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Weekender-Themen: Corona-Haushalt, Ökonomik, Aufschwung, Soziale Marktwirtschaft, Staatsreform

Jedes Wochenende empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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Hätte uns vor und ohne Kenntnis der kommenden Pandemie jemand gesagt, dass allein der Bund in den kommenden drei Jahren 450 Milliarden Euro zusätzliche Kredite aufnehmen wird, wir hätten eventuell vermutet, dass Deutschland in einen fatalen Krieg hineingezogen wird. Es ist ein Krieg mit einem für das bloße Auge unsichtbaren Feind geworden. Die finanziellen Folgen sind ähnlich. Welche Politik folgt daraus für die kommende Regierung? WELT-Redakteur Karsten Seibel hat das überschaubar optimistische Szenario aufgeschrieben.

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Braucht Lehre und Wissenschaft der Ökonomie mehr Geschichtsbewusstsein? Und falls ja, wie könnte diese Geschichte der ökonomischen Erkenntnis in die akademische Lehre integriert werden? Darüber haben diese Woche die beiden Ökonomen Stefan Kolev und Rüdiger Bachmann auf Einladung des Wissenschaftsnetzwerks NOUS auf Zoom diskutiert. Der eine (Kolev) ist glühender Verfechter von mehr historischem Ökonomiewissen, der andere (Bachmann) sieht die Gefahr, sich zu sehr in der Geschichte zu verlieren, anstatt pragmatisch auf Erkenntnisse und gegenwärtige Herausforderungen zu fokussieren. Die Diskussion jedenfalls war mit rund 100 Zuhörenden und Mitdiskutierenden gut besucht und lebendig, und sie lässt sich auf Facebook nachschauen und nachhören (Video startet leider erst einige Minuten nach Beginn der Veranstaltung).

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Nicht zurück, sondern nach vorne schaut der amerikanische Ökonom Kenneth Rogoff. Als Experte für Krisen ist der Ökonom (und Schachgroßmeister) mehr denn je ein gefragter Mann. Lisa Nienhaus und Jens Tönnesmann von der ZEIT haben ihn interviewt und gefragt, wann es mit der Wirtschaft wieder aufwärts gehen wird. Früher als erwartet, sagt Rogoff, zumindest in Asien und den USA. Und: „Die Pandemie hat nicht wie von vielen erwartet das Ende des Wachstums eingeläutet. Sie hat im Gegenteil viele gute Ideen freigesetzt und Trends beschleunigt.“

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Die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland hat ihren theoretischen Überbau bekanntlich der deutschen Ordnungsökonomik zu verdanken. Die aber gilt mittlerweile als verstaubt und international nicht anschlussfähig. Die Wissenschaftler Malte Dold und Tim Krieger plädieren in dem Paper „The ideological use and abuse of Freiburg’s ordoliberalism“ und zwei Blogbeiträgen auf Ökonomenstimme und (mit satirischem Einschlag) auf Wirtschaftliche Freiheit für eine Wiederbelebung durch Rückbesinnung auf das normative Bekenntnis zu liberalen Werten. Die Ordnungsökonomik baue, so Dold und Krieger, seit jeher auf einem normativen Bekenntnis zu liberalen Werten sowie einer moralischen und nicht nur ökonomischen Rechtfertigung von freien, offenen und wettbewerblichen Märkten auf. Und weiter: „Wir betrachten die Normativität des Ordoliberalismus als einen argumentativen Vorteil in aktuellen Debatten in und um Europa.“ – Ein Plädoyer sozusagen, sich zu seiner Ideologie zu bekennen.

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Würden wir hier und heute mitten in der dritten Corona-Welle stecken, wenn der Staat so wäre, wie wir ihn uns alle wünschen: zuverlässig, innovativ, effizient? Spekulation. Keine Spekulation: Der Staat ist so nicht. Thomas Heilmann, im Bundestag und in der CDU, ist einer von 64 AbgeordnetInnen und VerwaltungsexpertInnen, die einen Beitrag zum Buch „Neustaat“ geschrieben haben. Darin: Vorschläge für eine Reform staatlichen Handelns. Das klingt gut. Heilmann hat für die WELT aufgeschrieben, wie sich Politik und Verwaltung nach Corona verändern sollten. Nach dem Lesen („Wir müssen den Erfolg unserer Entscheidungen viel stärker kontrollieren“, „Gesetze brauchen einen Digital-TÜV“, „Wir sollten Beförderungsentscheidungen viel mehr als bisher nach fachlichen Kriterien treffen“) ist man ein wenig, aber auch nicht sehr viel schlauer, wie eine solche Staatsreform genau auszusehen hat. Auf der anderen Seite: Damit besser früher als später zu beginnen kann so falsch nicht sein.


Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen