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New Yorker Heldin gegen Augsburger Manomama

Tagtäglich begegnen wir dem Thema Wachstum - ob im Beruf, im Fernsehen oder in der Zeitung. Martin Roos erzählt im WachstumsBlog "Geschichten aus der Welt des Wachstums". Heute von Menschen, die mit Wachstum spekulieren und Menschen, die durch Unternehmergeist Wachstum schaffen.

Der Job eines Ökonomen erinnert zunehmend an den des Fußballbundestrainers: Jeder hält sich für einen, deswegen redet auch jeder mit, für jedes gute Argument gibt es ein gutes Gegenargument, was man für richtig hält, ist eine Frage der Ansicht, und am Ende zählt doch nur eins: das nackte Ergebnis.

Zum Beispiel Sandra Navidi. Die Tatsache, dass die Ex-Strategieberaterin des US-Starökonomen Nouriel Roubini ursprünglich aus Mönchengladbach kommt, macht sie wahrscheinlich nicht nur für die Zeitung „Die Welt“, in der sie nun zu Börse, Euro und Wachstum befragt wurde, zu einer deutschen Finanz-Heldin, sondern auch für den deutschen Leser und Anleger mit seinen germanozentrischen Scheuklappen. Vollmundig kündigt Frau Navidi in dem Interview an: „Wir werden uns an einen sinkenden Lebensstandard gewöhnen müssen. Hier in den USA bezieht fast jeder siebte Lebensmittelmarken.“ Das hat Schwung und wie gut das klingt aus dem Munde einer weltgewandten Expertin, die als Inhaberin einer New Yorker Beratungsfirma wohl vorwiegend mit Kunden zu tun hat, die Lebensmittelmarken für eine Sonderform der Blauen Mauritius halten.
Die sogenannten „Food Stamps“ – Gutscheine, mit denen man in bestimmten Läden gegen Lebensmittel und anderen Waren eintauschen kann – erhalten in New York Menschen mit einem Haushaltseinkommen unter 1.600 Dollar monatlich, die in Suppenküchen oder Kantinen von Banken wie JP Morgan Chase arbeiten und für die das Wort „Börse“ einfach nur ein „r“ zu viel hat.

Anders als Frau Navidi gibt es Menschen, die sich nicht aufs Spekulieren spezialisiert haben, sondern lieber handeln und gleich selbst für Wachstum und verbesserten Wohlstand des einzelnen sorgen.

Zum Beispiel Sina Trinkwalder, Augsburger Unternehmerin und Mutter. Die 33-jährige hat im April 2010 ohne staatliche Förderung eine Öko-Manufaktur für Mode gegründet. In ihrer Manomama GmbH beschäftigt sie zwölf Mitarbeiter, die auf dem freien Arbeitsmarkt normalerweise keine Chance gehabt hätten: arbeitslose Textilfachleute, ältere Menschen, Migranten und Mütter, die nach der Kinderpause wieder arbeiten wollten, aber keinen Job fanden.

Trinkwalders Unternehmen wächst langsam, aber beständig. Für einen Konzern muss die junge Existenzgründerin nun 360.000 Einzelteile anfertigen lassen. Das Geld für die Produktionskosten hat sie sich von der Schwiegerfamilie geben lassen. Zugleich mietete Trinkwalder, die inzwischen mehrfach preisgekrönte und selbsternannte „unverbesserliche Weltverbesserin“, ein Gebäude für die Produktion und stellte 40 weitere Personen vom Schlage derer ein, die in den USA wohl nur mit Hilfe von Lebensmittelmarken überlebt hätten.


Dies ist ein Beitrag aus der Reihe “WachstumsBlog”. In einem bis zwei Beiträgen pro Woche beschäftigen sich Wirtschaftsexperten im ÖkonomenBlog mit Themen rund um nachhaltiges Wachstum.

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