Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , ,

Föderale Finanzbeziehungen oder das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit

Fast alle Gesetze, die der Deutsche Bundestag beschließt, haben finanzielle Auswirkungen auf alle Gebietskörperschaften im föderalen Deutschland: die Kommunen, die Länder und den Bund. Meistens sind die Kommunen die Verlierer im Kuhhandel zwischen Bundestag und Bundesrat, wenn im Vermittlungsausschuss mehr oder weniger faule Kompromisse ausgehandelt werden. Das „Konnexitätsprinzip“, das die Aufgabenwahrnehmung und die Ausgabenverantwortung auf derselben Staatsebene sicherstellen soll, wird deshalb häufig zu Lasten der kommunalen Gebietskörperschaften außer Kraft gesetzt. Anschaulicher formuliert steht Konnexität für den Grundsatz: „Wer bestellt, bezahlt!“ Weil aber die Gemeinden, Städte und Landkreise im Vermittlungsverfahren immer am Katzentisch sitzen, also überhaupt nicht beteiligt sind, handeln Länder und Bund gerne Kompromisse zu ihren Lasten aus. Würden die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden transparenter organisiert, wäre viel für das Prinzip Verantwortung und Haftung getan. Aus meiner Sicht gehört dazu zuerst und vor allem die vollständige Abschaffung der Kameralistik. Denn sie bildet nur die Zahlungsströme im laufenden Jahr ab und stellt keine saubere Bilanz mit Rückstellungen für Pensionen und Abschreibungen auf das Anlagevermögen (Straßen, öffentliche Gebäude etc.) dar. Von exakter Kostenzuordnung keine Spur!

Zum Prinzip Haftung und Verantwortung gehörte aber auch ein Steuerrecht, bei dem die Ebene, die öffentliche Aufgaben  umsetzt, auch in der Einnahmenmitverantwortung steht. Deshalb plädiere ich für das Recht der Kommunen, auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer einen eigenen Steuersatz als Zuschlag zu erheben. Eine Stadt, die sich mehr leistet als andere, müsste dafür der eigenen Bevölkerung und den Unternehmen auch die höhere Steuerrechnung präsentieren. Dafür könnte die Gewerbesteuer entfallen. So wüchse der verantwortlichere Umgang mit den Steuereinnahmen, weil man mit dem Finger nicht nur „auf die da oben“ zeigen könnte, sondern selbst für den kommunalen Zuschlagssteuersatz politisch den Kopf hinhalten müsste.

Und der horizontale Länderfinanzausgleich, der jedes Jahr rund 7 Milliarden Euro zwischen armen und reichen Ländern umverteilt, gehört abgeschafft. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen (und ein bisschen noch Hamburg) alimentieren die anderen Bundesländer. Nach Finanzausgleich sind starke Bundesländer plötzlich nur noch im hinteren Drittel platziert. Das ist leistungsfeindlich. Und schwache Länder haben keinen Anreiz, ihre Wirtschaftskraft zu stärken, weil der Mehrertrag im nächsten Jahr sofort beim Finanzausgleich abgezogen wird. Ein Irrsinn!

Von einer Million Euro Steuermehreinnahmen verbleiben Baden-Württemberg nach Finanzausgleich gerade noch 254.000 Euro. Das entspräche in der Einkommensteuer einem Steuersatz von rund 75%. Kein Steuerzahler würde sich eine solche Schröpfung auf Dauer bieten lassen.