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Politikerpensionen oder der lange Schatten des Ehrensolds

Über Ehrensold wird dieser Tage viel diskutiert. In Relation zu den gesamten Pensionsansprüchen der Beamten ist dies allerdings ein lapidares Sümmchen. Auf die Steuerzahler rollt eine Kostenlawine zu, für die kaum vorgesorgt wurde.

Christian Wulff ist mit dem „Großen Zapfenstreich“ verabschiedet worden. Doch diese Ehrung aus Staatsräson, der ungekürzte fürstliche Ehrensold und die noch ausstehende Entscheidung über die angeforderte Amtsausstattung des jungen Altpräsidenten erregen Stammtische, Internetforen und Leserbriefschreiber.

Jenseits der allerorten spürbaren Neid-, ja Hasstiraden rückt Wulffs Ehrensold für mich aber vor allem die grundsätzliche Frage nach der Angemessenheit der Pensionen von Berufspolitikern und ihre Folgen ins Blickfeld. Denn Politiker, die aus ihren Funktionen ausscheiden, fallen weich. Die Pensionen des politischen Establishments, sofern es sich um Abgeordnete oder Minister handelt, bewegen sich in Regionen, von denen selbst gutverdienende Normalbürger nur träumen können: Ein Durchschnittsverdiener zahlt rund ein Zehntel seines Jahreseinkommens von ca. 35.000 Euro in die Rentenversicherung ein: Er erhält dafür später 27(!) Euro Monatsrente.

Bundestagsabgeordnete erhalten derzeit im Jahr rund 96.000 Euro an Diäten. Für ihre Altersversorgung müssen sie aus diesem Einkommen keinen Cent an Pflichtbeiträgen abführen. Doch der Staat garantiert ihnen bereits ab dem ersten Parlamentsjahr im Deutschen Bundestag einen späteren monatlichen Pensionsanspruch von 199 Euro. Das ist fast das Achtfache dessen, was ein sozialversicherungspflichtiger Durchschnittsarbeitnehmer in einem Jahr an Rentenansprüchen sammelt. Der maximale Pensionsanspruch für Bundestagsabgeordnete beläuft sich auf aktuell 5373 Euro im Monat. Nach 27 Jahren ist diese stolze Summe erdient – ohne dass je ein Cent eigener Beitrag in der aktiven Zeit vom Bruttoeinkommen abzuführen war. Ist das gerecht und fair? Und: Ist das in Zeiten von Staatsverschuldung und Schuldenbremse bezahlbar?

Die Überversorgung des politischen Establishments hat eine fatale und fiskalisch höchst dramatische Nebenwirkung: Weil die Politiker als Gesetzgeber ihre eigenen Ruhestandsbezüge großzügig festlegen und sich eine Art Beamtenversorgung de luxe gönnen, verspüren sie nur eine geringe Neigung, die Privilegien des Berufsbeamtentums anzutasten. Die zahlenmäßige Dramatik der steigenden Pensionslasten wird ja nicht von den paar tausend Ruhestandsabgeordneten und ein paar hundert pensionierten Ministern sowie wenigen Altkanzlern und Altpräsidenten ausgelöst. Das Problem sind die derzeit rund 800.000 Beamten, die bereits im Ruhestand sind und – im Vergleich zu Rentnern – sehr stattliche Pensionen erhalten. Im aktiven Dienst beschäftigt sind aktuell (mit Bundeswehr) etwa 1,9 Millionen Berufsbeamte. Die gesamte Versorgungslast für alle Beamten, hochgerechnet bis zum Jahr 2050, entspräche einem Barwert von unvorstellbaren 1,4 Billionen Euro. Weil praktisch keine Rücklagen für diese Versorgungsausgaben aufgebaut wurden, muss diese Summe rechnerisch eigentlich der aktuellen Staatsverschuldung Deutschlands zugeschlagen werden.

Die Sanierung der Staatsfinanzen kann nur gelingen, wenn die privilegierte Altersversorgung im öffentlichen Dienst, vor allem die Beamtenversorgung, beschnitten wird. Da heißt es für die Politik mit gutem Beispiel vorangehen. Nicht die aktiven Bezüge der deutschen Politiker sind das Problem, sondern ihre Pensionen. Gutes Personal soll auch anständig verdienen, aber dafür auch für die eigene Altersversorgung Beiträge leisten. Hohe Pensionszusagen ohne entsprechende Kapitaldeckung passen nicht in eine Zeit, die durch die Überschuldung des Staates geprägt ist.