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Abschaffung des Solidaritätszuschlags überfällig

Der Soli wurde vor mehr als drei Jahrzehnten erstmals eingeführt. Warum es höchste Zeit ist, ihn abzuschaffen. 

Der Bundesfinanzhof wird voraussichtlich Ende Januar entscheiden, ob die Erhebung des Solidaritätszuschlags (Soli) seit dem Jahr 2020 verfassungswidrig ist. Sollte der Bundesfinanzhof zu diesem Schluss kommen, würde das Verfahren an das Bundesverfassungsgericht weitergereicht werden, das dann endgültig entscheiden muss. Im Fall der Verfassungswidrigkeit würde dem Gesetzgeber eine Frist gesetzt werden für eine Neuregelung oder eine Abschaffung des Solis.

Der Soli wurde im Jahr 1991 als Ergänzungsabgabe auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer insbesondere zur Finanzierung der Förderung der ostdeutschen Bundesländer eingeführt. Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 und damit dem Ende der Sonderzahlungen an die neuen Bundesländer hatte der Soli eigentlich seine Schuldigkeit getan. Die damalige Bundesregierung schaffte den Soli allerdings nicht ab, sondern erhöhte im Jahr 2021 lediglich die Einkommensfreigrenze, ab der der Soli in der Einkommensteuer erhoben wird. Somit besteht der Soli weiterhin als Zusatzabgabe für juristische Personen – vor allem Kapitalgesellschaften – über die Körperschaftsteuer, auf Kapitalerträge über die Abgeltungssteuer und für natürliche Personen mit einem zu versteuernden Einkommen oberhalb von 65.000 Euro im Jahr (bei Alleinveranlagung).

„Die Abschaffung des Solis könnte neue angebotsseitige Wachstumsimpulse schaffen.“

Die Kläger vor dem Bundesfinanzhof sind der Ansicht, dass der Zweck der Erhebung des Solis weggefallen sei und dass die aktuelle Erhebung gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes verstoßen würde. Fakt ist nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (2020), dass seit dem Jahr 2021 nur noch weniger als 10 Prozent der Einkommensteuerzahler weiterhin den Soli zahlen müssen. Das machte ungefähr 3,7 Millionen Personen aus, die über der neu gesetzten Einkommensfreigrenze lagen. Hinzu kommen Personen, deren Kapitalerträge über dem Sparerfreibetrag liegen. Somit sind Arbeitnehmer, Rentner oder Selbstständige mit Kapitalerträgen auch bei eher geringen oder durchschnittlichen Erwerbseinkünften oder Rentenbezügen weiter vom Soli betroffen. Dies betrifft zusätzlich schätzungsweise 2,2 Millionen Personen. Insgesamt zahlten damit im Jahr 2021 knapp 6 Millionen weiterhin den Solidaritätszuschlag auf zumindest einen Teil ihres Einkommens. Hinzu kommen mehr als 500.000 Unternehmen, die den Solidaritätszuschlag unverändert als Aufschlag auf die Körperschaftsteuer zahlen müssen.

Insgesamt muss der Unternehmenssektor – Kapitalgesellschaften sowie Einzel- und Personenunternehmen, die der Einkommensteuer unterliegen – mehr als die Hälfte des Aufkommens aus dem Solidaritätszuschlag bestreiten. Vor der Anhebung der Einkommensfreigrenze lag der Anteil bei weniger als einem Drittel. Laut Steuerschätzung aus dem Oktober 2022 wird das Aufkommen des Solis im Jahr 2023 bei 12,5 Milliarden Euro liegen. Davon werden dann schätzungsweise 7 Milliarden Euro auf Unternehmen entfallen.

Unabhängig davon, wie Bundesfinanzhof und Bundesverfassungsgericht entscheiden werden, wäre die Abschaffung des Solis überfällig. Nicht nur der Verwendungszweck dieser Ergänzungsabgabe ist seit dem Jahr 2019 entfallen, auch die vorwiegende Belastung des Unternehmenssektors ist vor dem Hintergrund der im internationalen Vergleich hohen Unternehmenssteuerbelastung in Deutschland investitions- und wachstumsschädlich. Eine kürzlich erschienene Studie des ZEW (2023) bescheinigt dem Steuerstandort Deutschland im Ländervergleich von 21 Industrienationen den vorletzten Platz, wenn es um Standortattraktivität für Familienunternehmen geht. Die Abschaffung des Solis könnte die Standortattraktivität spürbar erhöhen und neue angebotsseitige Wachstumsimpulse schaffen.


Literatur

Beznoska, Martin/Tobias Hentze. 2020. Auswirkungen der Reform des Solidaritätszuschlags auf die Steuerzahler. Berechnungen anhand ausgewählter Fallbeispiele. Kurzgutachten im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Februar 2022: Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln.

Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.). 2023. Länderindex Familienunternehmen. 9. Auflage. ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim/München.


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