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Die grandiose Wohlstandsillusion

Die Hiobsbotschaften von den Finanzmärkten reißen nicht ab. Immer mehr Schuldnerstaaten in Europa müssen hohe Zinsen als satte Risikoaufschläge bezahlen, um weiter Kredite zu erhalten. Immer größer wird der Druck auf die Europäische Zentralbank, mit der Notenpresse dagegen zu halten und die Staatsschulden zu monetarisieren.  

Die Wallstreet und die amerikanische Politik machten in den vergangenen Monaten vor allem die Europäer für die Krisenstimmung im weltweiten Finanzsystem verantwortlich. Doch die USA steuern selbst schnurstracks auf ein Staatsdefizit von 100% der US-Jahreswirtschaftsleistung zu. Amerika ist also Teil des Problems, nicht die Lösung. Selbst in China häufen sich die Warnsignale. Der graue Kapitalmarkt, auf dem sich viele Chinesen für horrende Zinsen Geld geliehen haben, weist ein Volumen auf, das dem des offiziellen chinesischen Bankensystems entspricht.

Ob es uns passt oder nicht: Wir erleben in diesen Monaten und erst recht in den nächsten Jahren das Platzen einer grandiosen Wohlstandsillusion. Der kreditfinanzierte Konsum ist an seine Grenzen gestoßen. Kein Wirtschaftswachstum der Welt wird die Zinseszins-Dynamik mehr  ausgleichen können. Der Pumpkapitalismus in Amerika und Europa hat ausgespielt.

Die Alternative ist brutal: Wenn wir so weitermachen wie in den vergangenen Jahrzehnten, dann provozieren wir entweder eine Währungsreform, die mit einem Schlag die liquiden Vermögen entwertet. Die sanftere Variante heißt Inflation, die denselben Effekt über die Jahre erzielt. Ein dritter Weg wird bereits in der politischen Linken diskutiert: Lastenausgleich oder Vermögensabgabe. Wer etwas hat, wird vom Staat mit einer Zwangsabgabe belegt.

Die Aussichten sind höchst unerfreulich. Wir werden unserer Wohlstandsillusionen beraubt. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen.