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Problemverschleierung gefährdet die Demokratie

Griechenland hat einen zweijährigen Zahlungsaufschub bekommen. Das kostet Geld, auch das Geld der deutschen Steuerzahler. Allerdings wird dieser Umstand, sowie das Thema der Eurorettung allgemeinvon den deutschen Politikern recht zurückhaltend behandelt. Genaue Aussagen über die Kosten und die Risiken hört man selten. Dabei steht viel auf dem Spiel.

„Wahrhaftigkeit und Politik wohnen selten unter einem Dach.“ Ob Wolfgang Schäuble dieses Zitat des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig wohl parat hatte, als er in dieser Woche diverse Pirouetten drehte, um zu verklausulieren, dass der  zweijährige Zahlungsaufschub für Griechenland natürlich Geld kostet, Geld des deutschen Steuerzahlers, aber auch das anderer Euro-Staaten? Mit rund 27 Prozent ist Deutschland im Obligo, egal mit welchen Tricks diese Tatsache in den kommenden Wochen verschleiert wird.

„Die Politik verdirbt den Charakter!“ konstatierte weiland Fürst Metternich. Passt dieses Verdikt nicht exakt zur Haltung deutscher Politiker, die dem skeptischen Volk nicht ehrlich sagen, was Sache ist?! Natürlich werden wir die Rechnung für die griechische und andere Euro-Rettungsaktionen bezahlen. Wir werden Griechenland, wenn das Land denn tatsächlich dauerhaft im Euroraum gehalten werden soll, mit einem hohen zwei-, wenn nicht gar einem dreistelligen Milliarden-Schuldennachlass vor dem Staatsbankrott bewahren müssen. Aufrichtig wäre es, wenn die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister einfach sagten: ‚Tut uns leid, wir haben ein machtpolitisches Problem im Deutschen Bundestag. Unsere eigene Regierungsmehrheit steht nicht, um ein weiteres Rettungspaket für Griechenland (oder andere Krisenländer) zu schmieden. Ob uns SPD und Grüne, wie bisher, zur Seite stehen in der Allparteienkoalition der Euroretter, ist ungewiss. Schließlich wird in zehn Monaten gewählt. Bis dahin müssen wir uns eben durchmogeln und darauf hoffen, dass der Euro nicht zum Wahlkampfthema wird. Wir sind da guter Hoffnung, weil auch die Opposition kein Interesse an einem Euro-Bundestagswahlkampf hat.’

Die Politik verschaukelt das eigene Volk, wenn die existenziellen Fragen für den künftigen Wohlstand eines Landes im Wahlkampf ausgeklammert werden

Das altgriechische Wort Demokratie bedeutet Volksherrschaft. Soll diese Herrschaftsform auf Dauer funktionieren, dann braucht es eine aufgeklärte, wissbegierige und engagierte Bevölkerung, die sich für die öffentlichen Angelegenheiten interessiert. Sie braucht ein Bildungssystem, das Lust auf Einmischung und Teilhabe macht. Sie benötigt Zivilcourage ebenso wie eine Medienkultur, die über Zusammenhänge aufklärt und sie nicht verschleiert. Sie braucht kontroverse und ehrliche Debatten über die Grundlagen der gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Entwicklung. Sie giert nach politischen Köpfen, die solche Debatten entfachen und am Laufen halten können, weil sie dem Volk auf das Mundwerk schauen, ohne ihm nach dem Mund zu reden.  Politiker, die in der Demokratie systematisch Verneblungsstrategien pflegen, verdummen das Volk, wecken Erwartungen, die sie niemals einlösen können. Wenn die Wohlstandsillusionen dann platzen, wenn der kreditfinanzierte Wohlstand dann zurückgeschraubt werden soll, dann revoltiert das eigene Volk, weil es den Sirenengesängen des Wohlstands auf Pump verfallen ist. Dann steckt die Demokratie in der Verschuldungsfalle – in Griechenland, Portugal, Spanien und anderswo.