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Fahren Autos bald mit Wasserstoff?

Wasserstoff ist derzeit ein heiß gehandeltes Zukunftsthema. Ob Auto- oder Maschinenbauer, Energiewirtschaft, Chemie- oder Stahlindustrie: Viele Unternehmen setzen ihre Hoffnungen in das Gas und haben mit Spannung die Verabschiedung der „Nationalen Wasserstoffstrategie“ durch die Bundesregierung erwartet.

Wenn Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung Deutschlands spielen soll, wäre eine solche strategische Positionierung wichtig. Prozesse, die mit Strom aus erneuerbaren Quellen nicht oder nur mit extrem hohem Aufwand darstellbar sind, könnten künftig mit Wasserstoff funktionieren. Wasserstoff könnte in der Industrie, im Schwerlastverkehr, aber auch im Wärmesektor oder als Medium zur Speicherung oder zum Transport von Strom aus erneuerbaren Quellen eine Schlüsselrolle spielen. Die Voraussetzung dafür wäre, dass Produktionskapazitäten nebst der dazugehörigen Infrastruktur entstehen.

Wegen seiner hohen Energiedichte kam Wasserstoff bislang vor allem in der Luft- und Raumfahrt und in U-Booten zum Einsatz. Künftig könnte Wasserstoff auch im Individualverkehr Anwendung finden. Mit Wasserstoff betriebene Autos sind eine besondere Form von Elektroautos, da die darin verbauten Brennstoffzellen während des Fahrens Strom aus Wasserstoff erzeugen. Aktuell können Fahrzeuge mit einer Wasserstoffladung über 500 Kilometer weit fahren und haben damit in der Regel eine größere Reichweite als die gängigen Elektrofahrzeuge.

Vier Punkte sind entscheidend

Ob es zur Massenanwendung von Wasserstoffautos kommen wird, ist allerdings keineswegs eine ausgemachte Sache und hängt von einer Reihe von Faktoren ab.

Erstens: Eine ganz entscheidende technologische Voraussetzung ist, dass das als Katalysator in Brennstoffzellen verwendete teure Platin durch einen wesentlich günstigeren und weitaus verbreiteteren Katalysator ersetzt werden kann. Bei einer sprunghaft steigenden Verbreitung des Wasserstoffantriebs würde es zu einem erheblichen Mehrbedarf an Platin kommen, dessen Preis infolgedessen noch weiter steigen würde. Dabei ist das Edelmetall bereits heute seltener und teurer als Gold. Auch wenn es den Entwicklern gelungen ist, den Bedarf an Platin deutlich zu senken, und es durch Recycling außerdem möglich ist, in Brennstoffzellen verbautes Platin erneut einzusetzen, ist es schwerlich vorstellbar, dass Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzellen auf Platinbasis in die Massenfertigung gehen werden.

Zweitens: Wenn die technologische Voraussetzung des Einsatzes kostengünstiger Katalysatoren für Brennstoffzellen in ein bis zwei Jahrzehnten erfüllt sein sollte, wovon mit großem Zutrauen in die Erfindungskraft von Ingenieuren ausgegangen werden kann, ist derweil die Politik gefordert, das Henne-Ei-Problem zu lösen: Ohne eine ausreichend hohe Zahl an Wasserstofftankstellen wird es nicht zu einer massenhaften Verbreitung von Wasserstofffahrzeugen kommen, aber ohne eine Verbreitung dieser Fahrzeuge wird sich die Zahl an Tankstellen nicht ausreichend erhöhen. Ebenso wie bei den Elektroautos kann das Henne-Ei-Problem kaum anders gelöst werden als durch eine zeitlich sowie in ihrer Höhe begrenzte Subventionierung sowohl von Tanksäulen als auch von Wasserstofffahrzeugen.

Drittens: Bis die ersten beiden Voraussetzungen erfüllt sein werden, wird viel Zeit vergangen sein, in der die Elektrofahrzeuge wesentliche Vorsprünge in der Verbreitung von Fahrzeugen und in Bezug auf die Herstellungskosten erlangen werden. Gerade aber bei den Herstellungskosten ist die entscheidende Frage, ob Wasserstofffahrzeuge irgendwann einen Vorteil gegenüber Elektrofahrzeugen erlangen werden. Dies hängt sehr davon ab, wie sich die Kosten für Batterien für Elektrofahrzeuge entwickeln werden und ob die Herstellungskosten für Brennstoffzellen samt Katalysator plus den für die Speicherung des Wasserstoffs nötigen Tanks auf Dauer niedriger liegen werden als die Kosten für Batterien für Elektrofahrzeuge. Hier sind Zweifel angebracht: Beispielsweise ist die Speicherung von Wasserstoff kosten- und energieaufwendig und das geruchlose Gas muss in Hochdrucktanks gelagert werden, deren Betrieb im Schnitt 12 Prozent des Energiegehalts des Wasserstoffs verbraucht.

Viertens bilden auch die Kosten für die Herstellung von Wasserstoff eine wichtige Variable, die über die Zukunft von Wasserstofffahrzeugen entscheiden kann. Wenn Wasserstoff im großen Maßstab vor allem im Elektrolyseverfahren aus Strom gewonnen würde, wäre Wasserstoff notwendigerweise teurer als Strom und es wäre kostengünstiger, den Strom direkt in Elektrofahrzeugen zu verwenden. Nur wenn Strom im Überfluss vorhanden wäre, kann es sinnvoll sein, diesen in Form von Wasserstoff zu speichern.

Außerdem: Die Verwendung von Wasserstoff ist unter Umweltgesichtspunkten nur dann sinnvoll, wenn er nicht aus fossilen Brennstoffen wie Methan oder anderen Kohlenwasserstoffen gewonnen wird, sondern aus Biomasse oder im Elektrolyseverfahren, bei dem der dafür nötige Strom mithilfe erneuerbarer Energietechnologien erzeugt wird. Der durch Elektrolyse hergestellte Wasserstoff ist jedoch um ein Vielfaches teurer als der Strom, der dazu gebraucht wird.

Fazit

Die Verbreitung des Wasserstoffantriebs braucht, wenn sie sich im großen Maßstab überhaupt vollziehen wird, definitiv noch Zeit. Experten aus der Autobranche, wie etwa der Entwicklungschef von Toyota, gehen davon aus, dass noch bis zu 20 Jahre vergehen werden, bis die Brennstoffzelle ihren Durchbruch feiern könnte. Haupthindernis sind die hohen Kosten von Brennstoffzellsystemen. Auch wenn bereits einige Serienfahrzeuge auf den Markt kommen und immer mehr Hersteller nachziehen, bedeutet dies noch lange nicht, dass die Technologie bei der Masse der Autofahrer ankommen wird. Ob sie sich unter Klimagesichtspunkten als vorteilhaft erweisen wird, ist eine weitere entscheidende Frage.

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