Weekender

Weekender-Themen: Umweltschutz, Mindestlohn, Rente, FDP, EZB

Jeden Freitag empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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Imperfekter Markt vs. imperfekte Politik – „Die umweltpolitischen Ziele der neuen Regierung folgen einer grünen politischen Ökonomie, die sich in zwei Sachen sehr sicher ist“, schreibt in der WELT der Ökonom Justus Enninga. „Erstens: Individuen auf Märkten sind verantwortlich für die vielfältigen ökologischen Probleme, weil der Markt sie zu rationalen Egoisten macht. Zweitens: Individuen in der Politik sind in der Lage, die vielfältigen ökologischen Probleme zu lösen.“ Das aber sei gleich doppelt falsch, so Enninga. Erstens seien auf realen Märkten Menschen nicht ausschließlich auf ihren eigenen Nutzen bedacht. Zweitens setze nicht nur der Markt Anreize, sondern auch die Politik – und nicht immer zum Guten. „Eine ehrliche grüne politische Ökonomie sollte daher nicht die makellose Politik mit dem fehlerhaften Markt vergleichen, sondern den imperfekten Markt mit der imperfekten Politik: Wer von Umweltschutz spricht, darf von ökologischem Staatsversagen nicht schweigen.“

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Kritik an Mindestlohn-Plänen – Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat angekündigt, bald einen Gesetzentwurf vorzulegen, um den gesetzlichen Mindestlohn schon in diesem Jahr auf zwölf Euro anzuheben. Doch der Widerstand nimmt zu. Unter anderem sei die Tarifautonomie in Gefahr, so die Kritiker. Sophie Crocoll hat in der Wirtschaftswoche die kritischen Stimmen gesammelt.

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Generationenungerechter Koalitionsvertrag – „Die Verdrängung des demografischen Wandels als eine große Bedrohung für die finanzielle und soziale Nachhaltigkeit der Alterssicherung in Deutschland erinnert an die Verdrängung des Klimawandels noch bis vor ganz Kurzem“, schrieb bereits vor einigen Tagen in der FAZ der Ökonom Axel Börsch-Supan. Einen Verweis darauf, dass die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund des demografischen Wandels vor der größten Herausforderung seit Bismarck steht, suche man im Koalitionsvertrag vergebens, so der Direktor des Munich Center for the Economics of Aging. Stattdessen setze der Koalitionsvertrag auf eine Scheinlösung, in dem die Rentnergeneration dauerhaft von den Folgen des demografischen Wandels verschont werden solle. Im Koalitionsvertrag heißt es nämlich: „Wir werden das Mindestrentenniveau von 48 Prozent dauerhaft sichern.“ Damit aber könne der 2005 eingesetzte generationengerechte Nachhaltigkeitsfaktor nicht dauerhaft umgesetzt werden. Der nämlich dämpft den Beitragssatzanstieg für die jüngere Generation dadurch, dass gleichzeitig das Rentenniveau abgesenkt wird. Börsch-Supan: „Die Lasten des demografischen Wandels werden einseitig auf die jüngere Generation verschoben, die zudem den Klimawandel und den aufgestauten Bedarf an Infrastrukturinvestitionen finanzieren muss.“ – Ob das die junge Wählerschaft von Grünen und FDP bei ihrer Stimmabgabe wollte?

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Wie viel Staatseingriff will die FDP? – „Wir werden frei geboren, um frei zu sein“, zitiert Gerhart Baum im Handelsblatt die politische Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt. Der FDP-Politiker Gerhart Baum, von 1978 bis 1982 Bundesinnenminister, setzt sich mit dem Verhältnis von Freiheit und Staat seiner Partei, der FDP, auseinander. Liberale, so Baum, würden ihre Entscheidungen stets einer strikten Freiheitsverträglichkeitsprüfung unterziehen. Einschränkungen seien nur das letzte Mittel. Aber für dieses letzte Mittel habe sich seine Partei in der Vergangenheit sowohl beim Umweltschutz wie auch bei der Pandemiebekämpfung nicht immer starkgemacht. „Die FDP hat jetzt die Chance, ihr Freiheitsprofil zu schärfen“, so Baum. – Ob eine FDP in Regierungsverantwortung Zeit, Energie und Lust auf eine solche Debatte hat? 

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Das gefährliche Experiment der EZB – Die Europäische Zentralbank hält bisher an ihrem expansiven Kurs fest, trotz steigender Inflation. Dabei beruft sich die Notenbank unter anderem auf ihre Prognosen, wonach die Inflation vorübergehend sei. In der Vergangenheit hätten sich allerdings häufig diese Prognosen als unzutreffend erwiesen, schreiben auf Ökonomenstimme die Ökonomen Christian Conrad, Zeno Enders und Gernot Müller. Man könne über die Motive der EZB nur spekulieren. Möglicherweise diene die Versicherung der EZB, die Inflation sei zeitlich befristet, dazu, die Inflationserwartungen zu dämpfen. Eine solche moderate Inflationserwartung sei für eine funktionierende Geldpolitik hilfreich. Sollten sich die Versicherungen der EZB aber nicht bewahrheiten, könnten sie genau das Gegenteil bewirken. „Letztlich setzt die EZB somit ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel“, so die Ökonomen.


Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen