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Raus aus der Krise – aber richtig!

Laut der aktuellen ifo-Umfrage versprechen sich 55 Prozent der befragten Unternehmen von einer Senkung der Einkommensteuer den größten Erfolg.

Eine Krise – viele Vorschläge. Wie soll Deutschland die massiven Einbrüche bei Exporten und Investitionen bewältigen? Mehr Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Straßenbau? Senkung der Sozialversicherungsbeiträge oder Senkung der Steuerlast? Ausgabe von Konsumgutscheinen? Im Januar will sich die Bundesregierung auf ein zweites Konjunkturpaket verständigen. Raus aus der Krise, lautet die Devise – über den Weg wird aber noch heftig gestritten. Laut einer aktuellen ifo-Umfrage versprechen sich 55 Prozent der befragten Unternehmen von einer Senkung der Einkommensteuer den größten Erfolg. Auf Platz zwei folgen mit 37 Prozent Zustimmung staatliche Investitionen in die Infrastruktur. Am wenigsten halten die Unternehmen von staatlichen Konsumgutscheinen: 79 Prozent der befragten Unternehmen lehnen diese ab. Die Einstellung der Unternehmer deckt sich mit den Ratschlägen führender Ökonomen. ifo-Präsident Hans-Werner Sinn meint: "Der Soli gehört abgeschafft, und man muss die schleichende Progression des Steuersystems korrigieren". Der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard fordert außerdem: "Die Infrastrukturinvestitionen sollten aufgestockt werden. Es besteht ein enormer Nachholbedarf bei den Investitionen in das Bildungssystem". Konsumgutscheine sind unter Ökonomen ähnlich unbeliebt wie bei den befragten Unternehmen: Dr. Oliver Knipping, Vorstandsvorsitzender des "Instituts für Unternehmerische Freiheit" kritisierte im ÖkonomenBlog bereits die wenig nachhaltige Wirkung und verweist dabei auf den ausgebliebenen Erfolg in den USA.

Der Wirtschaftsweise Prof. Dr. Wolfgang Wiegard lobte am 19. Dezember 2008 in einem Interview mit der “DHZ” die Investitionen in die Infrastruktur. Dennoch plädiert er für eine Steuersenkung für einen begrenzten Zeitraum, auch wenn dies neue Staatsschulden nach sich ziehen würde:

  • “Die Infrastrukturinvestitionen sollten aufgestockt werden. Es besteht ein enormer Nachholbedarf bei den Investitionen in das Bildungssystem(…)”
  • “Bei den Steuern könnte der Solidaritätszuschlag reduziert oder ganz abgeschafft werden; durch Korrekturen des Einkommensteuertarifs – etwa eine Beseitigung des so genannten Mittelstandsbauchs – können die Wachstumskräfte gestärkt und gleichzeitig kann ein konjunktureller Impuls ausgelöst werden.”
  • “In den letzten Jahren sind die staatlichen Haushalte konsolidiert worden. Insofern besteht ein erheblicher Spielraum für schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme oder Steuersenkunkungen. Im Jahr 2009 wird die gesamtstaatliche Defizitquote noch unter 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen; angesichts der Krisensituation ist das nicht viel. Wichtig ist, dass die höhere Staatsverschuldung wieder zurückgeführt wird, sobald der Abschwung vorbei ist.”

Der Präsident des IFO Instituts, Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, warnte am 14. Dezember 2008 in der Wirtschaftszeitung “Euro am Sonntag” vor übereilten und unüberlegten Konjunktureingriffen und verlangt eine Korrektur der kalten Progression:

  • “Die Regierung sollte sich nicht verrückt machen lassen und ihr Konjunkturprogramm mit Ruhe und Sorgfalt für das nächste Jahr planen.”
  • “Wir stehen erst am Beginn einer langen und schwierigen Abschwungphase. Wir können nicht die gesamte Flaute mit staatlichen Ausgabenprogrammen gegenfinanzieren.”
  • “Der Soli gehört abgeschafft, und man muss die schleichende Progression des Steuersystems korrigieren.”
  • “Reiche Leute, die den Spitzensteuersatz zahlen, sind von der kalten Progression kaum betroffen. Betroffen sind vielmehr die durchschnittlichen Arbeitnehmer, die durch Lohnerhöhungen rasch in höhere Steuerkategorien hineingekommen sind.”

Der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), Prof. Dr. Thomas Straubhaar, fordert ein schnell wirkendes Konjunkturprogramm. Gegenüber der “Passauer Neuen Presse” vom 11. Dezember 2008 sagte er:

  • “Bis Aufträge zum Beispiel für einen Straßenbau nach europäischem Recht vergeben sind, mit Ausschreibungen, Geboten, Entscheidung, dauert es bis zum ersten Spatenstich sechs Monate, vier Monate, wenn man schnell ist.”
  • “Man darf jetzt keine Dinge wägen, die erst später im Jahr 2009 oder gar 2010 wirken.”

Gegenüber “Spiegel Online” äußerte sich der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Prof. Dr. Klaus Zimmermann, am 16. Dezember 2008 positiv über das geplante zweite Konjunkturpaket:

“In zahlreichen Berichten wurde schon thematisiert, dass die Regierung wohl weitere Konjunkturmaßnahmen ergreifen muss.”

Gleichzeitig warnte er aber davor, sich nur auf Konjunkturprogramme zur Krisenbewältigung zu verlassen:

  • “Auf lange Sicht werden Konjunkturpakete allein nicht ausreichen. Die Krise ist tief und schwierig.”
  • “Die Krise ist tief und schwierig. Es handelt sich nicht nur um eine Nachfrage Krise, sondern zumindest im Auto- und Finanzsektor auch um eine Strukturkrise.”

Prof. Rudolf Hickel, Wirtschaftsexperte und Direktor des Instituts für Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Universität Bremen, befürwortet das zweite Konjunkturpaket:

  • “Es ist richtig und wichtig, dass es überhaupt ein Konjunkturprogramm gibt – denn strenggenommen war das erste keines, sondern lediglich eine Ansammlung von Einzelmaßnahmen, die es sowieso gegeben hätte. Jetzt muss man endlich den Mut haben, ein richtiges Konjunkturpaket zu schnüren – auch wenn das Neuverschuldung bedeutet.”
  • “Das Programm muss vor allem unkompliziert und schnell realisiert werden.”

Dr. Rolf Krocker, Konjunkturexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gibt sich bedenklich:

  • “Ich habe jedoch Zweifel, dass man kurzfristig so viele Programme anleiern kann.”
  • “Besser wäre es, wenn die Regierung die Steuern senken und den Solidaritätszuschlag abschaffen würde. Allein der Soli brächte für die Bürger eine Entlastung von rund 13 Milliarden Euro, die sofort wirksam würde, zudem wäre es eine dauerhafte Maßnahme.”

Das Handelsblatt schreibt in einem Kommentar am 19. Dezember 2008:

  • “(…) denn das Einzige worauf sich die Große-Krise-Koalition in Berlin wohl sicher wird einigen können, ist ein Infrastrukturpaket. Mit Milliarden vom Bund sollen dann die ohnehin im Geld schwimmenden Kommunen die schlimmsten Mängel an Schulen und Straßenbau zuspachteln.”
  • “Die Preise für Bauleistungen werden kräftig steigen. Das hebt zwar die Stimmung am Bau, sorgt aber bei privaten Bauherren kaum für große Begeisterung.”

Der Wirtschaftsweise Prof. Dr. Peter Bofinger befürwortet in einem Interview mit der Onlineausgabe der Tagesschau am 15. Dezember 2008 öffentliche Investitionen in Straßenbau und Gebäudesanierungen:

  • “Das ist absolut ein adäquates Mittel, um die Konjunktur zu unterstützen. Kurzfristig bietet sich da der kommunale Bereich an. Alles, was etwa die Renovierung und energetische Modernisierung von öffentlichen Gebäuden angeht, kann sehr schnell umgesetzt werden. Da schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Energiesparende Gebäude schützen die Umwelt und mit renovierten Schulen und Universitäten wird auch etwas für den Bildungsstandort Deutschland getan.”
  • “Wichtig ist tatsächlich, dass man jetzt möglichst bald zu konkreten Maßnahmen kommt. Die Grundproblematik liegt ja auf der Hand. Einerseits herrscht bezogen auf das Jahr 2009 eine große Unsicherheit. Die Weltwirtschaft ist in eine gefährliche Abwärtsspirale geraten. Und deshalb sollte jetzt in jedem Land möglichst schnell alles dafür getan werden, die Nachfrage zu stabilisieren.”