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Wahl-Check: Vorsicht vor Sackgassen und Einbahnstraßen am Arbeitsmarkt!

Am 24. September ist Bundestagswahl. Nicht erst seit dem TV-Duell Merkel–Schulz, sondern seit Monaten ist das Land im Wahlkampfmodus. Das Hamburgische WeltWirtschafts Institut (HWWI) hat in Kooperation mit dem Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) untersucht: Wie viel Soziale Marktwirtschaft steckt in den Wahlprogrammen der fünf Parteien CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke.

Spätestens mit dem TV-Duell am vergangenen Sonntag ist der Wahlkampf zur Bundestagswahl auf der Zielgeraden angekommen. Wie kontrovers die Parteipositionen sind, zeigt sich unter anderem beim Thema Arbeitsmarkt. Ja, Deutschland steht hier gut da: Der Beschäftigungsstand ist hoch, und die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse legen weiter zu. Das Programm „Vorfahrt für Arbeit“, das von der Vorgängerregierung mit den Hartz-Reformen angestoßen wurde, trägt Früchte. Die großen Herausforderungen, u. a. des demografischen Wandels und der Digitalisierung, zu stemmen wird nur mit einem dynamischen, flexiblen Arbeitsmarkt gelingen. In der unterschiedlichen Bewertung von Flexibilität werden die Zielprioritäten der Parteien deutlich. Während für CDU/CSU und FDP jede/r Arbeitslose eine/r zu viel ist, betonen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke die Risiken in Form zunehmender prekärer Beschäftigung.

Fest steht: Niedriglohn darf keine Sackgasse sein. Doch können Erwerbsformen wie Minijobs oder auch die Zeitarbeit die Übergangschancen Arbeitsloser in reguläre Beschäftigung erhöhen und damit einen wertvollen Integrationsbeitrag leisten. Ziel muss sein, dass sich diese Chancen auch tatsächlich realisieren, aber nicht, Sprungbretter von vornherein zu sperren. Viele Mini- und Teilzeitjobs entsprechen den Präferenzen der Arbeitskräfte. Auch ist längst nicht jede atypische Beschäftigung prekär. Es erscheint sinnvoller, etwaigen Einkommens- und Armutsrisiken (bspw. bei ausschließlich geringfügigen Beschäftigungen) wachsam durch mehr Aufklärung zu begegnen, als diesen Jobgelegenheiten kategorisch einen Riegel vorzuschieben, wie dies SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke beispielsweise mit dem Rückbau von Minijobs fordern.

Denn Fakt ist auch: Flexibilität ist keine Einbahnstraße. Eine höhere Flexibilität und Zeitsouveränität unter Beschäftigten bedingt in gewissem Maße flexible Anpassungsinstrumente wie die Zeitarbeit oder befristete Beschäftigungen auf Seiten der Betriebe. Allerdings: Mit 8,4 Prozent (2015) liegt der Befristungsanteil an den Beschäftigten ab 25 Jahren in Deutschland praktisch auf dem Niveau von 2005 (8,0 Prozent) und unter dem europäischen Durchschnitt (11,3 Prozent). 45 Prozent der Beschäftigten ab 25 Jahren arbeiten hierzulande seit mindestens zehn Jahren bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber (EU 28-Durchschnitt: 44 Prozent). Und: Bei keiner anderen Form atypischer Beschäftigung sind die Übergangschancen in Normalbeschäftigung so hoch wie bei befristeten Beschäftigungen, die übrigens mit einer Befristungsquote von je zwölf Prozent unter Hilfsarbeitskräften gleich häufig wie unter Akademiker/innen vorkommen.

Zur Studie:

Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat in Kooperation mit dem Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft die Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl unter der Fragestellung „Wie viel Soziale Marktwirtschaft steckt zum Thema Arbeitsmarkt in den Wahlprogrammen?“ analysiert. Die Studie ist heute erschienen und kann hier abgerufen werden.

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