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Europa, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 10 Kommentare zu Wohlstand auf Kosten der Zukunft

Wohlstand auf Kosten der Zukunft

BIP und Schulden pro Kopf im Jahr 2008

Beim Krisenmanagement offenbart sich in Deutschland eine seltene Einigkeit: Ob Bankenrettung, Konjunkturpakete, Staatsverschuldung – Konsens auf Kosten der nächsten Generationen. Denn niemand anders als sie werden die irrsinnige Neuverschulung des Bundes in den Jahren 2010 bis 2012 in Höhe von 310 Milliarden Euro abtragen müssen. Der gigantische Schuldenberg ist größer als der gesamte Bundeshaushalt für das Jahr 2008. Die Schuldenmeister werden sagen: die Konjunkturpakte sichern Arbeitsplätze. Ist es aber moralisch gerechtfertigt, heutige Probleme auf Kosten künftiger Generationen zu lösen? Meiner Ansicht nach nicht.

In der Krise zeigt sich doch unser grundsätzliches Problem: Wie definieren wir Wohlstand? In der Regel orientieren wir uns am Bruttoinlandsprodukt. Wenn es sinkt, entsteht in Deutschland immer eine gedrückte, pessimistische Stimmung. Geht es uns bei sinkendem BIP aber automatisch schlechter? Selbst in Zeiten sinkender Löhne ist unsere Lebenserwartung weiter angestiegen. Gleiches gilt für Bildung und Gesundheit. Werden solche Faktoren bei der Bewertung des Wohlstandsniveaus mit berücksichtigt, dann geht es uns heute besser als in den Jahren zuvor. Vor diesem Hintergrund ist die Frage mehr als berechtigt, ob wir wirklich 310 Mrd. Euro neue Schulden aufnehmen müssen, nur weil wir uns dann wohler fühlen.


Jörg Tremmel ist Wissenschaftlicher Direktor der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen. Der BlogBeitrag basiert auf einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger vom 24. Juni 2009.

Europa, FinanzmarktTagged , , 1 Kommentar zu Binnenmarkt: Sand im Getriebe

Binnenmarkt: Sand im Getriebe

Verurteilungen für Verstöße gegen den EG-Vertrag

Adam Smith hatte eine revolutionäre Idee: In seinem Hauptwerk von 1776 „The Wealth of Nations” beschrieb er die Chancen der internationalen Arbeitsteilung – die Keimzelle für wachsenden Wohlstand für alle. Knapp 220 Jahre später, am 31.12.1992 wurde offiziell die Einführung des europäischen Binnenmarktes vollendet. Das Ziel war ein wichtiger erster Schritt zur freien Marktwirtschaft: Abbau von Handelshemmnissen, Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einzigen.

Der EU-Binnenmarkt steht für ein konsequentes Ordnungsmodell: Zölle und andere Handelsbeschränkungen sind mit diesem Modell nicht vereinbar. Darüber hinaus gilt das Prinzip gegenseitiger Anerkennung, d.h. Waren die in einem EU-Land rechtmäßig hergestellt wurden und in den Verkehr gebracht worden sind, dürfen danach auch in allen anderen Ländern der Union verkauft werden.

Wer gegen die sog. vier Freiheiten des europäischen Binnenmarktes verstößt, bekommt es mit der Europäischen Kommission als dessen Hüterin zu tun, die den – EU internen – Freihandel vor Protektionismus schützen sollte. Doch wie ernst werden die Spielregeln von den Nationalstaaten tatsächlich genommen? Die Analyse zeigt: In der Praxis knirscht so manches Sandkörnchen im Getriebe.

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Europa, FinanzmarktTagged , , , 1 Kommentar zu Rückkehr zum Protektionismus?

Rückkehr zum Protektionismus?

Importzoelle in der EU

Als Angela Merkel Anfang April die Ergebnisse des Weltfinanzgipfels in London vor den Medien bewertete, stand ein Thema besonders im Focus: Protektionismus. Die Bundeskanzlerin sagte damals: “Wir haben deutlich gemacht, dass wir gegen den Protektionismus eintreten.”

Doch wie sieht die Wirklichkeit seitdem aus? Seit Anfang April haben WTO und Weltbank allein 23 neue Handelsrestriktionen festgestellt, seit Oktober 2008 sogar 89. Dabei ist Protektionismus sehr vielschichtig: Die US-Regierung hat ihr Konjunkturpaket mit einer “Buy-American-Klausel” versehen, mit der sie die Behörden zwingt, im Zweifel nationale Produkte zu kaufen. Gleichzeitig fördert die deutsche Bundesregierung den Autoabsatz von Volkswagen dadurch, dass die zum Konzern gehörende Bank staatlich gestützt wird und damit attraktivere Konditionen als der Markt anbieten kann. Russland hat seinen Einfuhrzoll für Stahl auf 15-20 Prozent, für Pkw auf 30 Prozent sowie für Lkw auf 25 Prozent erhöht.

Die Politik hat aus der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts nichts gelernt. Wie die Deutsche Bank in einer aktuellen Studie richtig darstellt, hat der Smoot-Hawley Tariff Act in den USA unter Präsident Hoover im Jahr 1930 die damalige weltweite Protektionismusspirale eingeleitet. Insgesamt wurden damals die Zölle in den USA für über 900 Waren erhöht, der Durchschnittszollsatz stieg von 25 auf 50 Prozent. Andere Länder zogen nach. Die Rezession wurde durch die Zollmauern zusätzlich verschärft und verlängert. Die Folgen waren verheerend. In den USA schrumpfte das Bruttosozialprodukt von 1929 bis 1933 um ein Viertel. Die Arbeitslosigkeit stieg bis auf 25 Prozent. Erst 1936 erreichte die amerikanische Wirtschaft wieder das Niveau von 1929.

Ludwig von Mises, der die damalige Weltwirtschaftskrise vorhergesagt hatte, meinte dazu treffend: “Die Vorstellung, staatliche Einmischungen seien eine ‚Lösung' für wirtschaftliche Probleme, bewirkt in jedem Land Zustände, die zumindest äußerst unbefriedigend und oft geradezu chaotisch sind. Wenn der Staat nicht rechtzeitig aufhört, führen solche Eingriffe unvermeidlich zum Sozialismus.” Es wäre gut, wenn die Regierungen wenigsten dieses Mal auf ihn hören würden.

Arbeitsmarkt, Bildung, Europa, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , , , , , 2 Kommentare zu Ist Deutschland unsozial?

Ist Deutschland unsozial?

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„Die soziale Gerechtigkeit in Deutschland ist nur mäßig entwickelt.“ Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie unter dem Titel „Wie sozial ist Europa?“. Unter den 27 europäischen Ländern nimmt Deutschland danach lediglich den Rang 19 ein. Diese Platzierung ist scheinbar Wasser auf die Mühlen derjenigen, die einen Sozialabbau beklagen und mehr Umverteilung vom Staat fordern.

Blickt man näher in die Studie, zeigen sich jedoch interessante Details: So landet Deutschland bei der sozialen Absicherung auf Platz sechs unter 19 europäischen Ländern (wobei die soziale Unterstützung in Europa generell als hoch einstuft wird). Die gleiche gute Platzierung – diesmal sogar unter allen 27 Ländern der EU – erreicht Deutschland bei den Gesamtausgaben für den Sozialschutz. In der Dimension „Einkommensverteilung und soziale Absicherung“ insgesamt kommt die Bundesrepublik so immerhin auf einen Platz im vorderen Mittelfeld. All dies sind nicht gerade Belege für einen unterfinanzierten Sozialstaat.

Die Schwachpunkte liegen dagegen beim Generationenverhältnis – dies wird auch durch den sehr schlechten Wert des vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln errechneten Demografieindex bestätigt –, in Teilbereichen des Arbeitsmarkts und bei den Bildungschancen. So ist hierzulande die Schulleistung sehr stark vom Status sowie vom sozioökonomischen Hintergrund der Eltern abhängig, wobei es Schüler mit Migrationshintergrund hierzulande besonders schwer haben. Die Langzeitarbeitslosenquote ist trotz deutlichen Rückgangs noch immer sehr hoch und gerade Niedrigqualifizierte sind in Deutschland besonders häufig auf Jobsuche.

Das Hauptproblem des deutschen Sozialstaats besteht also darin, die Teilnahmechancen für alle im Bildungswesen und am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Hier wäre beispielsweise der Ausbau einer qualifizierten frühkindlichen Bildung ein wichtiger Ansatzpunkt. Den gerade von Sozialpolitikern oftmals verteufelten Hartz-Gesetzen stellen die Autoren der berlinpolis-Studie dagegen ein gutes Zeugnis aus, indem sie die-se als einen Grund für die Verbesserung Deutschlands im Sozialranking sehen.

