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Weniger Staus: Wie mit effektiver Baustellenplanung die Infrastruktur verbessert und die Soziale Marktwirtschaft gestärkt werden kann

Baustellen sind unvermeidbar, denn Deutschlands Infrastruktur muss gewartet und modernisiert werden. Die Konsequenz: Das Stauaufkommen in Deutschland steigt. Zu einer Reduktion beitragen könnten etwa 24-Stunden-Baustellen, schreibt Dr. Christian Jung, FDP Bundestagsabgeordneter.

Eine moderne Verkehrsinfrastruktur ist einer der Pfeiler der Sozialen Marktwirtschaft, weil sie die individuelle Mobilität der Marktteilnehmer stärkt. Für diesen Grundsatz benötigen wir bei der Durchführung von Baustellen ein neues Denken. Denn Verkehrsteilnehmer verbringen in Deutschland immer mehr Zeit im Stau. Insgesamt waren es 475.000 Stunden im Jahr 2017.[1] Schnelle Abhilfe von Seiten der Regierungsverantwortlichen ist zurzeit nicht in Sicht.

Dabei wäre der regelmäßige Einsatz von 24-Stunden-Baustellen und Nachtbaustellen, Prinzipien der Bauoptimierung und -strukturierung, Prämiensysteme für schnelleres Bauen sowie die Etablierung von digitalen Verkehrsleitsystemen eine schnelle und effektive Möglichkeit, Bauzeiten erheblich zu verkürzen und infolgedessen Staubildungen zu minimieren. Für mich ist deshalb klar: Die Idee der „Innovation Nation“ muss in alle Bereiche, also auch die Bauplanung und -durchführung, besonders auf Autobahnen und Bundesstraßen, vordringen. Die neue Infrastrukturgesellschaft des Bundes muss diese Prinzipien von Anfang an „leben“.

Stau kostet Zeit und Nerven

1.450.000 Kilometer – auf diese gigantische Zahl[2] summierte sich im vergangenen Jahr die Länge der Staus in Deutschland. Tendenz steigend, denn die Anzahl an Baustellen wächst ebenfalls kräftig. Das Warten im Stau kostet Zeit und Nerven. Ganz konkret bedeutet dies einen täglichen volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von 250 Millionen Euro für die deutsche Wirtschaft.[3] Es bedarf keiner großen Diskussion oder Fachkenntnis, um zu erkennen, dass es so nicht weitergehen kann.

Eine endgültige Lösung für das Problem „Stau“ wird es vermutlich nie geben. Doch zumindest Linderung ist möglich. Langfristig kann ein bundesweiter und kraftvoller Ausbau der Infrastruktur, Schienenwege inkludiert, die Anzahl der Staus reduzieren. Denn ist eine Fahrbahn betroffen, kann der Verkehr über entsprechende Ausweichstrecken abfließen. Mehr Verkehr auf der Schiene in einem digitalisierten Bahn-Netz könnte die Verkehrsteilnehmer auf der Straße reduzieren. Digitale verkehrslenkende Maßnahmen können in der Zukunft ebenfalls dazu beitragen, die Häufigkeit von Staus zu minimieren. Doch auch hier bedarf es sowohl des finanziellen als auch politischen Willens, flächendeckend die notwendige Infrastruktur zu installieren.

Zwei-Schichten-Betrieb könnte Bauzeiten verkürzen

Um schnelle Abhilfe zu schaffen, sind 24-Stunden-Baustellen bei kritischen und verkehrsreichen Projekten ein sinnvolles Konzept. Schon die Einführung von Arbeiten im Zwei-Schichten-Betrieb und damit die möglichst effektive Ausnutzung des Tageslichtes würde einen Fortschritt und eine Beschleunigung bewirken. Zwar erhöhen sich wie von Kritikern oft angeführt die Baukosten, doch werden diese von den Einsparungen auf volkswirtschaftlicher Seite wieder aufgewogen[4]. Die Bauzeiten werden drastisch verkürzt, Stauzeiten und Wartezeiten verringert. Zudem werden sich deutlich weniger Auffahrunfälle in Baustellen oder bei Rückstaus ereignen.

Unsere Nachbarn sind im Hinblick auf den Zwei-Schichten-Betrieb oder den Einsatz von 24-Stunden-Baustellen ein ganzes Stück weiter. Die Schweiz macht es vor und überprüft für die jeweilige Baustelle alle Optionen. Bei verkehrsstarken Straßen, bei welchen Baumaßnahmen zu Staus führen, wird vom Bundesamt für Straßen (ASTRA) der Schweizerischen Eidgenossenschaft der Zwei-Schichten-Betrieb verlangt.[5] 24-Stunden-Baustellen werden bei Tunnelbaustellen sowie bei Fällen mit kritischer Verkehrsführung angeordnet.[6] Was bei uns als innovativer Ansatz gilt, ist somit bei unseren Nachbarn schon lange eine Standardlösung.

Immerhin gibt es erste Fortschritte. Der politische Druck der Arbeit der FDP-Bundestagsfraktion bewegt die Regierungsverantwortlichen. So gab jüngst der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/ Die Grünen) bekannt, die Fahrbahnerneuerung auf der A5 zwischen Ettlingen/Karlsruhe und Rastatt als 24-Stunden-Baustelle zu betreiben. Ein Drittel an Bauzeit wird dadurch auf der A5 eingespart. Zudem soll in einem Testlauf für die nächsten zwei Jahre jede Baustelle auf die Option eines möglichen Zwei-Schichtbetriebes oder einer 24-Stunden-Baustelle geprüft werden. Ein Erfolg für die Freien Demokraten, alle Verkehrsteilnehmer und die deutsche Volkswirtschaft. Klar ist aber auch: Es bleibt bundesweit noch viel zu tun, um ein Bewusstsein für ein besseres Baustellenmanagement zu schaffen, von dem dann indirekt alle Menschen und die Wertschöpfung profitieren.

[1] Aus: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/adac-autofahrer-stehen-475-000-stunden-im-stau-a-1189334.html (17.9.2018).

[2] Aus: https://www.adac.de/der-adac/verein/aktuelles/staubilanz-2017/ (17. 9.2018).

[3] Aus: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/WissenschafftWohlstand/2008-01-01-hightech-verkehr-innovationsstrategie-januar-2008.html (17.9.2018).

[4] https://www.bundestag.de/blob/556536/c4225f329ec8b13e91171cfcb84b0bf4/wd-5-052-18-pdf-data.pdf.  (17.9.2018).

[5] Siehe FN 4.

[6] Siehe FN 4.