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Frieden und Nachhaltigkeit: Über die Bedeutung der Freiheit in der Europäischen Union

Wohlstand, der aus Chancengerechtigkeit erwächst, stabilisiert Demokratien. Und Demokratien führen weniger Kriege, zumindest untereinander. Insofern sind die Soziale Marktwirtschaft und die Europäische Union ein Garant für Frieden. Und nicht nur dafür. // (Hier finden Sie alle Folgen der Serie „Europa macht stark“.)

 

Die Europäische Union und ihre Institutionen haben dazu beigetragen, Wachstum, Wohlstand und Wohlbefinden innerhalb Europas, aber auch bei den Handelspartnern zu erhöhen. Aber nicht nur wirtschaftlich ist Europa meines Erachtens eine Erfolgsgeschichte; die europäischen Institutionen und Regeln haben – bei aller berechtigten Kritik an zu viel Bürokratie und Fehlsteuerungen im Einzelnen – auch zu einem grundsätzlich stärkeren Zusammenhalt der Länder dahingehend geführt, dass zwar gestritten, aber kein Krieg mehr geführt wird.

Dabei ist die Frage, ob die EU tatsächlich der Garant des europäischen Friedens ist, durchaus gerechtfertigt. Die quantitativ-empirische Kriegsursachenforschung zeigt, dass Kriege zum einen durch Demokratisierung von Nachbarn oder potenziellen Kriegsgegnern vermieden werden können. Dieser „demokratische Frieden“ bedeutet nicht, dass Demokratien seltener als andere Länder Krieg führen – zum Beispiel gegen Autokratien; Demokratien führen „nur“ sehr selten oder fast nie gegeneinander Krieg! Dies zeigt sich empirisch bisher vor allem für vergleichsweise reiche und marktwirtschaftlich organisierte Länder – wie eben innerhalb Europas.

Zum anderen lässt sich Frieden fördern, indem man den Handel und die ökonomische Verflechtung unter Nachbarn verstärkt. Aktuelle Forschungen zeigen, inwiefern mehr wirtschaftliche Freiheit und weniger staatliche Regulierung der Wirtschaft mit Frieden einhergehen. Dies gilt vor allem, wenn es um die Vermeidung von militärischen und tödlichen Konflikten geht. Verbale Drohgebärden mögen dadurch nicht verringert werden, aber doch zumindest tödliche Auseinandersetzungen. Der Zusammenhang ist dabei, dass wirtschaftliche Freiheit und Freihandel wesentlich zum Wohlstand beitragen. Wohlstand – verbunden mit Chancengerechtigkeit und einer Vermeidung extremer Ungleichheit – stabilisiert wiederum Demokratien.

Außerdem gilt die Zusammenarbeit in internationalen Organisationen, als Beitrag zur Friedenssicherung. Durch den Dialog und das Gespräch über Regelsetzungen auf der übergeordneten Ordnungsebene, sollen bilaterale Konflikte vermieden werden.

Inwiefern dies für alle Formen von internationalen Organisationen gilt, ist in der empirischen Forschung umstritten. Innerhalb der EU kann aber gezeigt werden, dass die Gefahr europäischer Kriege oder gar eines deutsch-französischen Krieges durch die enge Verflechtung der vielen europäischen Staaten minimiert wird.

Auch ein Brexit würde daran nichts ändern. Dies gilt immer dann, wenn vom Handel alle Beteiligten profitieren und ein Ordnungsrahmen geschaffen wird, der die Marktprozesse regelt und Ausgleichsmechanismen für die (zeitweiligen) Verlierer und für die Menschen und Regionen schafft, die deutliche Startchancennachteile haben.

Bei aller berechtigten Kritik an der mangelnden Effektivität und Effizienz von einzelnen europäischen Maßnahmen zur Angleichung der Lebensverhältnisse, der Vernetzung der Infrastrukturen und Vereinheitlichungen zum Beispiel im Bildungsbereich – im Großen und Ganzen ist die europäische Entwicklung eine erstaunliche Erfolgsgeschichte.