Europa, Finanzmarkt, OrdnungspolitikTagged , , , , , , , , 1 Kommentar zu Schlechte Bad Banks

Schlechte Bad Banks

Gestern stimmte der Deutsche Bundestag dem Bad Bank-Modell der Bundesregierung zu. Wenig Unterstützung erhält der Plan allerdings aus der Wissenschaft: ÖkonomenBlog-Autor Ulrich van Suntum befürchtet, dass die „wahren Belastungsrisiken“ übersehen werden. Dennis J. Snower, Präsident Institut für Weltwirtschaft Kiel, meint: Der Plan bringe keine Erleichterung – die Banken blieben auch nach Auslagerung der toxischen Papiere insolvent. Hans-Werner Sinn, Präsident ifo-München, sieht das dicke Ende noch auf uns zukommen: Die deutschen Banken würden auf ihrem gravierenden „Solvenzproblem“ sitzen bleiben.

Besser, aber noch nicht wirklich gut. Prof. Dr. Ulrich van Suntum, geschäftsführender Direktor des Centrums für angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Münster (CAVM), am 11. Mai 2009 im ÖkonomenBlog:

„Die Ausgestaltung des Regierungsentwurfs ist allerdings unnötig kompliziert. Das ganze Brimborium von Ausgleichszahlungen, Fundamentalwertermittlung, Nachschusspflicht und Garantiegebühren könnte ersatzlos entfallen. Denn diese Elemente heben sich in der Wirkung größtenteils gegenseitig auf. Sie bewirken lediglich die Gefahr, dass man den Überblick über die wahren Belastungswirkungen verliert, was offenbar bereits der Fall ist.“

Schulden umwandeln ist besser als die Bad Bank. Prof. Dr. Dennis J. Snower, Präsident Institut für Weltwirtschaft Kiel, am 27. Mai 2009 im Handelsblatt:

„Der Plan des Bundesfinanzministeriums zur Schaffung einer Bad Bank ist äußerst kompliziert. Wie schlecht er funktioniert, lässt sich am besten an einem Beispiel verdeutlichen. Zum Glück gibt es eine bessere Alternative. (…) Was ist von diesem – hier sehr vereinfacht dargestellten – Plan zu halten? Nun, ein offensichtlicher Vorteil ist, dass er das Liquiditätsproblem unserer Bank löst, da sie ihre toxischen Anlagen nicht zum niedrigen Marktwert von 40 Euro verkaufen muss, sondern abwarten kann, um nach der Rezession den höheren langfristigen Wert dieser Anlage zu realisieren. Aber das wirklich drängende Problem ist ja nicht das Illiquiditäts-, sondern das Insolvenzproblem. Hier bringt der Plan des Finanzministeriums keine Erleichterung. Denn unsere Bank ist insolvent, da ihre Verbindlichkeiten in Höhe von 160 Euro den langfristigen Wert ihrer Aktiva in Höhe von 150 Euro übersteigen. Will der Staat unserer Bank hier helfen, so müsste er ihr zehn Euro aus Steuermitteln überweisen. Genau dies ist im Bad-Bank-Plan aber nicht vorgesehen, da er darauf abzielt, die Steuerzahler nicht noch stärker in Anspruch zu nehmen. Unsere Bank ist also immer noch insolvent.“

Bei Bad Banks zahlt der Steuerzahler drauf. Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, Präsident ifo-Institut München, am 23. Mai in der Wirtschaftswoche:

„Es wäre eine Verharmlosung, wenn man sagen wollte, die deutschen Banken hätten ein Liquiditätsproblem. Sie haben in Wahrheit ein gravierendes Solvenzproblem: Viel Eigenkapital ist bereits verloren, und noch viel mehr wird verloren gehen, wenn die Wahrheit über die strukturierten Papiere ans Licht kommt. Will man eine nachhaltige Kreditklemme und damit eine Beschädigung der Realwirtschaft vermeiden, müssen Wege gefunden werden, den deutschen Banken neues Eigenkapital zuzuführen. Die Bad Banks sind, wenn sie den Staat, wie die Politik behauptet, nichts kosten, kein geeignetes Mittel, dieses Ziel zu erreichen. Eigenkapital kann der Staat nur zuführen, wenn die Bad Banks für den Staat teuer werden, und nicht, wenn sie nichts kosten.“

Arbeitsmarkt, Europa, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , 5 Kommentare zu Noch immer Spitzenreiter

Noch immer Spitzenreiter

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Deutschland gehört noch immer zu der Spitzengruppe der teuersten Staaten, zumindest was die Steuer- und Abgabenbelastung angeht. Das hat die neue OECD-Studie wiederholt eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht. Das ist seit Jahren so: Selbst einem Durchschnittsverdiener knöpft der Staat über die Hälfte seines erwirtschafteten Einkommens ab. Das halten viele Bürger für nicht fair – zu Recht wie ich meine.

Apropos fair: Die Studie vermittelt den Eindruck, Spitzen- und Alleinverdiener würden im deutschen Steuer- und Sozialsystem ungerechtfertigt übervorteilt. Das stimmt aber nicht. Wer kritisiert, dass Doppelverdiener im Vergleich zum Alleinverdienerhaushalt zweimal Sozialabgaben entrichten müssen, verschweigt, dass dem zum Beispiel bei der Rente auch zwei Zahlungen gegenüberstehen. Wenn man will, kann man das Gutachten so verstehen, dass Menschen mit hohem Einkommen weniger Abgaben zahlen als Geringverdiener. Das stimmt ebenfalls nicht. Die Beitragsbemessungsgrenze führt lediglich dazu, dass der Anteil der Abgaben am Einkommen wieder sinkt. Absolut zahlen die Einkommensstärksten auch die höchsten Beiträge. Unberücksichtigt bleibt zudem die Leistungsseite. Denn mit den Beitragsbemessungsgrenzen werden ja auch die sozialen Leistungen nach oben gedeckelt. Jemand, der über 64.800 Euro im Jahr verdient, zahlt nur bis zu diesem Betrag seine Arbeitslosen- und Rentenbeiträge. Was soll daran unfair sein? Immerhin erhält diese Person auch nur für diesen Betrag Unterstützung, wenn sie arbeitslos wird oder in Rente geht.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , 2 Kommentare zu Inflation ist Diebstahl

Inflation ist Diebstahl

Entwicklung der Inflationsrate in Deutschland

Erstmals in der Geschichte der Währungsunion verkündete die EZB vergangene Woche den Ankauf sogenannter „Covered Bonds“  – Anleihen, die mit Hypotheken, Staats- oder Schiffsfinanzierungen besichert sind. Das Volumen der Aufkäufe könne etwa 60 Milliarden Euro betragen- bezahlt über die Notenpresse. Trotz der aktuell historisch niedrigen Preissteigerungsraten, besteht in Deutschland  eine große Inflationsgefahr, meint der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler.

Vor wenigen Tagen hat Finanzminister Peer Steinbrück vor einer steigenden Inflationsgefahr und damit vor einer Krise nach der Krise gewarnt. Eigentlich schön, dass der Inflationsminister auf seinen eigenen Flächenbrand hinweist. Aber vermutlich möchte er mit seinem Hinweis aus dem Hause “Biedermann und die Brandstifter” gerade von der eigenen Verantwortung ablenken. Da man in Deutschland vergessen hat, dass Inflation nichts anderes ist als Diebstahl, werden nur sehr wenige Bürger unseres Landes in unserem Inflationsminister Peer Steinbruck einen Dieb sehen wollen, der taktisch geschickt und laut “Haltet den Dieb” ruft.

Viele Menschen in unserem Land und fast alle Politiker scheinen eine zumindest mäßige Inflation für notwendig zu halten, damit die Volkswirtschaft wachsen kann. Wachstum durch Diebstahl traut sich aber niemand öffentlich zu fordern. Die Idiotie würde selbst den schlafsüchtigsten deutschen Michel aufwecken.

Tatsächlich jedoch ist die Geldentwertung nichts weniger als ein Anschlag auf unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen. Denn wenn der Staat zum Dieb wird, ist das Volk nicht mehr souverän. Der Grundsatz der Volkssouveränität, ein Grundprinzip unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, wird verletzt. Der Bürger wird durch Inflation nicht besteuert werden, was seine Zustimmung voraussetzen würde. Die Bürger unseres Landes werden durch Inflation bestohlen, und ihre Zustimmung haben sie hierzu bestimmt nicht gegeben.

