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Gegen eine mutlose Politik: Vorschlag für eine nachhaltige Steuerentlastung

Die Steuereinnahmen steigen. Nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Höchste Zeit also, den Menschen etwas zurückzugeben. Ein Vorschlag für die Reform der Lohn- und Einkommensteuer. -> zur "Steuern runter!"-Kampagne der INSM

Die Steuerpolitik der vergangenen Jahre lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: mutlos. Aber während sich die Mutlosigkeit für die öffentlichen Kassen auszahlt, kommt sie die Steuerzahler teuer zu stehen. Das belegt der Anteil der Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt. Er ist deutlich gestiegen. Betrachtet man die Einnahmen aus Lohnsteuer, veranlagter Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt, zeigt sich, dass die so definierte Steuerquote im Jahr 2017 auf voraussichtlich mehr als 8,3 Prozent ansteigen wird. Im Durchschnitt lag der Wert von 2005 – als die letzte größere Steuerreform wirksam wurde – bis 2016 bei knapp 7,2 Prozent. Der Anstieg der Steuerquote bedeutet für die Finanzminister in Bund und Ländern ein Plus von etwa 38 Milliarden Euro in den Kassen. Oder anders ausgedrückt: Gäben sich die Finanzämter mit dem zufrieden, was sie im langfristigen Durchschnitt vom Erwirtschafteten erhalten haben, könnten die Bürger um 38 Milliarden Euro entlastet werden.

Über die Lohn- und Einkommensteuer wird stets viel diskutiert. Für den Staat stellt sie einen Eckpfeiler der Einnahmenseite dar, für Arbeitnehmer ist sie wie kaum eine andere Steuer auf jeder Gehaltsabrechnung sichtbar. Doch in Sachen Reformeifer war in den vergangenen Jahren Stillstand angesagt. Seit der letzten größeren Änderung im Jahr 2005 wurden – abgesehen von der nicht zur Systematik des progressiven Einkommensteuertarifs passenden Reichensteuer – weder Steuersätze noch Tarifgrenzen nachhaltig angepackt. Dabei kam es früher im Abstand von einigen Jahren immer mal wieder zu einer größeren Reform.

Soli und kalte Progression sorgen für hohe Steuerbelastung

Tarifanpassungen sind auch notwendig, denn sonst steigt aufgrund der Konzeption des Einkommensteuertarifs die durchschnittliche Steuerbelastung, obwohl die Kaufkraft der Steuerzahler nicht gestiegen ist. Dieser Effekt, die sogenannte kalte Progression, hat zu einer Stauchung des Tarifverlaufs geführt und ist maßgeblich für den Mittelstandsbauch verantwortlich, also dafür, dass der Steuersatz auf einen zusätzlich verdienten Euro bereits bei Gering- und Normalverdienern schnell auf ein hohes Niveau ansteigt. Zudem unterliegen durch die unzureichende Anpassung der Tarifgrenzen an die Einkommensentwicklung immer mehr Menschen mit einem Teil ihres Einkommens dem Spitzensteuersatz. Den zahlt inzwischen jeder elfte Steuerzahler. Darunter sind Facharbeiterinnen, Lehrer, mittlere Angestellte und Freiberufler. Das kann nicht der Sinn des Steuersystems sein.

Zusätzlich trägt der Solidaritätszuschlag zu der hohen Steuerbelastung für Bürger und Unternehmen bei. Der „Soli“ wird als Aufschlag auf die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Kapitalertragsteuer berechnet. Ursprünglich war der „Soli“ in den 1990er Jahren vor allem zum Aufbau Ost eingeführt worden. Mehr als 26 Jahre nach der Wiedervereinigung ist dieser Fremdkörper im Steuersystem nach wie vor existent. Mit Auslaufen des Solidarpakts II, in dem die Fördermittel für die ostdeutschen Bundesländer festgelegt sind, entfällt im Jahr 2019 allerdings auch das letzte Argument, sich an den „Soli“ zu klammern. Ohnehin wird bereits heute lediglich ein Drittel der Einnahmen als Fördermittel verwendet, der Rest fließt in den allgemeinen Bundeshaushalt. Was der Staat seinen Bürgern einst mit einem begründeten Finanzbedarf abverlangt hat, hat seine Begründung verloren. Geblieben ist nur die Belastung.

Eine Abflachung des Mittelstandsbauchs als Korrektur der aufgelaufenen kalten Progression der vergangenen Jahre und eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags würde Bürger und Unternehmen deutlich entlasten, wie Simulationsrechnungen für Fallbeispiele zeigen. Dabei wird ausgehend von dem Jahr 2017 unterstellt, dass der Solidaritätszuschlag vollständig abgeschafft wird und die Tarifgrenzen der Einkommensteuer um 5.000 Euro verschoben werden. Der Grundfreibetrag wird dabei unverändert in Höhe von 8.820 Euro beibehalten. Dafür wird der Grenzwert, ab dem die zweite Progressionszone gilt, von 13.769 auf 18.769 Euro erhöht. Der Grenzwert, ab dem der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift, wird analog von 54.057 auf 59.057 Euro erhöht. Dadurch wird der Mittelstandsbauch zwar nicht völlig beseitigt, aber zumindest deutlich abgeflacht, da die jeweiligen Steuersätze erst bei höheren Einkommen wirken. Es versteht sich von selbst, dass diese Tarife „auf Räder“ gestellt werden müssen, d. h. dass sie automatisch an die Inflation angepasst werden.

Finanzierung dank kräftig gestiegener Steuereinnahmen machbar

Die Entlastung der Steuerzahler durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und durch die Abflachung des Mittelstandsbauchs würde zu Einnahmeausfällen etwa in der Größenordnung des bestehenden Spielraums von 38 Milliarden Euro führen. Da der Solidaritätszuschlag realistisch betrachtet frühestens nach dem Jahr 2019 entfallen wird, erhöht sich aufgrund der voraussichtlich weiterhin stark steigenden Steuereinnahmen der Spielraum für den Staat bis dahin noch. Es spricht also vieles für eine nachhaltige Entlastung bei Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag.

-> zur “Steuern runter”-Kampagne der INSM

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