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Die Überschüsse der GKV gehören den Beitragszahlern!

In der Debatte um die Verwendung der Überschüsse der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird auch die Reduzierung des Bundeszuschusses erwogen. Dies wäre jedoch nicht sachgerecht.

Mit dem Bundeszuschuss zur GKV sollten aus finanzwissenschaftlicher und ordnungspolitischer Sicht sachgerecht sog. versicherungsfremde Leistungen finanziert werden. Dies ist derzeit nicht sichergestellt, weil diese Zweckbindung im Gesetz nicht hinreichend präzisiert ist. Aktuell dürften die Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen den Bundeszuschuss übersteigen, sodass seine Reduzierung oder gar Abschaffung verfehlt wäre.

Unstreitig ist, dass auf der Ausgabenseite der GKV einige versicherungsfremde Leistungen, wie z. B. das Mutterschaftsgeld, im Gesamtumfang von schätzungsweise 4 Mrd. Euro existieren. Hinzu kommen versicherungsfremde Komponenten auf der Einnahmeseite der GKV. Zwar sprechen gute Gründe dafür, die Beitragsbefreiung der Kinder nicht dazu zu zählen, jedoch ist die Beitragsfreistellung der Erwachsenen eindeutig versicherungsfremd. Wenn Versicherte keinen Beitrag entrichten, aber Leistungen der GKV beanspruchen können, verstößt dies gegen das Äquivalenzprinzip. Im bestehenden Finanzierungssystem mit einkommensabhängigen Beiträgen könnte dieser Verstoß beseitigt werden, indem z. B. von den beitragsfrei gestellten Erwachsenen ein eigener Beitrag erhoben würde. Andernfalls bleibt die Beitragsfreistellung der Erwachsenen eine versicherungsfremde Komponente und ist sachgerecht aus Steuermitteln zu finanzieren. Das Volumen dieser Beitragsbefreiung ist jedoch nicht genau quantifizierbar. Unter der Annahme, dass für diese Personengruppe ein Beitrag in Höhe des Beitrags für Grundsicherungsempfänger zu zahlen wäre, würde es rund 13 Mrd. Euro betragen. Bei einer Gesamtsumme der Fremdleistungen von 17 Mrd. Euro besteht somit (noch) kein Spielraum für eine Reduzierung des 14 Mrd. Euro hohen Bundeszuschusses.

Wohin also mit den Überschüssen der GKV? Da der Gesundheitsfonds über eine geringe Liquiditätsreserve zur Deckung unterjähriger Defizite hinaus keine höhere Rücklage benötigt und eine „Demografiereserve“ dem Umlagesystem zuwiderläuft, sollte er die Überschüsse nicht einbehalten dürfen. Folgerichtig wäre es daher, entweder den allgemeinen Beitragssatz zu reduzieren oder die überschüssigen Mittel an die Krankenkassen weiterzugeben, die dann kassenindividuelle Beitragsprämien auszahlen müssten, weil sie ihr Rücklagensoll überschreiten. Für die Zukunft sollte eine solche Überschussauszahlung durch eine Regelbindung sichergestellt werden. Um vor allem einer zweckwidrigen Verwendung der Rücklagen – wie sie in der Vergangenheit häufig vorgekommen ist – vorzubeugen, sollte der Zweck und die Bemessung der Reserven beim Gesundheitsfonds und bei den Krankenkassen gesetzlich festgelegt werden. Ein Automatismus wie in der Rentenversicherung würde zudem gewährleisten, dass überschüssige Mittel an die Beitragszahler ausgezahlt werden. Derartige gesetzliche Vorgaben sollten nicht nur für die GKV, sondern für alle anderen Sozialversicherungszweige gelten.


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