Die Geldentwertung, der große Diebstahl, kommt nicht über Nacht gleichzeitig über alle Bürger eines Landes. Ganz im Gegenteil: Einige profitieren, andere wiederum sind die Verlierer. Verlierer sind die Transferbezieher, Beamte, Rentner. Also alle die, deren staatliche Zahlungen durch staatlichen Diebstahl entwertet werden. Gewinner sind die, bei denen das neue Geld zuerst ankommt, also der Staat selbst und diejenigen, die das neue Geld verteilen, die Banken. Verlierer sind die, die sparen und investieren, also die Bürger und zwar sowohl die Arbeiter als auch die Unternehmer, die sich jedoch vom Staat gegeneinander klassenkämpferisch ausspielen lassen und die man mit der Mär von der bösen Deflation – Hilfe, hilfe, die Preise sinken – vom großen Diebstahl ablenkt. Der Staat zerstört so die bürgerliche Gesellschaft. Und nicht ohne Grund haben die Gegner der Marktwirtschaft immer auf Inflation gesetzt, um ihre Ziele durchzusetzen. Lenin wird schon von Walter Eucken mit dem Satz zitiert: „Wer die bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geldwesen verwüsten.“ Die aktuelle Finanzkrise lässt grüßen.


Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut Prof. Straubhaar rechnet damit, dass sich der gegenwärtige Trend einer abnehmenden Inflationsrate noch in diesem Jahr umkehren wird. Für die Jahre nach 2010 erwartet er eine Geldentwertung von fünf bis zehn Prozent pro Jahr.

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Besser, aber noch nicht wirklich gut

Im Jahr 1 der weltweiten Finanzkrise haben auch deutsche Banken erhebliche Verluste eingefahre: höchste Zeit, die Bankbilanzen zu bereinigen.

In die Bad Bank-Debatte ist Bewegung gekommen. Finanzminister Steinbrück hat seinen Rettungsplan für die Banken in wesentlichen Teilen nachgebessert. Ursprünglich wären die Steuerzahler in erheblichem Maße zur Kasse gebeten worden: Alles, was nicht aus den Erlösen und aus den Rückstellungen der Banken erwirtschaftet wird, hätte der Staat tragen müssen. Dafür hagelte es berechtigterweise Kritik. Nun hat das Finanzministerium Änderungen in zwei wesentlichen Punkten vorgenommen. Erstens sollen die Banken jetzt auch nach der Fälligkeit der toxischen Wertpapiere für verbleibende Verluste haften. Zweitens müssen die Banken von Beginn an, anstelle von Rückstellungen, so genannte Ausgleichszahlungen an den Staat leisten. Der neue Plan ist zwar besser als der erste, aber noch nicht wirklich gut (die ausführliche Analyse des Steinbrück II-Plans finden Sie hier): Die Vorkehrungen gegen eine Belastung des Steuerzahlers sind völlig unzureichend.

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Arbeitsmarkt, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 1 Kommentar zu Warum 2009 nicht 1929 ist

Warum 2009 nicht 1929 ist

Gestern schrieb Frank Stocker in der Welt am Sonntag: Im Gegensatz zu 1929 hätten heute die Regierungen schnell auf die Finanzkrise reagiert und täten momentan alles, um eine Deflation abzuwenden:

“Dies unterscheidet diese Krise auch von der Depression der 30er-Jahre. Damals reagierten die Regierungen kaum, sie ließen insgesamt 9000 Finanzinstitute zusammenbrechen, kürzten ihre Ausgaben sogar noch, verfielen in Protektionismus und machten so den völligen Kollaps der Wirtschaft erst möglich. Diesmal arbeiten sie dagegen international zusammen und stützen die Wirtschaft mit Billionen von Dollar, Euro oder Yuan.”

Den ganzen Artikel aus der WamS lesen Sie hier.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 2 Kommentare zu Good & Bad Banks sauber trennen

Good & Bad Banks sauber trennen

Das Epizentrum der Finanzkrise: die Immobilienpreise in den USA sanken in den letzten 12 Monaten um bis zu 30 Prozent.

Der Ausweg aus der Finanzkrise führt nur über eine Bereinigung der Bank-Bilanzen: Was passiert mit den toxischen Assets? Kommenden Mittwoch will die Bundesregierung den Steinbrück II-Plan beraten. Eine Alternative dazu bietet das Modell des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin): Saubere Trennung in Good und Bad Banks und Rekapitalisierung der Privatbanken durch vorübergehende (Teil-) Verstaatlichung.

Von Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann und Dr. Dorothea Schäfer

Es muss mindestens fünf vor zwölf sein, wenn der Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, die Beseitigung der toxischen Papiere aus den Bankbilanzen zur Priorität vor den weltweiten Konjunkturpaketen macht und Bundeskanzlerin Merkel Bad Banks zur Chefsache erklärt. Aber noch immer wird die Thematik nicht mit der nötigen Konsequenz angegangen.

Eine Bad Bank ist vor allem aus zwei Gründen notwendig: Zum einen wegen der Unsicherheit der Marktteilnehmer über die Ausfallrisiken der toxischen Papiere und daraus resultierend, über die Werthaltigkeit der Bankbilanzen. Zum anderen wegen dem quartalsweise wiederkehrenden Wertberichtigungsbedarf durch die toxischen Papiere und die dadurch anhaltende Bedrohung des Eigenkapitals der Bank. Es ist schwer vorstellbar, dass sich der Markt für die toxischen Papiere wiederbelebt. Zudem sind wahrscheinlich die Ausfallrisiken bei diesen Papieren hoch.

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Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Live-Blog: Wege aus der Krise

Live-Blog: Wege aus der Krise

bubble1Auf dem Bundessymposion des “Wirtschaftsrates Deutschland” in Berlin diskutieren heute, 7. Mai 2009 ab 18.30 Uhr, unter anderem Bundeswirtschaftsminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, die Bundestagsabgeordneten Dr. Norbert Röttgen und Albert Rupprecht sowie der geschäftsführende Direktor des Centrums für angewandte Wirtschaftsforschung Münster, Prof. Dr. Ulrich van Suntum. Thema: Wege aus der Krise – Wirtschaft und Politik in gemeinsamer Verantwortung. Markante Statements und Positionen werden wir ab jetzt live dokumentieren:

21.02 Uhr: Tichy schließt die Diskussion. Wir schauen mal, ob es jetzt etwas zu Essen gibt.

20.55 Uhr: Haasis zur Neuordnung der Landesbanken: Ich hoffe, dass wir durch die Finanzkrise zu einer Änderung bei den Landesbanken kommen. Dabei geht es um Konzentration und Abbau von Überkapazitäten. Wir dürfen aber nicht dazu kommen, dass es später mal heißt: Too big to sale.

20.48 Uhr: Tichy: Wird die Kreditvergabefähigkeit der Banken gefördert? Rupprecht: Eindeutig ja. Wir haben etwa 180 Milliarden Euro toxische Papiere. Durch das Modell und die Auslagerung der Papiere in Bad Banks kommen wir zu maximal 2 Billionen Euro liquiden Mitteln bei den Banken. Morgen früh reden wir mit Weber und Sanio u.a. über das Volumen der toxischen Assets. 

20.39 Uhr: Tichy: Ist der Bundestag übfordert oder vom Bundesfinanzminister schlecht informiert? Röttgen: Ich halte den eingeschlagenen Weg für richtig. Die Regierungsfraktionen haben gestern die Architektur des Modells diskutiert. Die Frage ist: Wer trägt am Ende die Haftung für das Risiko? Unser Ziel: Maximale Schonung der Steuerzahler. Das Modell führt zum Bilanzabgang und zur Schonung des Eigenkapitals der Banken. So kommen wir wieder zu mehr Liquidität.

20.27 Uhr: van Suntum: Ich habe das Modell mal durchgerechnet. Es geht in die richtige Richtung. Nachteil 1: Es ist nicht sauber gerechnet. Nachteil 2: Das Modell bringt eine Liquiditätsbelastung für die Banken.

20.24 Uhr: van Suntum: Ich bin einer der wenigen, der das neue Steinbrück II-Papier zu den Bad Banks hat. Da bin ich auf kriminellem Wege zu gekommen ;-) Das Konzept besteht aus einem Blatt Papier.

20.21 Uhr: Schmitz widerspricht der These, die Banken hätten Angst. Vielmehr sei das Risiko eines Unternehmenskredits heute in der Krise deutlich höher. Deshalb sei es gerechtfertigt, dass die Kredite heute teurer sind.

20.09 Uhr: Röttgen: Diese Krise fordert Umstellung und Krisenbewältigung – aber das dauert seine Zeit. Wir haben keine Alternative. Wir müssen aus der Krise lernen. Es geht nicht darum, den Staat jetzt als Unternehmer aufzubauen. Der Staat hat die Aufgabe den Markt zu erhalten, jetzt zu revitalisieren.

20.06 Uhr: Rupprecht: Hätten wir den 480 Mrd.-Rettungsschirm für die Banken nicht, wäre die Krise deutlich gefährlicher. Jetzt geht es darum, ein Bad Bank-Modell auf die Beine zu stellen. Außerdem müssen wir über die prozyklische Wirkung von Basel II auf das Eigenkapital diskutieren.

