Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 4 Kommentare zu Weniger Reiche

Weniger Reiche

Die Steuerquote in Deutschland ist zuletzt wieder angestiegen. Die   Steuerbelastung in Relation zum BIP lag 2009 bei 23,1 Prozent.

Die Zahlen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kann man eigentlich nicht falsch verstehen. Und dennoch vermitteln die dicke Buchstaben am Zeitungsständer den Eindruck: Deutschland wird ärmer. Dabei zeigt die DIW-Studie etwas ganz anderes: Im Krisenjahr 2009 musste vor allem eine Gruppe Federn lassen, nämlich die mit den höchsten Einkommen. In Deutschland gibt es also in der Krise weniger Reiche als davor. Das ist alles andere als eine gute Nachricht. Weniger Spitzenverdiener bedeutet nämlich lange nicht, dass es den ärmeren Menschen besser geht. Gerade deshalb ist es Unsinn, jetzt über die Erhöhung etlicher Steuern nachzudenken. Schon heute schultern die Spitzenverdiener den weitaus dicksten Anteil des Steueraufkommens. Die Steuerquote erreichte im Jahr 2008 ein Zwischenhoch von 23,9 Prozent – nur in den 80er Jahren wurde den Deutschen noch tiefer in die Tasche gegriffen. All das mit dem Ergebnis, dass die Steuerquelle wieder kräftig sprudelt. Was soll daran sozial gerecht sein, die Steuern jetzt weiter zu erhöhen? Nichts. Denn wer den Starken jetzt noch mehr auflastet, wird für die Schwächeren keinen Nutzen erreichen.

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Pfeife für die Bankenaufsicht

Die Reform der Bankenaufsicht ist erst einmal vom Tisch. Scheinbar hat man aus der Vergangenheit nichts gelernt. Schon lange ist klar: Die Finanzaufsicht hat in der Krise eklatant versagt und so zum Ausmaß maßgeblich beigetragen. Die deutsche Finanzaufsicht ist nicht in der Lage, die mit Basel II eröffnete Quasi-Privatisierung der Eigenkapitalregelungen – wonach Banken durch eigene Risikomodelle die Eigenkapitalanforderungen verringern können – zu begleiten. Um dies zu prüfen, braucht die Aufsicht eigene Modelle. Doch weder verfügt die deutsche Bankenaufsicht über ein eigenes Risikomodell noch über eine entsprechende personelle Ausstattung – und es fehlt die Unabhängigkeit, die einem kraftvollen Handeln vorauszusetzen ist.

In diesen Punkten liegt der politische Handlungsbedarf. Der einseitige Blick auf die Regeln verkennt eines: Regeln werden nur wirksam, wenn Sie jemand durchsetzt. Die Bankenaufsicht hat die Aufgabe, Regelverstöße aufzuzeigen und zu unterbinden. In der jetzigen Rechtsform kämpft die BaFin aber mit stumpfen Waffen. Eine Überführung der BaFin in eine GmbH – ähnlich wie vor zehn Jahren mit der Bundesschuldenverwaltung geschehen – wäre ein wichtiger Schritt. Denn eine GmbH kann marktfähige Gehälter zahlen und so kompetentes Personal akquirieren. Darüber hinaus muss die Aufsicht eine größere Unabhängigkeit erhalten. Und drittens sollte sie mit einer unabhängigen Kommission – analog der Monopolkommission – in eine fachliche Debatte treten. So kann eine starke Aufsicht gewährleistet werden. Denn wie auch bei der Fußball WM bringt das beste Regelwerg nichts, wenn der Schiedsrichter keine Pfeife hat.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Endlich Rationalität in der Opel-Debatte?

Endlich Rationalität in der Opel-Debatte?

Die Krise bei Opel ist älter als die Wirtschaftskrise. Schon seit mehreren Jahren verliert Opel an Marktanteilen. Eine Staatshilfe für Opel lässt sich nicht rechtfertigen.

Der Überlebenskampf von Opel ist älter als die Wirtschafts- und Finanzkrise. Bereits vor Ausbruch der Krise verringerte sich der Marktanteil von Opel kontinuierlich. Die erste staatliche Hilfe war bereits 1992 fällig. Richtig dramatisch wurde die Situation aber im Herbst 2008. Fehlentscheidungen der Konzernmutter General Motors stürzten auch Opel in die Krise. Nach der Abwrackprämie, dem so genannten Überbrückungskredit und der gescheiterten Übernahme durch Magna ging die Debatte um Staatshilfe in eine weitere Runde. Diese scheint langsam beendet zu sein.

So ist nach dem Votum des Bundeswirtschaftsministeriums und dem Einlenken der Kanzlerin eine Hilfe vom Bund nicht mehr zu erwarten. Es ist lobenswert, dass die Bundesregierung hier Einhalt gebietet. Dennoch scheint der Wunsch der Länder nach Hilfen für Opel ungebrochen. Eifrig werden neue Wege diskutiert, Opel ein weiteres Mal unter die Arme zu greifen. Man sieht scheinbar darüber hinweg, wie GM im letzten Sommer mit Insolvenzdrohung versucht hat, staatliche Hilfe zu erpressen. Und dank amerikanischer Staatshilfe und der Insolvenz im letzten Sommer steht GM wirtschaftlich wieder recht solide da. Auf 17 Milliarden werden die flüssigen Mittel geschätzt. Selbst Opel gibt an, ohne Staatshilfe an den Kernpunkten des Sanierungsplanes festhalten zu wollen. Warum also sollte der Staat jetzt helfen – und damit andere Firmen und Anbieter diskriminieren?

Möglicherweise handelt es sich bei den Aussagen zu Landesbeihilfen aber auch um kontrollierte Rückzugsgefechte der Landesregierungen. Immerhin müssen die Länder jetzt eigenes Geld ausgeben und sich vor den Wählern im Land verantworten. Das macht eine Finanzierung schwieriger. Mit dem Hinweis auf diese Restriktion sollte es den Landesregierungen dann doch leicht fallen, die Hilfen für die Opel-Standorte abzulehnen und sich aus der Opel-Falle zu befreien.

Zitat

Keine Gesellschaft kann gedeihen und glücklich sein, in der der weitaus größte Teil ihrer Mitglieder arm und elend ist.

— Adam Smith, 1723-1790, Begründer der klassischen Nationalökonomie

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , 16 Kommentare zu Minipaket reicht nicht

Minipaket reicht nicht

Rund 22 Milliarden werden in diesem Jahr vorraussichtlich für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben. Will man den Haushalt konolidierung, muss auch dieser Posten analysiert werden.

Die angekündigten Maßnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes sind das absolute Minimum, um die Vorgaben der Verfassung einzuhalten. Der Staat lebt über seine Verhältnisse. Die Maßnahmen reichen nicht aus, um Deutschland aus der Verschuldungsfalle zu führen. Wenn dies nicht gelingt, droht eine hohe Inflation, die Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose und Rentner besonders trifft. Sie müssen dann mittelfristig die Zeche mit hohen Konsumgüterpreisen bezahlen. Deshalb müssen weitere Maßnahmen auf der Ausgabenseite folgen. Ohne weitere Einschnitte im Bereich des Arbeits- und Sozialministeriums ist dies nicht möglich. Dazu gehört eine ehrliche Diskussion über die aktive Arbeitsmarktpolitik und den Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung. Wer dies nicht will, fährt den Karren bewusst vor die Wand.

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , 1 Kommentar zu Bildungsinvestitionen konsolidieren

Bildungsinvestitionen konsolidieren

Investitionen in Bildung könnten ohne Abweichung vom Konsolidierungskurs erfolgen. Sinkende Schülerzahlen setzen rund 5 Milliarden Euro frei.

Auf dem ersten Bildungsgipfel vor zwei Jahren in Dresden hatte die Politik versprochen, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf 10 Prozent des BIP zu erhöhen. Derzeit liegen sie bei 8,6 Prozent. Ernüchtert muss nach dem dritten Bildungsgipfel vor wenigen Tagen festgestellt werden, dass die Politik auch diesmal keinen Fahrplan vorgelegt hat, wie sie ihr Ziel erreichen will. Zugegeben: krisenbedingt ist die Haushaltslage derzeit äußerst prekär. Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wichtige Projekte – wie zusätzliche Kitaplätze und Ganztagsgrundschulen – zu finanzieren.

