Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, UmweltTagged , ,

Parlament in Statistenrolle

Was haben der Euro-Rettungsschirm und das dreimonatige Moratorium bei der Laufzeitenverlängerung der deutschen Atomkraftwerke miteinander zu tun? Die Antwort ist so einfach wie für einen überzeugten Parlamentarier deprimierend: Die Regierung handelt ohne Mandat des Deutschen Bundestages, ja sie setzt sich über von den Koalitionsfraktionen selbst gesetzte Positionen bei der Euro-Rettung hinweg und sie beugt – zumindest nach Auffassung unzähliger Juristen – beim Atom-Moratorium schlicht geltendes Recht. Um nicht missverstanden zu werden: Ich gehöre zu den Unionspolitikern, die von der Laufzeitenverlängerung der deutschen Atomkraftwerke noch nie etwas gehalten haben. Für mich war und ist der Ausstieg aus der Atomenergie ein Gebot der ökologischen und ökonomischen Vernunft. Allerdings finde ich die Volte der Bundesregierung geradezu unglaublich, die jetzt der atomkritischen Stimmungslage im Volk dadurch Rechnung tragen will, dass sie geltende Gesetze einfach außer Kraft setzt, statt sich um eine saubere Korrekturgesetzgebung zu kümmern. Man darf schon heute gespannt sein, wann die ersten Energiekonzerne gegen die Stilllegungsverfügungen juristisch vorgehen, weil ihnen die gesetzliche Grundlage fehlt.

Die Krönung liefert die Bundesregierung aber mit der Zustimmung zum langfristigen Euro-Rettungsschirm, mit der sie wichtige Bedingungen der eigenen Regierungsfraktionen missachtet, die diese im Deutschen Bundestag beschlossen haben. Künftig wird Deutschland für die Schulden anderer Euro-Staaten haften. Die „No-Bailout-Klausel“ ist passé! Die Eurozone wird zur Transfer-Union. Der innerstaatliche Finanzausgleich mit seiner organisierten Verantwortungslosigkeit lässt grüßen. Die Zeche bezahlt der Bundeshaushalt – und damit der deutsche Steuerzahler – bereits ab 2013. In einer ersten Tranche werden knapp 12 Milliarden Euro fällig. Drei weitere Raten zu je drei Milliarden werden folgen. Die Bürgschafts-Milliarden darüber hinaus sprengen jeden Rahmen. Und die Opposition? Sie wäre noch freigiebiger!

Die Regierung degradiert nicht nur die eigenen Abgeordneten im Deutschen Bundestag zu reinen Statisten. Sie schürt auch den Politikverdruss im Land, der ohnehin so groß ist wie nie.