20.02 Uhr: van Suntum: Trotz niedriger Zinsen bei der Zentralbank kommt nicht genug Geld/Kredit bei den Unternehmen an. Tichy fragt: warum?  van Suntum: Weil die Banken Angst haben, dass Unternehmen pleite gehen.

19.56 Uhr: Schmitz: Wie lösen wir das Problem mit den toxischen Assets? Es darf nicht darum gehen, die Risiken allein dem Steuerzahler aufzubürden. Aber wir brauchen jetzt eine schnelle Lösung – am besten vor der Sommerpause. Sonst droht eine Abwärtsspirale bei der Bewertung der Papiere. 

19.52 Uhr: Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken: Wenn wir in die Zukunft schauen, sehen wir: Ja, es gibt Schwierigkeiten in der Unternehmensfinanzierung. Insbesondere wenn es um große und langfristige Investitionen geht. Aber auch in der Krise haben die deutschen Banken nicht ihr Geld in Deutschland verloren, sondern im Ausland.

19.45 Uhr: Heinrich Haasis, Präsident des deutschen Sparkassen- und Giroverbandes: Es ist nicht richtig, dass wir eine Kreditklemme haben. Gerade Sparkassen sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Wir wollen Geschäfte machen. Für dieses Jahr haben wir 8 Prozent mehr Kreditzusagen als im letzten Jahr. Ursache der Krise war aber, dass Meschen Kredite bekommen haben, die besser keine bekommen hätten.

19.41 Uhr: Roland Tichy, Chefredakteur der Wirtschaftswoche, eröffnet die Podiumsdiskussion.

19.30 Uhr: Jürgen Fitschen, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank: Immer, wenn das Geld für eine zu lange Zeit zu billig war, gab es Verwerfungen. So ist es zur globalen Krise gekommen.

19.23 Uhr: zu Guttenberg nennt vier Hauptwerte der Sozialen Marktwirtschaft: Leistung, Eigentum, Freiheit und Verantwortung.  

19.17 Uhr: zu Guttenberg: Es ist geboten, die Wachstumskräfte der Sozialen Marktwirtschaft abzuwarten. Nach drei, vier, fünf neuen Konjunkturpaketen zu rufen, ist ordnungspolitisch der falsche Ansatz.

19.10 Uhr: zu Guttenberg: Das Murren von sozialen Unruhen durch Personen, die nach hoher Verantwortung streben, ist unverantwortlich.

18.48 Uhr: zu Guttenberg: Wichtig in dieser Krise ist, eine globale Ursachensuche vorzunehmen. Nach sauberer Analyse waren es nicht die gierigen Banker, sondern Ursachen auf unterschiedlicher Ebene, auch auf der staatlichen. Die Soziale Maktwirtschaft hat sich nicht erschöpft, sondern bleibt der notwendige Bezugspunkt.

18.40 Uhr: Nach der Eröffnung des Symposions durch den Präsidenten des “Wirtschaftsrates Deutschland”, Prof. Dr. Kurt Lauk, beginnt Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg seinen Einleitungsvortrag.

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Kein Grund zur Entwarnung

Der Chart zeigt, wie die Risikoprämien nach dem 15. September auf bis zu 370 Basispunkte hochschnellten, in normalen Zeiten stehen die Spreads bei 25. Der Abstand ist heute immer noch groß.

Wie ein Blitz traf es im Sommer 2007 die Zentralbanker dieser Welt, als die Spreads der Interbankenkredite plötzlich in die Höhe schossen. Was war geschehen? Die Akteure auf den Finanzmärkten misstrauten sich gegenseitig. Den Bankern schwante damals, dass die Subprimekredite faul waren. Seither schwelt die Finanzkrise. Als die US-Regierung den Bankriesen Lehman Brothers am 15. September 2008 Pleite gehen ließ, kollabierten die Märkte. Der Chart zeigt, wie die Risikoprämien nach dem 15. September auf bis zu 370 Basispunkte hochschnellten, in normalen Zeiten stehen die Spreads bei 25. Der Abstand ist heute immer noch groß. Das Niveau vor Lehman hat er längst nicht erreicht. Kein Grund also zur Entwarnung, auch wenn die europäischen Interbankenmärkte stärker entspannt sind. Wichtig ist, dass die Bilanzen der Banken von faulen Kreditrisiken bereinigt werden, sonst kann kein Vertrauen in die Bonität der Banken zurückkehren und auch keine Normalisierung bei der Kreditvergabe an die Wirtschaft. Ein kluges Bad Bank-Modell muss her und zwar schnell.


