Ordnungspolitik

Weekender-Themen: Schuldenrückzahlung, Digitalmacht, Gründerinnen, Wohnbedarf, Alterung

Jeden Freitag empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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„Es ist genügend Geld da, um die Transformation der Wirtschaft zu bewerkstelligen, auch ohne die Schuldenbremse auszutricksen“, sagt der Ökonom Lars Feld im Handelsblatt und macht den Vorschlag, die Höhe der Schuldenrückzahlung aus der Corona-Krise an die Konjunktur zu koppeln. Die nächste Bundesregierung könnte in schlechten Zeiten ihre Projekte dann trotzdem durchsetzen, weil die Rückzahlungen geringer ausfielen. Außerdem schlägt Feld grundsätzlich vor, die Tilgungsraten im Zeitverlauf steigen zu lassen.

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Die Digitalökonomie neigt zur Monopolbildung. Unter anderem wegen Netzwerkeffekten und Datenmacht. Die vier großen Internetkonzerne Google, Apple, Facebook und Amazon haben inzwischen eine Marktkapitalisierung von mehr als 6 Billionen Euro erreicht. Zur Eindämmung der Marktmacht haben sich die EU-Staaten nun auf eine gemeinsame Linie verständigt. Das Gesetz über digitale Dienste (Digital Markets Act, DMA) soll sicherstellen, dass sich jene Unternehmen, die als Torwächter (Gatekeeper) definiert werden, fair verhalten. Tun sie das nicht, drohen Strafen, die in die Milliarden gehen können. > Überblicksartikel hier

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Nur bei 16 Prozent der Start-up-Gründungen in Deutschland sind Frauen beteiligt. Claudia Gather und Ingrid Biermann gehen im aktuellen Wirtschaftsdienst der Frage nach, warum der Anteil so gering ist. Ein Grund: fehlende finanzielle Sicherheit nach der Geburt eines Kindes. So erhalten selbstständige Frauen kein Mutterschaftsgeld. Elterngeld steht Selbstständigen zwar zu, allerdings liefen die Kosten für das Unternehmen weiter und Aufträge könnten in der Zeit nach der Geburt verloren gehen sowie Kunden und Kundinnen abspringen. Die Orientierung des bundesrepublikanischen Sicherungssystems an der abhängigen Erwerbsarbeit sei für selbstständige Frauen, insbesondere wenn sie klein und allein starten, problematisch, so die Autorinnen.

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Immobilien sind immobil, Menschen mobil. Das kann zum Problem werden, wenn sich die Bedürfnisse vieler Menschen gleichgerichtet ändern. „In vielen ländlichen Regionen drohen in den nächsten Jahren massiver Leerstand und Verfall“, sagt Ralph Henger, Immobilienökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft. Jeder zweite Kreis in Deutschland baue derzeit mehr Wohnungen als notwendig, heißt es in einem Gutachten im Auftrag der Deutschen Reihenhaus AG. Gleichzeitig werde die Bevölkerung in 209 von insgesamt 401 deutschen Kreisen in den kommenden Jahren schrumpfen. Anders sei es in den Ballungszentren, so Henger. Der Ökonom rechnet damit, dass es in den nächsten Jahren weiterhin viele Menschen in die Großstädte ziehen wird. Zwar würden mehr Deutsche mobil arbeiten und seltener pendeln, aber die grundsätzliche Orientierung an einer Stadt ändere sich nicht. Dadurch müssten allein in den sieben größten deutschen Städten bis 2025 rund 58.100 Wohnungen jährlich neu entstehen. Henger: „Um den Wohnungsmangel zu beseitigen, muss in den nächsten Jahren in vielen Großstädten und in deren Umland deutlich mehr als bisher gebaut werden.“

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Die Auswirkungen der Alterung der Gesellschaft zeigen sich nicht zuletzt in den Sozialversicherungen. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, drohen im Jahr 2035 die Sozialversicherungsbeiträge fast die Hälfte des Einkommens der Erwerbstätigen auszumachen. Zuzüglich Lohnsteuern bliebe ihnen damit ein immer kleinerer Teil ihres Verdienstes. Andreas Esche, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung, warnt vor einer gefährlichen Belastungsprobe für Staatsfinanzen und Sozialsysteme: „Die Veränderungen kommen schleichend und verschleiern den Zeitdruck für notwendige Reformen.“


Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen