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Weekender-Themen: Digitalisierung, Marktwirtschaft, Gasimporte, Erbschaftsteuer, Diktatur

Jeden Freitag empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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Todsünden der Digitalisierung – Deutschland hat in den vergangenen 20 Jahren die entscheidenden Weichenstellungen bei der Digitalisierung verpasst, sagen die beiden Manager Cornelius Boersch und Thomas Middelhoff in der Berliner Zeitung. In ihrem Gastbeitrag benennen Boersch und Middelhoff „zehn Todsünden der Digitalisierung in Deutschland“ und kommen zu dem Schluss: „Wir glauben an Europa und an das Potenzial, das in der europäischen Union schlummert. Aber ob nun mit oder ohne Europa als Partner, wir haben nur eine Möglichkeit, um unser heutiges Wohlstandsniveau in der Zukunft aus eigener Kraft zu halten: Wir müssen in der nächsten Generation zu den führenden Wissensnationen dieser Welt zählen.“

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„I love Capitalism“ – Der Historiker und Soziologe Rainer Zitelmann sieht eine Entwicklung weg von der der Marktwirtschaft in Richtung Planwirtschaft. Im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung sagt er: „Der Trend geht zu mehr Interventionismus. Zwar bekennt sich in Worten praktisch jeder zur sozialen Marktwirtschaft, auch Sahra Wagenknecht von der Linken. Aber Ludwig Erhard, der diese Prinzipien in Deutschland umgesetzt hat, würde sich im Grab umdrehen, wenn er erführe, was die Leute heute als Marktwirtschaft bezeichnen.“ Warum gibt es diesen Trend? „Die Leute vergessen irgendwann den Grund für den Erfolg. Zudem hatte man in den 1980er-Jahren noch direkt vor Augen, dass die Planwirtschaft überall scheiterte. Jetzt haben wir einige Jahrzehnte Abstand, und die jungen Menschen wissen kaum etwas darüber, weil sie auch in der Schule viel über die vermeintlichen Übel des Kapitalismus, aber wenig über das Versagen aller sozialistischen Experimente erfahren.“

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Russisches Gas nicht alternativlos – Wie abhängig ist Deutschland von den Gasimporten aus Russland? Jedenfalls nicht so stark, dass sich das nicht ändern lassen würde, argumentiert auf der Website vom Thinktank IREF Fabian Kurz. „Sowohl kurzfristig als auch langfristig kann die Erdgasnachfrage auch ohne russische Importe gedeckt werden. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Frage des Preises, den vor allem die europäischen Konsumenten zahlen werden. Der Import russischen Gases ist nicht, wie einige deutsche Politiker suggerieren, alternativlos.“

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Wie gerecht ist Erben? – Als Argument für die Erbschaftsteuer gilt gemeinhin, dass eine solche Steuer die soziale Ungleichheit verringere. Zwei Studien nähren Zweifel an diesem Argument. Eine Studie zeigt für Australien (erhebt seit 1979 keine Erbschaftsteuer mehr), dass Erbschaften und Schenkungen die relative Vermögensungleichheit unterm Strich nicht verringern. Ein Grund: Gemessen an der Höhe des bereits vorhandenen Vermögens erhielten die weniger wohlhabenden Menschen im Durchschnitt einen viel größeren Zuwachs durch Erbschaften. Bei den ärmsten 20 Prozent war er etwa 50-mal so hoch wie bei den reichsten 20 Prozent. Ein weiterer Grund: Kinder haben in der Regel eine ähnliche relative Vermögensposition wie ihre Eltern. Erbschaften tragen dazu nur in bescheidenem Maße bei. Der Hauptteil kommt von anderen Dingen, die Eltern ihren Kindern mitgeben: etwa Bildung, Netzwerke und Werte. Eine weitere Studie kommt für Norwegen (schaffte die Erbschaftsteuer 2014 ab) zu dem Schluss, dass für die Vermögensverhältnisse im Land Erbschaften keine große Rolle spielen. Die beiden Studien hat Maja Brankovic auf Fazit – das Wirtschaftsblog zusammengefasst.  

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Anleitung für Diktatoren – Wie wird aus einer Demokratie eine Diktatur? Thomas Apolte von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat eine „Anleitung für Diktatoren“ geschrieben. Sie zeigt erschreckend systematisch den Weg vom Populisten zum Diktator. Mit seiner „Anleitung“ will Apolte aber vor allem eines zeigen: der Weg ist kein zwangsläufiger. Am Ende seiner Anleitung schreibt der Inhaber des Lehrstuhls für Ökonomische Politikanalyse: „Die meisten von uns wollen weder Diktator werden, noch wollen sie unter einem solchen leben. Was ist diesen Menschen anzuraten? Im Prinzip sollten auch sie die Anleitung zur Zerstörung einer Demokratie sorgfältig lesen. Denn, wenn man einem IKEA-Kunden nur ein paar entscheidende Schrauben oder gar den berühmten Inbus-Schlüssel wegnimmt, dann kann er keinen Schrank mehr zusammenbauen. Bei Möchtegern-Diktatoren ist das im Detail durchaus komplexer, aber im Prinzip läuft es auf dasselbe hinaus: Wenn man einem Möchtegern-Diktator das Handwerk legen will, muss man ihm seine Werkzeuge wegnehmen; und weil er jedes der in den zehn Schritten beschriebenen Werkzeuge für sein Projekt braucht, muss man ihm gar nicht so viel wegnehmen, um sein Projekt zunichtezumachen.“   


Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen