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Weekender-Themen: Sowjetunion, Gundela Roßbach, Robert Habeck, Neoliberalismus, Wirtschaftswissen

Jeden Freitag empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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Altlasten der sozialistischen Ordnung: Die Sowjetunion ist vor drei Jahrzehnte in 15 Staaten aufgegangen. Wie geht es diesen Ländern heute? Stefan Kolev und Ralph M. Wrobel, Professoren für Volkswirtschaftslehre an der Westsächsischen Hochschule Zwickau, gehen in der FAZ dieser Frage nach. Die Bilanz ist ernüchternd: Die Herrschaft der Kommunistischen Partei wurde vielfach durch hybride politische Systeme ersetzt. Abgesehen von den drei baltischen Staaten, dominieren in den meisten anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion staatlich gelenkte oder sonstige gemischte Formen des Kapitalismus. ”Die Last der Planwirtschaft und ihrer totalitären Staatlichkeit wiegen auch 30 Jahre nach ihrem Kollaps schwer”, schreiben die Ökonomen. 

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Was Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung (DRV), im Interview mit dem Handelsblatt sagt, passt nicht so recht zu manch verbreiteter Vorstellungen über die gesetzliche Rentenversicherung. Zum Beispiel dies: “Das verfügbare Einkommen der Generation 65 plus liegt bei uns bei 89 Prozent des durchschnittlichen Einkommens der Gesamtbevölkerung, deutlich höher als in Schweden. Und die relative Armutsquote der Älteren in Deutschland liegt fast ein Drittel unter dem OECD-Durchschnitt und ist anders als in Schweden in den letzten 20 Jahren auch nicht angestiegen.‟ – So viel steht jedenfalls fest: Die gesetzliche Rente hat Zukunft – wenn die Politik sie zukunftsfest macht.

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Habeck im FAS-Interview: Ralf Bollmann und Maja Brankovic von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung haben mit Robert Habeck über seine Pläne als Wirtschaftsminister gesprochen. Um die erneuerbaren Energien schneller auszubauen, sollen sie im Planungrecht Vorrang vor anderen Schutzgütern bekommen, Solardächer sollen auf alle Neubauten (auch auf Einfamilienhäuser), und Strom günstiger werden (“Wir schaffen die EEG-Umlage faktisch ab”). Und Habeck zeigt auch Geschichtsbewusstsein: “Das Wirtschaftsministerium spielte für die Geschichte der Bundesrepublik immer wieder eine konstitutive Rolle, angefangen mit der Positionierung Deutschlands als Sozialer Marktwirtschaft zu einer Zeit, als zwischen Kapitalismus und Sozialismus alles offen war. Die Soziale Marktwirtschaft ist von hier aus durchgesetzt worden.“ Habek und das Wirtschaftsministerium – wir sind sehr gespannt, was aus dieser Verbindung wird.

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Rodkrik und der Neoliberalismus: Dani Rodrik hat den Begriff “neoliberal” lange gemieden, schreibt der Ökonom und Bestsellerautor auf seinem Blog. Es sei zu unklar, was damit eigentlich gemeint ist. Er werde vor allem als Kampfbegriff verwendet. Jetzt hat Rodrik seine Haltung geändert und den Text “Rescuing Economics from Neoliberalism” für den Boston Review geschrieben. “As we heap scorn on neoliberalism, we risk throwing out some of neoliberalism’s useful ideas,” schreibt Rodrik. – Kluger Lesestoff für die Feiertage. 

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Wie gut ist die deutsche Bevölkerung über wirtschaftliche Fakten informiert? Die “Fehlwahrnehmungen sind groß” in Deutschland, schreiben im aktuellen Wirtschaftsdienst die Ökonomen Friedrich Heinemann, Sebastian Blesse und Tommy Krieger (alle vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung). Das hat Folgen. “Aus gesellschaftlicher Sicht besteht dann ein Problem, wenn die Präferenzbildung der Wähler:innen durch mangelndes Wissen um wirtschaftspolitische Fakten und Zusammenhänge oder gar durch systematisch verzerrte Wahrnehmungen beeinflusst wird, denn durch systematische Informationsdefizite können die ökologischen, ökonomischen und finanziellen Restriktionen unserer Gesellschaft nicht angemessen beurteilt werden. Möglicherweise unterbleiben aufgrund solcher Defizite auch Reformen oder werden kostspielig verzögert”, schreiben die Ökonomen. Beispiele für Wissenslücken: Die Deutschen schätzen die Arbeitslosenquote auf im Schnitt 20 Prozent und den Anteil der im Ausland geborenen Personen auf 30 Prozent. Tatsächlich liegen diese Anteile bei ca. 4 beziehungsweise ca. 15 Prozent. Auch bei Fragen der Vermögensverteilung ist die Unkenntnis groß. Es wird geschätzt, dass das reichste Prozent der deutschen Bevölkerung 59 Prozent des Gesamtvermögens besitzt. In Wirklichkeit liegt dieser Anteil bei 30 Prozent. Schwacher Trost: Im Vergleich mit fortgeschrittenen Volkswirtschaften ragniert Deutschland im Mittelfeld.

🌲Wir wünschen eine gute Weihnachtszeit!🌲


Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen