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Wie Unternehmen besser durch die Krise kommen

Die Dauer der Corona-Krise ist ungewiss. Das ist ein Problem bei der Berechnung des Umfangs staatlicher Hilfen. Gibt man jetzt zu viel, könnte bald die finanzielle Luft ausgehen, tut man zu wenig, kann der Aufschwung verzögert werden. Die Politik sollte deshalb den Unternehmen einen weiteren Weg anbieten, der zwischen einer Insolvenz und staatlichen Hilfen verläuft.

Unternehmen quer durch alle Branchen brauchen derzeit viel Liquidität. Entsprechend viele Programme legen Bundesregierung, Bundesländer und EU-Kommission auf. Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gibt es Kredite mit bis zu 100 Prozent Staatshaftung, für besonders wichtige Unternehmen hält der Wirtschaftsstabilisierungsfonds Geld für Beteiligungen parat, für kleine Unternehmen wurden bereits Zuschüsse ausgezahlt, weitere Zuschüsse werden auch für mittelgroße Unternehmen folgen. Hinzu kommen EU-Kredit- und Zuschussprogramme.

Je länger die Umsätze in der Wirtschaft ausfallen, umso schneller geraten Unternehmen und Staatshaushalte an ihre Grenzen. Schuldenbremse und Maastricht-Kriterien, die die Staatsverschuldung im Zaum halten sollen, gelten derzeit nicht. Auch bei den Unternehmen sind die Mechanismen ausgesetzt, die vor Corona bei Zahlungsunfähigkeit griffen. Mindestens bis Ende September besteht keine Insolvenzantragspflicht. Die Insolvenzwelle wird damit aber nur aufgeschoben. Staatliche Zuschüsse und KfW-Kredite können Umsätze nicht ersetzen, schon gar nicht auf Dauer.  

Es braucht daher für besonders betroffene Unternehmen ein Angebot, das nicht aus neuen Schulden besteht, sondern die bestehenden Schulden an die Corona-Lage anpasst. Dazu brauchen durch Corona in Schwierigkeiten geratene Unternehmen zunächst einen leichteren Zugang zu Verfahren, in denen sie sich sanieren beziehungsweise restrukturieren können. Und nach der Krise brauchen die Unternehmen einen leichteren Ausgang aus diesen Verfahren heraus, um ihre Geschäfte wieder aufnehmen zu können. Solche Verfahren nehmen nicht nur den Staat in die Pflicht, sondern auch die Gläubiger wie Vermieter und Banken. Sie verlangen allen etwas ab, möglichst ohne jemanden zu überfordern. Es geht darum, die staatlichen Programme zu entlasten und den in Not geratenen Unternehmen eine tragfähige Perspektive zu geben, wovon auf lange Sicht auch die Gläubiger profitieren.

Zudem geht es darum, Fehlanreize und Mitnahmeeffekte zu verringern. In „normalen“ Zeiten sollen Insolvenzen wehtun, damit Unternehmer sich nicht zu leichtfertig ihrer Schulden entledigen. Die Corona-Zeit ist aber keine normale Zeit. Die allermeisten Unternehmen sind nicht leichtfertig in Schwierigkeiten geraten und werden es bei einer klaren Befristung der Verfahren auch in Zukunft nicht.

Zwei Anknüpfungspunkte bieten sich an:

  • Zum einen sollte die EU-Restrukturierungsrichtlinie so schnell wie möglich in Bundesrecht umgesetzt werden. Österreich und die Niederlande machen es vor. So können Unternehmen schneller in ein Moratorium, in dem Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung ausgesetzt sind und bestimmte Rechte zur Leistungsverweigerung und Kündigung nicht gelten. 
  • Noch schneller könnten bestehende Verfahren wie das Schutzschirmverfahren an die Corona-Erfordernisse angepasst werden. Eine einstufige Eigenverwaltung würde den Zugang zu einem solchen Winterschlafverfahren vereinfachen. Ein besonderes Wiederkaufsrecht könnte die Wiederaufnahme der Geschäfte nach der Krise erleichtern.

Bei beiden Wegen sollten unabhängige Verwalter und Berater auch solche Unternehmen unterstützen, die für klassische Insolvenzverfahren zu klein sind. Auch das kostet Geld. Noch teurer wird es aber, wenn Tausende Unternehmen weiter Zuschüsse und Kredite erhalten, um dann im nächsten Frühjahr doch Insolvenz anzumelden.

Niemand weiß mit Sicherheit, wie stark der Virus besonders betroffene Branchen wie die Veranstaltungs- oder Reisebranche in den nächsten Monaten weiter einschränken wird. Am besten können noch die Unternehmer selbst einschätzen, wo sie Kosten sparen und ihr Angebot anpassen können und was sie sich, ihren Familien und ihren Mitarbeitern wie lange zumuten können. Die Politik sollte den Unternehmen einen weiteren Weg anbieten, der zwischen einer Insolvenz und staatlichen Hilfen verläuft. Entscheiden müssen dann am Ende die Unternehmen selbst, ob sie frühzeitig in den Winterschlaf gehen oder sich mit staatlichen Hilfen über Wasser halten. 

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