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Transfergesellschaft kontra Marktwirtschaft

Unternehmenspleiten sind für die Betroffenen eine schlimme Sache. Und doch gehören sie zu einer Marktwirtschaft dazu. Mit Schlecker ist wiedereinmal ein großes, bundesweit bekanntes Unternehmen pleite. Rund 11.000 Mitarbeiter verlieren ihre Anstellung. EineTransfer- gesellschaft soll die freigesetzten Arbeitskräfte auffangen. Doch es bleiben Fragen offen.

Unternehmenspleiten sind ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite sind sie ein wichtiger Bestandteil einer Marktwirtschaft. Denn Pleiten treten immer dann ein, wenn ein Angebot nicht mehr genügend Nachfrage findet, um die Kosten decken zu können. Das wiederum ist der Fall, wenn andere Unternehmen ein gleiches oder ähnliches Produkt preisgünstiger anbieten können oder aber wenn sie zum gleichen Preis eine bessere Leistung anbieten. Auf diese Weise bringen Unternehmenspleiten die Wirtschaft voran. Mit Marktversagen haben Pleiten in der Regel auch nichts zu tun. Schöpferische Zerstörung nannte einst der Ökonom Joseph Schumpeter diesen Prozess. Aber auf der anderen Seite bedeuten Insolvenzen auch, dass auch die Beschäftigten ihren Job verlieren, die selbst zuverlässig ihrer Arbeit nachgegangen und keine Mitschuld an der Pleite tragen. Für die Betroffenen ist das bitter. Aktuelles Beispiel: die Schlecker-Pleite.

Die Politik wird von solchen Fällen elektrisiert und reagiert reflexartig, sobald das betroffene Unternehmen hinreichend groß ist: „Es geht darum, die Mitarbeiter nicht fallen zulassen“, sagte die Arbeitsministerin mit Blick auf die geforderte Transfergesellschaft. Damit sollen die 11.000 entlassenen Arbeitskräfte finanzielle Unterstützung erhalten und so schnell wie möglich in Jobs vermittelt werden. Für die Kosten von 71 Millionen soll der Steuerzahler via KfW bürgen. Wie das Geld refinanziert werden soll, bleibt völlig im Dunkeln.

Aber warum das Ganze?  Deutschland verfügt über einen gut ausgestatten Sozialstaat. Alle angestellten Arbeitnehmer zahlen Monat für Monat in die Arbeitslosenversicherung ein, um im Falle von Arbeitslosigkeit, für einen gewissen Zeitraum finanziell abgesichert zu sein und mit Hilfe der Arbeitsagentur so schnell wie möglich wieder einen Job vermittelt zu bekommen. Warum soll diese Aufgabe bei den Schlecker-Mitarbeitern eine Transfergesellschaft übernehmen? Wie die Erfahrung zeigt, sind ähnliche Transfergesellschaften bei dem Versuch, die entlassenen Mitarbeiter wieder in Lohn und Brot zu bringen, in der Vergangenheit keineswegs erfolgreicher gewesen als die Bundesanstalt für Arbeit. Faktisch bedeutet eine Transfergesellschaft daher nichts Anderes als eine Verlängerung des Arbeitslosengeld-I-Bezugs und damit eine Bevorzugung der ehemals Schlecker-Beschäftigten gegenüber Beschäftigten anderer Unternehmen, die ebenfalls Konkurs anmelden mussten. Beschäftigte aus kleinen und mittelständischen Unternehmen werden nämlich regelmäßig nicht in Transfergesellschaften aufgefangen. Im Fall Schlecker macht die regionale Verstreutheit der Mitarbeiter zudem eine spezielle Transfergesellschaft besonders absurd. In Wirklichkeit entlasten die 71 Millionen Euro vor allem das Unternehmen Schlecker und ggf. die anderen Gläubiger, die dann eher an ihr Geld kommen als wenn Abfindungen an die entlassenen Schlecker-Mitarbeiter zu zahlen wären. Wer eine Transfergesellschaft fordert, muss daher erst einmal beantworten, warum diese Bevorzugung den Entlassenen und Gläubigern anderer Unternehmen nicht zusteht. Auf diese Antwort bin ich gespannt.