Das Zeitfenster dafür ist günstig, denn demographisch bedingt werden im Bundeshaushalt Gelder frei. Bis 2015 gehen die Ausgaben für das Kindergeld um etwa 1,7 Mrd. Euro zurück. Die rückläufigen Schülerzahlen an allgemein bildenden und beruflichen Schulen setzen rund 4,3 Mrd. Euro frei. Und letztlich würde die Einführung von flächendeckenden Studiengebühren von 500 Euro pro Semester zu zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 1 Mrd. Euro führen – Ausgleichzahlungen für Sozial schwächere schon berücksichtigt. Alles im allem kämen so etwa 7 Milliarden Euro zusammen, die für Bildungsausgaben zur Verfügung stünden, ohne den Haushalt des Bundes mit Mehrausgaben zu belasten.


Neue Bildungsausgaben sind finanzierbar, zeigt der IW-Bildungsexperte Prof. Dr. Axel Plünnecke in einem Beitrag für das iwd (Ausgabe 23/2010).

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , Leave a Comment on Anlass zur Zuversicht

Anlass zur Zuversicht

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in den Ländern mit dualer Ausbildung im OECD Vergleich sehr niedrig.

Abwertung des Euros, Staatsbankrott, Inflation – die Schreckenszenarien dominieren derzeit die öffentlichen Debatten. Die ökonomischen Fakten bleiben aber dabei leider oft auf der Strecke. Die trübe Stimmung der Öffentlichkeit kontrastiert die Lage der Unternehmen. Denn diese sehen der Zukunft weit weniger skeptisch entgegen. Der Maschinenbau berichtet über einen anhaltenden Aufwärtstrend. Die Arbeitslosenquote sinkt und lag im Mai auf dem niedrigsten Stand seit 14 Jahren, und auf dem Arbeitsmarkt gibt es deutlich mehr offene Stellen.

Das hat seine Gründe. Die Innovationskraft und Internationalität der deutschen Unternehmen bleibt ungebrochen und zahlt sich besonders jetzt aus. Doch der Erfolg sitzt tiefer. So wird für die Sicherung der Innovationskraft die Bedeutung der tertiären Bildung betont, und zwar durchaus berechtigt. Die duale Berufsausbildung mit ihren differenzierten Zugängen zur Arbeitswelt ist eine wesentliche Erklärung für den Erfolg unserer Industrie. Den Erfolg des Modells spiegelt die sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit wider, die unter den OECD Staaten nur in Deutschland rückläufig war. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken müssen wir diese Stärke ausspielen. Durch praxisnahe Ausbildung und eine engere Verzahnung von Studium und Praxis kann der Einstieg in die Bildungsbiografie des lebenslangen Lernen gelingen und so auch die Integration von Problemgruppen in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. Es gilt: Wir haben genauso Anlass zur Zuversicht wie zum Zweifel! Ob das böse Ende naht, bleibt unsere Sache.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 4 Kommentare zu Sparpaket kein großer Wurf

Sparpaket kein großer Wurf

80 Milliarden will die Bundesregierung bis 2014 einsparen. Damit soll die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse eingehalten werden können.

Das Sparpaket der Bundesregierung liegt auf dem Tisch. 80 Milliarden sollen in den kommenden vier Jahren eingespart werden. Vom Umfang her ein großer Kraftakt. Und in einigen Bereichen wurden tatsächlich auch Umsteuerungen unternommen, wie z. B. mit der Streitkräftereform. Aber insgesamt ist das Sparpaket nicht sehr innovativ. Statt eine Brennelementesteuer zu kreieren, hätte eine Versteigerung der Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken rund 50 Milliarden Euro einbringen können, die an anderer Stelle nicht gekürzt hätten werden müssen. Scheinbar ist auch nicht drüber nachgedacht worden, aus welchen Bereichen der Wirtschaft sich der Staat zurückziehen könnte. Die Transportsparten der Deutschen Bahn wie z. B. Schenker Logistics hätten an private Investoren verkauft werden können. Es bleibt unverständlich, wieso internationale Logistik Aufgabe des Staates und letztlich die des Steuerzahlers ist.

Auch die Einnahmenseite ist strukturell weitestgehend unangetastet geblieben. Den verringerten Mehrwertsteuersatz abzuschaffen, hätte das Steuersystem vereinfacht. Als Ausgleich könnte man den Sozialetat unangetastet lassen oder die unteren Einkommensgruppen im Gegenzug entlasten. Noch lässt sich nicht prognostizieren, ob das Sparpaket genügend Handlungsspielraum schafft. Ohnehin bleibt abzuwarten, ob alle Vorschläge umgesetzt werden. Auch der Koalitionsvertrag sieht viele Dinge vor, die bisher nicht umgesetzt wurden.


Für eine Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems plädiert auch der Ex-Wirtschaftsweise Prof. Dr. Peffekoven in seinem ÖkonomenBlog-Beitrag vom 15. April 2010. Der Finanzwissenschaftler warnt allerdings vor einer generellen Steuererhöhung und fordert: 16 Prozent auf alles.

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Mit Insolvenz zu mehr Stabilität

Trotz der Sparversprechen und der Einschränkung der Spekulationen, fällt der Euro im Vergleich zum Euro weiter.

Die griechische Tragödie hat sich zu einer europäischen Vertrauenskrise ausgeweitet. Aber trotz Spekulations“verboten“, Finanztransfers an Griechenland und Beteuerungen der EU-Mitgliedsstaaten die Haushalte zu konsolidieren, konnte die fortwährende Abwertung des Euro nicht gestoppt werden. Die Finanzmärkte haben sich offenkundig nicht sonderlich von der Nachhaltigkeit derartiger Beteuerungen und milliardenschwerer Finanzhilfen für Griechenland & Co. beeindrucken lassen. Denn: nur ein glaubwürdiger Sanktionsmechanismus und eine Sanierung der Haushalte kann die Vertrauenskrise um den Euro langfristig abwenden – Verbote und politische Absichtserklärungen weisen hier den falschen Weg.

Doch gerade über diesen disziplinierenden Sanktionsmechanismus, der Anreizstrukturen für eine eigenverantwortliche Gewährleistung solider Staatsfinanzen schafft, verfügt die Eurozone eben bisher nicht. Nicht zuletzt Deutschland und Frankreich haben gerade durch die Aufweichung der Stabilitätskriterien 2004 die Verwässerung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gefördert. Und damit wird genau der Kern des Problems getroffen: sobald Sanktionen Teil des politischen Verhandlungsprozesses sind, unterliegen sie keinem automatisierten – politisch unabhängigen – Verfahren.

Ziel muss es sein, Anreize für eine verantwortungsvolle und solide Haushaltpolitik zu setzen, die jeglicher zwischenstaatlicher Finanztransfers entbehren. Sofern Unterstützungsmaßnahmen in Form von Krediten oder einem europäischen Finanzausgleich dennoch als politische Notwendigkeit betrachtet werden, so sind strenge und transparente Kriterien anzulegen. Die Ausschlußmöglichkeit von Mitgliedsstaaten aus der Eurozone und die Möglichkeit einer Staatsinsolvenz sind dann nur konsequente Schritte. Staaten mit drohenden Zahlungsschwierigkeiten werden daher präventiv alles unternehmen, um die Stabilität ihres Landes und Europas zu gewähren. Unternehmen und Privatpersonen müssen nach dieser Maxime walten – wieso dann nicht auch Staaten?

Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , 2 Kommentare zu Reflexionen nach dem Köhler-Rücktritt: Politik als Beruf

Reflexionen nach dem Köhler-Rücktritt: Politik als Beruf

Der Rücktritt eines Bundespräsidenten, der im Volk jahrelang in hoher Wertschätzung stand, weil er gerade nicht der allseits unbeliebte Prototyp des Profi-Politikers war, hat fast unisono in den Medien zur Schlussfolgerung geführt: Jetzt muss für das oberste Staatsamt aber wieder ein politischer Profi her! Doch ist in einer Zeit, in der sich die Politik vom Volk entfremdet hat wie selten und die Legitimation der politischen Macht als Folge zunehmender Wahlabstinenz immer fragwürdiger wird, nicht ein grundsätzlicheres Nachdenken über unser politisches Personal notwendig?

