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Weekender-Themen: Energiewende, Produktivität im Osten, Soziale Marktwirtschaft, Ökonomen-Ranking, Gustav Schmoller

Jedes Wochenende empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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Die Energiewende soll „sicher, sauber und bezahlbar“ sein, so wünscht es sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Bei zwei der drei Ziele sieht der Bundesrechnungshof dringend Handlungsbedarf. In einem Sonderbericht wirft der Rechnungshof dem Wirtschaftsministerium vor, die Energiewende unzureichend zu kontrollieren und mangelhaft zu steuern. Konkret: Es drohten unnötig hohe Strompreise und „reale Gefahren für die Versorgungssicherheit“. Eine Konsequenz, so der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, bei der Präsentation des Sonderberichts: „Der Bundesrechnungshof sieht die Gefahr, dass die Energiewende in dieser Form den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet und die finanzielle Tragkraft der Strom verbrauchenden Unternehmen und Privathaushalte überfordert.“ WELT-Wirtschaftsredakteur Daniel Wetzel hat den Sonderbericht hier zusammengefasst.

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Nach der Wiedervereinigung Deutschlands lag die Produktivität im Osten bei einem Drittel des Westens, mittlerweile sind es 80 Prozent. Ist das nun ein Erfolg, weil sich der Abstand deutlich verringert hat, oder ein Misserfolg, weil ein merklicher Unterschied noch drei Jahrzehnte nach der Einheit besteht? In seinem Wirtschaftsdienst-Beitrag „Der Ost-West Produktivitätsunterschied: Was sagt die mikroökonomische Forschung?“ beantwortet Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und Professor an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg diese Frage nicht. Aber er kennt die Ursachen für den Unterschied. Eine: Der verständliche politische Reflex, den Prozess des Strukturwandels abfedern zu wollen. „Ohne eine Bewertung dieser Politik vornehmen zu wollen, ist klar, dass sozial- und industriepolitische Maßnahmen das Potenzial haben, die optimale Allokation der Produktionsfaktoren in einer Region einzuschränken und somit die Produktivitätsentwicklung einer Region dauerhaft zu hemmen“, schreibt Müller in seinem Text, der Teil der Sonderveröffentlichung „30 Jahre Deutsche Einheit – Welche Lehren zieht die Wirtschaftsforschung?“ ist.

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Ein Linktipp quasi in eigener Sache: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung in Person der Berliner Wirtschaftskorrespondentin Julia Löhr berichtet über eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, die wir in Auftrag gegeben hatten. Wir wollten wissen, was die Deutschen von der Sozialen Marktwirtschaft halten. Das überraschende Ergebnis: In Pandemie-Zeiten ist das Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft so hoch wie lange nicht. Weniger überraschend: Die wichtigste Aufgabe in den kommenden Jahren sei, so sagt eine Mehrheit, dass es nach der Corona-Krise wirtschaftlich schnell wieder bergauf geht. Wer sich in die Allensbach-Umfrage vertiefen will: Hier als PDF die komplette Umfrage und hier ebenfalls als PDF die Präsentation, welche Allensbach-Chefin Renate Köcher bei der Pressekonferenz diese Woche vorgetragen hat. Und natürlich gibt es in digitalen Zeiten wie diesen auch die Pressekonferenz zum Nachschauen und Nachhören.  

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Wer ist der/die berühmteste ÖkonomIn aller Zeiten? Tom Coupé von der Universität von Canterbury im neuseeländischen Christchurch hat diese Frage mit der Hilfe von Google-Daten beantwortet. Friedrich Hayek (Platz 31) landet demnach deutlich hinter John Maynard Keynes (9), und Karl Marx (3) ist offensichtlich prominenter als Adam Smith (7). Und wer steht auf Platz 1? Steht auf S. 28 des Papers „Who is the Most Sought-After Economist? Ranking Economists Using Google Trends“.

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Gustav Schmoller, Gründervater und erster Vorsitzender des „Vereins für Socialpolitik, ein traditionsreicher Verein mit 4.000 Ökonominnen und Ökonomen aus dem deutschsprachigen Raum, hat es nicht auf Tom Coupés Liste (siehe oben) geschafft. Dabei wird er vermutlich in diesen Tagen des Öfteren gegoogelt. „Gerade  muss der Verein sein Verhältnis zu seinem Gründervater neu justieren“, schreibt Maja Brankovic in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In seinem Lehrbuch „Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre“, das aus dem Jahr 1900 ist, habe Schmoller ein ganzes Kapitel dem Thema „Die Rassen und Völker“ gewidmet. Darin schreibe der Ökonom über höhere und niedrigere Rassen, und den Juden attestiere Schmoller einen „Rassentypus“, den er mit Attributen wie edel, aber auch habsüchtig in Verbindung bringe, so Brankovic. Und: „Ein Verein, der modern, divers und attraktiv für neue, junge Mitglieder sein möchte, kann über solche Aussagen nicht hinwegsehen.“


Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen