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Windkraft an Land: Bitte Abstand nehmen!

Das positive Image erneuerbarer Energien beherrscht die deutsche Debatte. Dabei birgt die grüne Technologie ihre ganz eigenen, spezifischen Probleme. Prof. Dr. Manuel Frondel vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung gibt Aufschluss über aktuelle Erkenntnisse zu Vermögensverlusten bei Immobilien durch die Errichtung neuer Windparks.

Bei Technologien zur Stromerzeugung wird häufig Schwarz-Weiß- oder, besser gesagt, Schwarz-Grün-Malerei betrieben. So gelten konventionelle Technologien, vor allem Atom- und Kohlekraftwerke, als von vorgestern und gefährlich für Mensch und Umwelt. Auch deshalb ist das Ende der Atomkraft in Deutschland schon seit Langem beschlossen und auf das Jahr 2022 festgesetzt. Auch die Tage der Kohlekraftwerke scheinen mit der Empfehlung der „Kohlekommission“, den Kohleausstieg in Deutschland bis spätestens zum Jahr 2038 zu vollziehen, gezählt zu sein.

Andererseits werden sogenannte regenerative Technologien, insbesondere Photovoltaik- und Windkraftanlagen, überwiegend als scheinbar makellos angesehen und genießen große Sympathien bei der Mehrheit der Bevölkerung.

Dabei wird oft übersehen, dass auch regenerative Technologien erhebliche Nachteile aufweisen. Abgesehen von ihrem geringen Beitrag zur Versorgungssicherheit und ihrer mangelnden Kosteneffizienz, welche die Stromverbraucher mittlerweile mit über 25 Milliarden Euro pro Jahr teuer zu stehen kommt, bringt jede der grünen Technologien ihre spezifischen Probleme mit sich.

So sorgen Windkraftanlagen für Lärmbelästigung, gefährden Fledermäuse und Vögel und beeinträchtigen das Landschaftsbild. Und allein die bloße Existenz der Anlagen kann für gravierende Vermögensverluste bei den unmittelbaren Anwohnern sorgen, weil deren Grundstücke und Immobilien mit der Errichtung von Windkraftanlagen in ihrer Nähe erheblich an Wert verlieren. Die hohe Zahl von rund 1000 Bürgerinitiativen gegen die Windkraft, die es mittlerweile in Deutschland gibt, ist ein starkes Indiz für derartige negative externe Effekte.

Bis vor Kurzem fehlte allerdings eine systematische Untersuchung und Quantifizierung derartiger Vermögensverluste für Deutschland. Mit einer umfangreichen empirischen Studie hat nun das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung im vergangenen Jahr Evidenz dafür geliefert, dass Windkraftanlagen zu sinkenden Preisen von Einfamilienhäusern in ihrer unmittelbaren Umgebung führen können. Der Wert eines Hauses in einem Kilometer Entfernung zu einer Windkraftanlage sinkt demnach im Durchschnitt um gut 7 Prozent. Die Installation einer Windkraftanlage kann für Hausbesitzer folglich einen Vermögensverlust von mehreren Zehntausend Euro bedeuten.

Für die Studie hat das RWI 2,7 Millionen Verkaufsangebote ausgewertet, die zwischen 2007 und 2015 auf dem Online-Portal Immoscout24 erschienen sind. Die Auswirkungen auf Immobilienpreise wurden dabei mittels eines hedonischen Preismodells geschätzt, das neben vielen Eigenschaften der Häuser und der sozioökonomischen Umgebung die exakte Distanz zwischen den Windkraftanlagen und den betrachteten Einfamilienhäusern berücksichtigt.

Mit zunehmendem Abstand von der Windkraftanlage verringert sich der Effekt. Bei einem Abstand von acht bis neun Kilometern haben Windkraftanlagen nach der RWI-Studie keine Auswirkungen mehr auf die Immobilienpreise. Wie die RWI-Studie zudem zeigt, erleiden nicht alle Immobilien den gleichen Wertverlust: Am stärksten betroffen sind alte Häuser in ländlichen Gebieten. Hier kann der Wertverlust innerhalb eines Ein-Kilometer-Radius sogar 23 Prozent betragen. Dagegen verlieren Häuser in Stadtrandlage bei gleicher Entfernung zu einer Windkraftanlage kaum an Wert. Dies könnte daran liegen, dass in städtischen Gebieten Störungen des Landschaftsbildes oder Lärm weniger auffallen als auf dem Land.

Angesichts dieser Ergebnisse ist die derzeitige Diskussion um die gesetzliche Regelung eines pauschalen Mindestabstands beim Bau neuer Windräder von 1000 Metern zu Siedlungen mit einer Größe ab fünf Häusern nur allzu verständlich und die Politik sollte Konsequenzen daraus ziehen. Aktuell sind Investitionen in Windkraftanlagen an Land, von denen lediglich einige wenige profitieren, wofür aber alle privaten Stromverbraucher die Lasten zu tragen und worunter viele Anwohner in erheblichem Maße zu leiden haben, kein sozial verträgliches Modell für eine nachhaltige Stromversorgung. Daher sollte auf den weiteren Ausbau an Land vorerst gänzlich verzichtet werden, solange die Windkraft dort noch nicht wettbewerbsfähig ist.

Stattdessen sollte vermehrt auf den Ausbau der Windkraft vor den deutschen Küsten gesetzt werden. Wie die Gebote bei früheren Auktionsrunden verdeutlichen, gehen einige Investoren davon aus, dass sie bei Offshore-Windparks künftig ohne Subventionen in Form von Vergütungen für den ins Netz eingespeisten Windstrom auskommen werden. Und bei den weiten Abständen von den deutschen Küsten, die Offshore-Windparks einzuhalten haben, sind Wertverluste bei Immobilien in keinem Fall zu befürchten.

Sollte die Windkraft an Land ebenfalls eines Tages konkurrenzfähig sein, dann zeigen die aktuellen Schwierigkeiten bei der Installation neuer Windkraftanlagen überaus deutlich, dass künftig unbedingt dafür gesorgt werden muss, dass die negativen Auswirkungen auf die Anwohner möglichst gering ausfallen.

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