Rentenreform von 1992 sind es für alle von da an geborenen Kinder sogar drei Jahre.

Weil daraus eine Besserstellung jüngerer Eltern resultiert, setzten die Unionsparteien nach der Bundestagswahl 2013 durch, dass für vor 1992 geborene Kinder ein zusätzliches Jahr Erziehungszeit angerechnet wird, diesen älteren Eltern also immerhin Rentenansprüche in Höhe von zwei Entgeltpunkten gewährt werden. Jeder Entgeltpunkt entspricht einem Beitragsjahr mit Durchschnittseinkommen und bringt den Begünstigten in Westdeutschland derzeit pro Kind ein monatliches Rentenplus von 30,45 Euro und jenen in Ostdeutschland von 28,66 Euro. Nach der Rentenerhöhung am 1. Juli 2017 werden es dann 31,03 Euro beziehungsweise 29,69 Euro sein.

Die Kosten der Mütterrente 2014

Auch wenn es für jeden Einzelnen um überschaubare Beträge geht: Die Mütterrente war und ist der mit Abstand teuerste Posten im Rentenpaket 2014 der Großen Koalition. Wie das Institut der deutschen Wirtschaft Köln berechnet hat, schlug der zusätzliche Entgeltpunkt allein 2015 mit fast sieben Milliarden Euro in der Rentenkasse zu Buche. Von 2014 bis 2017 summieren sich die Ausgaben für die Mütterrente auf 24,3 Milliarden Euro, und von 2018 bis 2030 ergibt sich eine finanzielle Mehrbelastung der Rentenversicherung von insgesamt 106 Milliarden Euro. Mit diesem Betrag könnte man heute die Stadt Berlin komplett schuldenfrei stellen und das Land Brandenburg gleich mit dazu. Aufgebracht werden muss das Geld von den Beitragszahlern und durch den Bundeszuschuss auch von den Steuerzahlern – also von den derzeitigen und künftigen Erwerbstätigen.

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Geht die Mütterrente in die nächste Runde?

Der CSU ist diese milliardenschwere Umverteilung von Jung zu Alt immer noch nicht genug: Sie fordert die Gleichstellung aller Kinder beziehungsweise ihrer Eltern und will auch für vor 1992 geborene Kinder eine Anrechnung von drei statt zwei Erziehungsjahren einführen. Die betroffenen Mütter könnten sich dann über eine weitere Rentenerhöhung von rund 30 Euro pro Monat und Kind freuen.

Die jährlichen Kosten der Mütterrente würden dadurch schon 2018 auf 14,1 Milliarden Euro explodieren. Und bis 2030 kämen insgesamt noch einmal 98 Milliarden Euro zu den ohnehin zu veranschlagenden 106 Milliarden Euro dazu. Schon in ihrem Gesetzentwurf für die Mütterrente 2014 hatte die Bundesregierung glasklar festgestellt: Die Alternative, für vor 1992 geborene Kinder ebenfalls drei Jahre Erziehungszeit gutzuschreiben, würde die Kosten verdoppeln und sei nicht finanzierbar.

Die geplante Ausweitung der Mütterrente schwebt schon jetzt wie ein Damoklesschwert über der heutigen und der kommenden Generation von Erwerbstätigen: Die Aufstockung würde die Rentenbeiträge weiter in die Höhe treiben, sozialversicherungspflichtig Beschäftigte müssten noch mehr von ihrem Einkommen abgeben – und könnten folglich weniger Geld in ihre eigene private Altersvorsorge stecken.

Und das alles vor dem Hintergrund höchst fragwürdiger Verteilungswirkungen:

Gegen die drohende Altersarmut hilft die Mütterrente zumindest nicht zielgenau, weil auch viele Frauen davon profitieren würden, die vermögend oder über ihre Partner abgesichert sind. Umgekehrt bringen 30 oder 60 Euro mehr im Monat jenen Frauen kaum etwas, die tatsächlich von Altersarmut betroffen sind – viele von ihnen auch deshalb, weil sie beruflich sehr lange pausiert haben, um ihre Kinder großzuziehen.

Inwieweit eine ausgeweitete Anrechenbarkeit von Erziehungszeiten tatsächlich eine Gerechtigkeitslücke schließen würde, sei ebenfalls dahingestellt. Die zusätzlichen Entgeltpunkte kämen zunächst einmal der heutigen Rentnerinnen-Generation zugute. Diese Frauen haben jedoch noch Privilegien wie die Rente mit 60 ohne Abschlag genossen, die jüngeren Frauen nicht mehr zustehen.

Eins steht jedenfalls fest: Mit 100 Milliarden Euro lassen sich bis 2030 sinnvollere Dinge anstellen, als die nächste Runde der Mütterrente zu finanzieren – man könnte sogar bedürftige Mütter (und Väter) mit dem Geld unterstützen.

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