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Sarkozys Niederlage bietet Chancen

Eine Woche ist es her, seit Nicolas Sarkozy in Frankreich abgewählt wurde. Die Furcht, dass die neue Regierung vom Sparkurs abrücken könnte, ist groß. Weiteres Schuldenmachen hätte nicht nur Folgen für Frankreich, sondern würde die Stabilität der europäischen Union gefährden. Doch die Erfahrung zeigt: Es könnte auch anders kommen.

Wie die Umfragen vor der Wahl schon prognostizierten, wurde Nicolas Sarkozy in Frankreich abgewählt. Als Sieger vom Platz geht der Sozialist François Hollande, der sich im Wahlkampf vor allem als Gegner des deutschen Spardiktats inszeniert hat. Viele fürchten nun, dass sich das deutsch-französische Verhältnis abkühlen könnte. Doch in jeder Niederlage liegt eine Chance.

Denn in der politischen Farbenwelt zeigt sich ein überraschendes Muster: Politische Richtungswechsel in Europa haben sich oft unter der falschen Farbe vollzogen. Es war die rot-grüne Schröderregierung, die die Agenda 2010 auf den Weg brachte und damit den Grundstein für den heutigen Erfolg Deutschlands legte. Und es war die bürgerliche Regierung unter Angela Merkel, die die Energiewende und den Ausstieg aus Atomstrom schaffte. Das zeigt: Auch ein Sozialist kann den Wohlfahrtsstaat reformieren. Hollande kann rot reden und schwarz handeln, ohne gleich Opposition oder gar Massendemonstrationen fürchten zu müssen. Er hat darüber hinaus den Vorteil nicht als reiner Sparpolitiker anzutreten. Für ihn gilt beides: sparen und wachsen. Mit der Wachstumsperspektive kann er breite Bevölkerungsschichten vom parallel geführten Sparkurs überzeugen. Er kann öffentlich weiter von Gerechtigkeit und Umverteilung sprechen und dabei leise Strukturanpassungen vornehmen, um die auch die neue französische Regierung unter dem Druck der Finanzmärkte nicht drum herum kommen wird.

Zusammengenommen kann sich das Wahlergebnis für Angela Merkel sogar als Glücksfall erweisen. Zwar wird die Küsschen-Diplomatie des Nicolas Sarkozy ein Ende haben, doch in der Sache steht einer wunderbaren Freundschaft nichts im Wege.


Dieser Beitrag ist als längere Fassung auf stern.de erschienen.