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Ausgleich: Ja, Klimasozialfonds: Nein

Der Emissionshandel für CO2-Ausstoß in Europa könnte auf die Sektoren Verkehr und Gebäude ausgeweitet werden. Das würde vor allem einkommensschwache Haushalte belasten. Ein Ausgleich ist deshalb sinnvoll, ein Klimasozialfonds aber keine gute Idee. 

Das EU-Parlament diskutiert aktuell darüber, neben dem bestehenden Europäischen Emissionshandel ein zweites Emissionshandelssystem zu etablieren. Es soll die Sektoren Verkehr und Gebäude umfassen und dort den Einsatz fossiler Energie zum Zweck der Treibhausgasminderung verteuern. Höhere Preise für Kraft- und Brennstoffe wären die Folge. Dies würde einkommensschwache Haushalte über Gebühr belasten, weil sie in der Regel einen höheren Anteil ihres Einkommens für ihren Energiebedarf aufzuwenden haben, insbesondere zu Heizzwecken, als einkommensstarke Haushalte.

Einen sozialen Ausgleich für solche klimapolitischen Lasten zu schaffen wäre in Deutschland längst angebracht, weil mit dem seit dem Jahr 2021 existierenden nationalen Brennstoff-Emissionshandel bereits eine Verteuerung von Brenn- und Kraftstoffen zum Zweck des Klimaschutzes einhergeht, die unter dem Begriff CO2-Bepreisung firmiert. Tatsächlich diskutieren Politiker und Wissenschaftler bereits seit geraumer Zeit über soziale Ausgleichsmaßnahmen für die aus der CO2-Bepreisung resultierenden Belastungen. Diese sollen aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) finanziert werden. In ihn fließen die Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung, ebenso wie die Erlöse aus der nationalen Versteigerung von Zertifikaten des EU-Emissionshandels an der Leipziger Strombörse.

„Intransparente Umverteilungsmechanismen gibt es in der Europäischen Union bereits mehr als genug.“

Um Stromverbraucher zu entlasten, möchte die Politik nun baldmöglichst mithilfe der Gelder des Energie- und Klimafonds die EEG-Umlage zur Förderung regenerativer Stromerzeugungstechnologien abschaffen. Eine direkte Ausgleichszahlung wie das von den Grünen im Wahlkampf geforderte Energiegeld ist aktuell nicht geplant. Stattdessen werden vielfach Maßnahmen gefördert, die einkommensschwachen Haushalten weniger zugutekommen, etwa indem Elektromobilität oder Wärmedämmmaßnahmen subventioniert werden. Einen breit angelegten Ausgleichsmechanismus, der insbesondere einkommensschwache Haushalte spürbar entlastet, gibt es noch immer nicht. Dieses Versäumnis ist angesichts der gerade explodierenden Energiepreise besonders bedauerlich. Künftig aber dürfte ein solcher Ausgleichsmechanismus für die Akzeptanz jeglicher Maßnahmen zur Treibhausgasminderung unverzichtbar sein.

Vor diesem Hintergrund erscheint es auf den ersten Blick begrüßenswert, dass auch die EU-Kommission einen sozialen Ausgleich für die aus ihrer ambitionierten Klimapolitik erwachsenden Lasten schaffen möchte — durch Gründung eines Klimasozialfonds, in den die Einnahmen aus dem zweiten, noch zu etablierenden Emissionshandel fließen sollen. Zumindest ein Teil der Gelder des Fonds soll an die ärmsten Haushalte in der Europäischen Union zurückgezahlt werden. Darüber hinaus sollen langfristige Investitionen wie Gebäudesanierungen oder die Förderung von grüner Mobilität aus diesem Klimasozialfonds finanziert werden.

EU-weite CO2-Bepreisung gute Idee

Sicherlich wäre die möglichst rasche EU-weite CO2-Bepreisung fossiler Brenn- und Kraftstoffe durch die Etablierung eines zweiten EU-Emissionshandelssystems, in dem die nationalen Bepreisungssysteme aufgehen sollten, ein wichtiger Schritt in Richtung einer effektiven und kosteneffizienten Minderung von Treibhausgasen. Allerdings sollte auf die Gründung eines Klimasozialfonds aus zahlreichen Gründen verzichtet werden. Erstens würde damit ein intransparenter und demokratisch nicht legitimierter Umverteilungsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten in Gang gesetzt. Intransparente Umverteilungsmechanismen gibt es in der Europäischen Union ohnehin bereits mehr als genug. Zweitens liegt in der Europäischen Union die Sozialpolitik aus guten Gründen in der nationalen Verantwortung der Mitgliedstaaten, denn die Institutionen und Mechanismen der Sozialpolitik sind historisch gewachsen und spiegeln unterschiedliche Präferenzen und Zugänge wider.

Wenn die Erhebung einheitlicher CO2-Preise in Europa dazu führt, dass einkommensschwächere Haushalte besonders stark belastet werden, dann sind die nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten gefordert, diese Härten entsprechend den länderspezifischen Erfordernissen abzufedern. Gerade die Unterschiede in den Lohnniveaus und Lebenshaltungskosten sprechen für nationale Ausgleichsmechanismen und gegen einen europäischen Klimasozialfonds. Für die Unterstützung einkommensschwacher Regionen in der Europäischen Union existieren bereits umfangreiche Förderprogramme. Ihnen sollte kein weiterer Umverteilungsmechanismus hinzugefügt werden, selbst wenn er noch so gut gemeint ist.

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