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Freiheit statt Regulierung: Warum die Soziale Marktwirtschaft mehr als Wohlstand gebracht hat

Die Einführung der Deutschen  Mark vor 70 Jahren wäre ohne die gleichzeitig umgesetzten freiheitlichen Rahmenbedingungen kein Erfolg geworden. Eine dankbare Erinnerung an Ludwig Erhard von Dr. Dagmar Schulze Heuling.

Am 20. Juni wäre die Deutsche Mark 70 Jahre alt geworden. Doch gratuliert man einer Toten zum Geburtstag? Wohl kaum. Grund zum Feiern gibt es trotzdem, und diese Feier ist keineswegs makaber. Denn zeitgleich mit der Einführung der Deutschen Mark fand eine mindestens ebenso wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellung statt, an die zu erinnern sich lohnt. Auch wenn es schließlich die D-Mark war, die zum Symbol für Wohlstand und Stabilität geworden ist, ihre Einführung mit dem Seufzer der Erleichterung „es gibt wieder was!“ verbunden wird, ja sogar das Wirtschaftswunder in historischer Verkürzung bisweilen allein auf die Währungsreform zurückgeführt wird, sollte dieses andere Ereignis nicht vergessen werden.

Die Rede ist von der Einführung der freien Marktwirtschaft. Das war für die meisten Deutschen etwas Neues. Nicht nur waren sie seit Jahren die nationalsozialistische Plan- und Kriegswirtschaft gewohnt. Auch vor und während der Zeit der Weimarer Republik war die Konkurrenz der Vielen weder theoretisches Leitbild noch Beschreibung der wirtschaftlichen Realität. Stattdessen unterdrückten unzählige Kartellbrüder im „Land der Kartelle“ (Franz Böhm) den Wettbewerb, häufig kooperierten auch Gewerkschaften und Arbeitgeber einer Branche jeweils zu Lasten aller Verbraucherinnen und Verbraucher, und es gab sogar eine staatliche Preisaufsicht.

Heute wissen wir, dass Prosperität auf diesem Wege nicht zu erreichen ist. Damals aber galten nicht Monopole, sondern der freie Wettbewerb als gefährlich. In den Nachkriegsjahren regelten mehrere Hundert Gesetze und Verordnungen, wer in welchem Umfang welche Rohstoffe beziehen durfte, was produziert werden sollte und natürlich auch, was zu welchem Preis verkauft werden musste. Wobei verkaufen eine ungenaue Bezeichnung ist, denn um Waren zu erhalten, benötigte man vor allem Lebensmittelkarten oder Bezugsscheine.

Vor diesem Hintergrund ist die mutige Entscheidung Ludwig Erhards, mit der Währungsreform die sogenannte Zwangsbewirtschaftung weitestgehend aufzuheben, umso eindrucksvoller. Ohne dies mit den Besatzungsmächten abgesprochen zu haben, ließ er die weitgehende Einführung der Marktwirtschaft einschließlich freier Preise am Tag vor Beginn der Währungsreform bekanntgeben. Das Zusammenspiel von Preisfreigabe und neuem, werthaltigem Geld ließ überall ein ungeahntes Angebot von Waren entstehen, sodass ein Zurück zu Lebensmittelkarten und Zwangsbewirtschaftung nicht mehr möglich war.

„Zum Glück blieb Ludwig Erhard seiner Überzeugung treu.“

Keineswegs war damit das materielle Elend der Nachkriegszeit auf einen Schlag verschwunden. Nach wie vor waren große Teile der Infrastruktur, Produktionsanlagen, Wohnungen usw. zerstört. Als daher die Preise auf Grund knapper Güter stiegen – ein zwar normales, aber seinerzeit ungewohntes Phänomen! –, regte sich Widerstand. Zum Glück für damals wie heute lebende Menschen blieb Ludwig Erhard seiner Überzeugung treu. Er verteidigte nicht nur die Marktwirtschaft, sondern schaffte Schritt für Schritt auch die verbliebenen planwirtschaftlichen Elemente ab.

Gewiss, eine stabile Währung ist eine wichtige Voraussetzung für Wohlstand. Die Währungsreform, die am 20. Juni 1948 begann, ist daher zu Recht ein wichtiges Datum in der deutschen Geschichte. Doch mit der Einführung der Deutschen Mark alleine war es nicht getan. Ohne die freiheitlichen Rahmenbedingungen, die zeitgleich in Kraft traten und anschließend noch erweitert wurden, hätte es weder die Warenflut des 21. Juni 1948 noch das Wirtschaftswunder gegeben.

Dessen weitreichende Bedeutung wird heute leider zunehmend verkannt. Doch nicht nur ist ein spöttisches Herabblicken auf den vermeintlichen Materialismus von Menschen, die lange mit Lebensmittelrationen von ca. 1.000 Kilokalorien auskommen mussten, hochmütig und unangemessen. Diese Bewertung übersieht auch, dass die wirtschaftliche Entwicklung einen wichtigen Beitrag zur politischen Freiheit geleistet hat. Denn abgesehen davon, dass ein freiheitlich-demokratisches politisches System auch ein freies Wirtschaftssystem erfordert, ist höchst fraglich, ob die Bundesrepublik sich ohne ihre so positive wirtschaftliche Entwicklung politisch derart hätte stabilisieren können.

Grund genug also, sich der klugen und weitsichtigen wirtschaftspolitischen Weichenstellung von vor 70 Jahren dankbar zu erinnern.

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