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Schulden: Kommunen tricksen mit Kassenkrediten

Die Situation der kommunalen Haushalte hat sich seit Anfang der 90er Jahre zunehmend und drastisch verschlechtert. Grund dafür ist vor allem der starke Anstieg kommunaler Kassenkredite. Diese dienen grundsätzlich einer kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten. Mit ihrer Hilfe soll die fristgerechte Leistung von Ausgaben zum Zeitpunkt der Fälligkeit ermöglicht werden. Tatsächlich werden Kassenkredite von vielen Gemeinden zweckentfremdet. Seit Anfang der 90er Jahre  werden immer mehr Kassenkredite zur langfristigen Finanzierung konsumtiver Ausgaben aufgenommen. Dies zeigen zahlreiche Beispiele vieler Kommunen Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens oder des Saarlandes. Finanzierungsdefizite wurden dort zunehmend über Kassenkredite finanziert, während die langfristigen Kreditmarktschulden zurückgegangen sind. Der Grund ist, dass es in vielen Kommunalverfassungen bereits Beschränkungen für die Aufnahme von langfristigen, investiven Krediten gibt. Gleichwohl sind die institutionell-rechtlichen Hürden für die Aufnahme von Kassenkrediten gesunken. Beispielsweise wurde 1994 in Nordrhein-Westfalen die Genehmigungsbedürftigkeit für punktuelle Höchstgrenzen von Kassenkrediten nach der Haushaltssatzung abgeschafft. Auch eine Beanstandungspflicht bei einer rechtswidrigen, fortwährenden Prolongierung existiert nicht. In der Folgezeit türmten sich die Kassenkredite zu einem hohen Sockel auf und können nur schwer wieder abgetragen werden. Vermutlich wird sich die Lage der kommunalen Haushalte zukünftig sogar noch verschärfen. Da sich die Länder im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse ab 2020 nicht mehr verschulden dürfen, die Kommunen aber von der grundgesetzlichen Schuldenbremse ausgeschlossen sind, muss eine Lastenverschiebung zu Ungunsten der Kommunen befürchtet werden. Die Lastenverschiebung kann in Form einer Überwälzung neuer, kostenintensiver Pflichtaufgaben oder durch eine Kürzung von Beteiligungen und Zuweisungen erfolgen. Da die kommunalrechtlichen Restriktionen für die Kassenkreditaufnahme gesunken sind, bleibt zu vermuten, dass die Kommunen dann versuchen, die resultierende Finanzierungslücke über Kassenkredite zu schließen.
Karolin Herrmann ist Referentin für Haushaltspolitik und Haushaltsrecht am Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler. Dieser Blogbeitrag resultiert aus der Studie Kommunale Kassenkredite – Missbrauchsgefahr und Reformvorschläge von Karolin Herrmann, erschienen als Heft 108 der Schriftenreihe des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler e.V., 116 Seiten, Berlin, Juni 2011. Weitere Informationen zu diesem Thema: Kassenkredite erdrücken immer mehr Kommunen - Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 04. August 2011

Die Situation der kommunalen Haushalte hat sich seit Anfang der 90er Jahre zunehmend und drastisch verschlechtert. Grund dafür ist vor allem der starke Anstieg kommunaler Kassenkredite. Diese dienen grundsätzlich einer kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten. Mit ihrer Hilfe soll die fristgerechte Leistung von Ausgaben zum Zeitpunkt der Fälligkeit ermöglicht werden.

Tatsächlich werden Kassenkredite von vielen Gemeinden zweckentfremdet. Seit Anfang der 90er Jahre  werden immer mehr Kassenkredite zur langfristigen Finanzierung konsumtiver Ausgaben aufgenommen. Dies zeigen zahlreiche Beispiele vieler Kommunen Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens oder des Saarlandes. Finanzierungsdefizite wurden dort zunehmend über Kassenkredite finanziert, während die langfristigen Kreditmarktschulden zurückgegangen sind. Der Grund ist, dass es in vielen Kommunalverfassungen bereits Beschränkungen für die Aufnahme von langfristigen, investiven Krediten gibt. Gleichwohl sind die institutionell-rechtlichen Hürden für die Aufnahme von Kassenkrediten gesunken. Beispielsweise wurde 1994 in Nordrhein-Westfalen die Genehmigungsbedürftigkeit für punktuelle Höchstgrenzen von Kassenkrediten nach der Haushaltssatzung abgeschafft. Auch eine Beanstandungspflicht bei einer rechtswidrigen, fortwährenden Prolongierung existiert nicht. In der Folgezeit türmten sich die Kassenkredite zu einem hohen Sockel auf und können nur schwer wieder abgetragen werden.

Vermutlich wird sich die Lage der kommunalen Haushalte zukünftig sogar noch verschärfen. Da sich die Länder im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse ab 2020 nicht mehr verschulden dürfen, die Kommunen aber von der grundgesetzlichen Schuldenbremse ausgeschlossen sind, muss eine Lastenverschiebung zu Ungunsten der Kommunen befürchtet werden. Die Lastenverschiebung kann in Form einer Überwälzung neuer, kostenintensiver Pflichtaufgaben oder durch eine Kürzung von Beteiligungen und Zuweisungen erfolgen. Da die kommunalrechtlichen Restriktionen für die Kassenkreditaufnahme gesunken sind, bleibt zu vermuten, dass die Kommunen dann versuchen, die resultierende Finanzierungslücke über Kassenkredite zu schließen.


Karolin Herrmann ist Referentin für Haushaltspolitik und Haushaltsrecht am Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler.

Dieser Blogbeitrag resultiert aus der Studie Kommunale Kassenkredite – Missbrauchsgefahr und Reformvorschläge von Karolin Herrmann, erschienen als Heft 108 der Schriftenreihe des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler e.V., 116 Seiten, Berlin, Juni 2011.

Weitere Informationen zu diesem Thema:

Kassenkredite erdrücken immer mehr Kommunen – Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 04. August 2011