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Das Ende der Schockstarre: Welche Politik den Menschen mehr Geld im Alter bringt

Wie können Menschen im Alter ihren Lebensstandard halten? Diese Frage bestimmt seit Jahren die politische Debatte. An einem Kernproblem hat sich dennoch nichts geändert: Noch immer legen die Menschen zu wenig für ihr Alter zurück.

Das hat das DIW Berlin diese Woche in einer Studie im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans Böckler-Stiftung deutlich gemacht. Demnach würden bei 58 Prozent der 55- bis 64-Jährigen Erwerbstätigen die derzeitigen Rentenanwartschaften nicht ausreichen, um den aktuellen Konsum vollständig zu decken. Die gute Nachricht: Würden die untersuchten Jahrgänge bis zum durchschnittlichen Renteneintrittsalter von 64 Jahren weiter arbeiten, würde bei jedem zweiten. Rentner schon die gesetzliche Rente ausreichen, den aktuellen Lebensstandard zu halten. Und noch besser: wenn es neben der gesetzlichen Rente noch weitere Rücklagen gibt, können zwei von drei Rentnern ihren Konsum unverändert auch im Alter finanzieren.

Wie also kann es gelingen, auch dem verbliebenen Drittel einen Lebensabend ohne schmerzhafte Abstriche zu sichern?

Zur Wahrheit über den demografischen Wandel gehört, dass die Renten in den kommenden Jahren langsamer steigen werden als die Löhne. Der simple Grund: Das Verhältnis von Zahlern und Leistungsempfänger wird ungünstiger: Im Jahr 1986 kamen auf 100 Menschen im Alter zwischen 20 und 65 Jahren 24 Menschen über 65. Heute sind es bereits 36 Menschen, im Jahre 2030 werden es 48 sein. Das sind die nüchternen Zahlen, die das Kernproblem eines umlagefinanzierten Rentensystems begründen. Die Zahl der Anspruchsberechtigen steigt, die Zahl der Leistungserbringer sinkt.

Dies ist ein ernsthaftes Problem. Zum Drama muss es nicht werden, wenn die Politik sich heute traut, die richtigen Weichen zu stellen. Dazu gehört, …

– die private Altersvorsorge nicht schlecht zu reden, sondern sie vielmehr stärker und besser zu fördern. Denn wo jeder für sich selbst anspart, sind die Einkünfte im Alter gegen den demografischen Wandel immun. Dafür braucht es keine großen Summen. Wer frühzeitig regelmäßig kleine Beträge zurücklegt, der hat im Alter spürbar mehr finanzielle Freiheiten.

– die demografischen Lasten zwischen den Generationen zu verteilen. Je mehr Schultern sie tragen, desto kleiner ist die Last für jeden Einzelnen.

– das Glück steigender Lebenserwartung auch mit einer steigenden Lebensarbeitszeit  zu verknüpfen. Wer mit der steigenden Lebenserwartung nicht auch das Renteneintrittsalter nach oben justiert, bürdet die Kosten der höheren – weil längeren – Rentenbezüge ausschließlich der jungen Generation auf. Das ist ungerecht. Das ist zu teuer. Das Renteneintrittsalter ab 2030 automatisch an die Lebenserwartung zu koppeln, würde der Politik dauerhaft ermöglichen, einen kalkulierbaren Renteneintritt mit einem stabileren Rentenbeitrag zu verknüpfen. Und natürlich gilt weiter: Ein steigendes Renteneintrittsalter braucht eine gute Versorgung für jene, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht bis zu diesem Alter arbeiten können.

Wir müssen Menschen ermuntern, kontinuierlich für ihren Lebensabend vorzusorgen.

Jung und Alt könnten entspannter in die Zukunft blicken, wenn sich die Politik aus ihrer Schockstarre löst, und nach vorne schaut. Nicht die Menschen mit 63 in Rente schickt. Nicht ein Rentenniveau fixieren will, das zu einer gigantischen Umverteilung von Jung nach Alt führt. Nicht pauschal private Altersvorsorge verteufelt. Wir müssen Menschen ermuntern, kontinuierlich für ihren Lebensabend vorzusorgen. Ob mit Wertpapieren, mit Eigentum, mit Versicherungen, Riester-, Rürup oder anderen Rentensparangeboten. Da auch künftig die gesetzliche Rentenversicherung eine zentrale Säule der Altersvorsorge bleiben wird, müssen wir vor allem für eine möglichst hohe Beschäftigung sorgen. Nur eine Investitions- und Steuerpolitik die Wachstum und Arbeitsplätze schafft, kann den Lebensstandard für Alt und Jung auch in Zukunft verlässlich sichern.

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