Von einer etwas anderen Perspektive beschreibt Dr. Manfred Jäger im ÖkonomenBlog die aktuelle Lage auf dem europäischen Geldmarkt. Jäger schreibt: Der Geldmarkt entspannt sich.
Aktulle Beiträge zur Bad Bank-Debatte finden Sie hier.

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Falsche Anreize

Die Bad Bank soll helfen, die Bankbilanzen von sog. toxischen Wertpapieren zu befreien und das Vertrauen der Banken untereinander wieder herzustellen. Dabei gibt es jedoch ein Dilemma: Um sicher gehen zu können, dass die Banken wirklich alle Wertpapiere auslagern, müssen die Konditionen attraktiv sein, weiterhin darf es für die Banken keine Verpflichtung geben, für Verluste bei der Abwicklung der Papiere später haften zu müssen. Allerdings setzt man hiermit die falschen Anreize, nämlich dass derjenige, der hohe Risiken eingeht, später mit großzügiger Hilfe rechnen kann. Wettbewerbsneutral ist eine staatlich gestützte Bad Bank auch nicht, denn diejenigen, denen die Staatshilfe heute zugute kommt, werden künftig umso aggressiver am Markt auftreten.

Auch die nun auf dem Tisch liegenden Vorschläge für die Einrichtung von Bad Banks lösen dieses Dilemma nicht. Können die Banken ihre toxischen Wertpapiere zum Buchwert verkaufen, sind sie ihre Verlustbringer zwar auf elegante Weise los, die Verlustrisiken trägt aber der Steuerzahler, wenn der Ankauf über eine staatlich garantierte Anleihe erfolgt. Müssen die Banken dagegen die Verluste aus der Verwertung der Wertpapiere später tragen und dafür Rückstellungen bilden, kann man die Papiere auch gleich bei den Banken belassen. Der Versuch, das Problem durch eine Bewertung der Wertpapiere oder durch die Entrichtung einer angemessenen Risikoprämie zu lösen, wird scheitern: Dieser Weg ist zu teuer, zu langwierig und letztlich wird man einsehen müssen, dass es keinen objektiv richtigen Wert gibt.

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Geldmarkt entspannt sich

Die Einlagen in der EZB sind von 300 Mrd. zu Beginn des Jahres auf nun etwa 20 Mrd. Euro gesunken.

Wenn ich den Banken nicht traue, lege ich mein Erspartes unters Kopfkissen. Das bringt zwar keine Zinsen – aber wenigstens kann ich ruhig schlafen. Dieser simplen Herangehensweise folgen nicht nur viele Menschen im normalen Leben. Auch die Banken haben in den letzten Monaten lieber das Geld zur Europäischen Zentralbank gebracht, als es zu einem höheren Zinssatz anderen Instituten oder den Unternehmen zur Verfügung zu stellen. An diesem Ort befindet sich das Epizentrum der Finanz- und Wirtschaftskrise: Keiner traut sich mehr über den Weg. Genau an diesem Fleck kommt nun endlich wieder ein wenig Entspannung in den Markt. Die Einlagen in der EZB sind von 300 Mrd. zu Beginn des Jahres auf nun etwa 20 Mrd. Euro gesunken. Auch die Zinssätze für Interbankenkredite haben sich wieder angenähert: Mitte April lagen sie für gesicherte bzw. ungesicherte nur noch 60 Basispunkte auseinander – letzten Oktober waren es noch 182 Punkte. Die Banken fassen also wieder Vertrauen und leihen sich untereinander wieder Geld. Endgültige Entwarnung kann es aber noch nicht geben: Denn die Kreditausfälle werden wegen der Rezession zu weiteren Wertberichtigungen führen. Außerdem haben sich die bisher erfolgsverwöhnten Hedefonds noch nicht von ihren herben Rückschlägen erholt. Die von ihnen verwalteten Mittel gingen im Jahr 2008 um 30 Prozent zurück. Ein weiterer Rückschlag ist wahrscheinlich, da einige Anlagegesellschaften Kapitalabzüge nur mittels Abzugssperren verhindern konnten. Wichtig ist, dass wir schon jetzt eine Perspektive für eine neue Finanzarchitektur bekommen, damit die Unsicherheit für zukünftige Regulierung weicht: Bessere Regeln für mehr und besseres Eigenkapital, eine zusätzlich in guten Zeiten zu bildende Rücklage sowie detaillierte Stresstests für die Banken.