Wie so oft wird die positive Seite nur viel zu wenig beachtet. Dabei ist die Basis für diese friedensstiftenden Erfolge neben der Demokratie in der größeren Freiheit der EU-Bürger zu sehen. Am offensichtlichsten ist dies im Alltag bei der Reise- und Dienstleistungsfreiheit.

Die generelle wirtschaftliche Freiheit hat dabei nicht nur im Alltag zum Beispiel von Studierenden und Reisenden für Erleichterungen gesorgt, sondern auch insgesamt für mehr Wohlstand.

Dies schafft zudem auch beste Voraussetzungen, weitere wichtige Ziele wie Frieden und Sicherheit zu erreichen – auch jenseits Europas. Denn die weltweite Art der Kriege hat sich verändert. Zwischenstaatliche Kriege werden seltener, Bürgerkriege – nicht selten mit Einmischung anderer Staaten – werden häufiger.

Kann also durch Freiheit, Freihandel und Wachstum auch das Bürgerkriegsrisiko vermindert werden? Aufgrund des Interesses der reichen Länder an Stabilität statt Bürgerkrieg und der Massenflucht aus armen in reiche Länder werden sich diese schon aus Eigeninteresse für die Erhaltung und den Ausbau einer freiheitlichen Weltwirtschaftsordnung einsetzen. Denn diese sorgt nicht nur für mehr Wohlstand, sondern auch für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele „Sustainable Development Goals (SDGs)“ der UN.

Die marktwirtschaftliche Ordnung innerhalb der EU und der OECD stärkt die Innovationskraft und Kreativität und sorgt für mehr Effizienz und kostenbewussteren Umgang mit knappen Ressourcen. Voraussetzung dafür ist unternehmerische Freiheit innerhalb der Weltwirtschaftsordnung. Dies kann erklären, warum die Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) der UN stark von der unternehmerischen Freiheit abhängt (Enste, 2015). Bemerkenswert ist, dass die Länder, die laut SDG-Index gute Ausgangsbedingungen haben, um die 17 Ziele zu erreichen, zugleich eine große gesellschaftliche und unternehmerische Freiheit aufweisen (Korrelation r = 0,633; p-Wert < 0,001). Umgekehrt tun sich Länder schwer, die stark reguliert sind, also den Unternehmen und Gründern weniger Freiheiten gewähren.

Freiheit fördert Wohlstand und Nachhaltigkeit jedoch nur, wenn es einen verlässlichen Ordnungsrahmen gibt. Fehlen Eigentumsrechte, Rechtsstaatlichkeit, Angebote an öffentlichen Gütern und Anreize zur Vermeidung von externen Effekten (wie Luftverschmutzung) sowie politische Stabilität, sind (nachhaltige) Investitionen und unternehmerische Tätigkeit sehr risikoreich, unattraktiv und vor allem auf kurzfristige Rentabilität ausgerichtet. Deshalb erfasst der Freiheitsindex auch die Qualität des institutionellen Rahmens (Good Governance). Europa bietet gerade dafür beste Grundlagen – vor allem wenn die Kooperation, das Win-Win-Denken und das Lernen voneinander gestärkt werden.

Eingehende Analysen der Ursachen- und Wirkungszusammenhänge in den einzelnen Ländern müssen diese generellen Zusammenhänge immer wieder neu bestätigen. Aber die Indizien, dass sich wirtschaftliche und unternehmerische Freiheit und Nachhaltigkeit – innerhalb eines verlässlichen Ordnungsrahmens – wechselseitig positiv beeinflussen, sind eindeutig. Ideen und Innovationen gedeihen besser unter freiheitlichen Rahmenbedingungen als in planwirtschaftlichen Strukturen und auf Anordnung vonseiten der Politik. Ressourcenschonung gelingt besser, wenn arbeitsteilig und entsprechend der komparativen Kostenvorteile produziert werden kann. Wirtschaft und Ethik sind insofern auch hinsichtlich der Erreichung der SDGs keine Gegensätze. Freiheit schafft Räume, um subsidiär Mitverantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen – für jeden Einzelnen, aber auch für Unternehmen – auch und gerade in Europa!

Alle Folgen der Serie “Europa macht stark” lesen.

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