Max Weber, Jurist und Nationalökonom, ist schon vor 90 Jahren der Frage nachgegangen, was einen guten Politiker auszeichnet. „Man kann sagen, dass drei Qualitäten vornehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft – Verantwortungsgefühl – Augenmaß.“ Leidenschaft bedeutet für Weber keine „sterile Aufgeregtheit“, die sich im tagespolitischen Aktionismus manifestiert, dem alles sachliche Verantwortungsgefühl fehlt. Leidenschaft setzt Kompetenz voraus. Es bedeutet die Fähigkeit und den Willen, sich mit den komplexen Wirkungsmechanismen unserer Wirtschaft und Gesellschaft auseinanderzusetzen. Im guten Politiker muss ein inneres Feuer brennen, das aus Lebenserfahrung, sachlicher Kompetenz und Herzensbildung gespeist wird.

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Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 5 Kommentare zu Erfolgreich konsolidieren und (nebenbei) reformieren

Erfolgreich konsolidieren und (nebenbei) reformieren

Diese Staaten haben ihren Staatshaushalte nachhaltig konsolidiert.

Neben Griechenland, Spanien und Deutschland haben fast alle OECD-Staaten hohe Staatsschulden aufgebaut. Laut Stabilitäts- und Wachstumspakt darf die Schuldenquote nicht über 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Deutschland nähert sich gerade der 80-Prozent-Marke an. Wie ist es möglich, einen so immens defizitären Staatshaushalt zu konsolidieren?

Seit dem Zweiten Weltkrieg mussten bereits viele OECD-Staaten ihre Staatshaushalte neu sortieren und aufgebaute Schulden abbauen. Die Ergebnisse sind durchaus unterschiedlich. Einige Länder waren erfolgreich, andere scheiterten auf ganzer Linie. Worin unterscheiden sich also die unterschiedlichen Wege? Anders gefragt: Was vereint die erfolgreichen Konsolidierungsstrategien?

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Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 1 Kommentar zu Fuß nicht von der Schuldenbremse nehmen

Fuß nicht von der Schuldenbremse nehmen

Die Staatsverschuldung von Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen in Deutschland steigt kontinuierlich an. Höchste Zeit, fest auf die Schuldenbremse zu treten.

Die europäischen Regierungen stehen unter massivem Druck. Es sind nicht nur ihre Schuldenberge, sondern auch die Angst vor immer höheren Refinanzierungskosten, die sie zu massiven Sparanstrengungen drängen. Einige Politiker versuchen die Ursache dieser Krise ominösen „Spekulationsmonstern“ oder „Nieten in Nadelstreifen“ [Zitat Gabriel in seiner Rede vom 21.5. zum so genannten Euro-Rettungsschirm] unterzujubeln. Richtig ist allerdings: der Markt legt den Finger nur in die klaffende Wunde. Ursprung allen Übels ist die Verschuldung der Staaten selbst.

So gut und richtig die aktuellen Bemühungen um eine Zurückführung der jährlichen (!) Rekord-Nettoneuverschuldung sind, so wichtig ist eine langfristige Perspektive. An der Konsolidierung werden wir viele Jahre, werden viele Generationen zu knabbern haben. Denn die Schuldenkrise des Staates ist eine langfristige, die sich durch die Finanzkrise 2008 nur nochmals deutlich verschärft hat. Über Jahrzehnte wurde es versäumt, die uferlos wachsende Verschuldung einzudämmen. Im Jahr 2007 – und damit vor der Finanzkrise – ist der Schuldenberg der öffentlichen Haushalte auf unglaubliche 1.578 Milliarden (etwa 19.000 Euro pro Kopf) gewachsen und verschlang allein an Zinszahlungen 67 Milliarden Euro, fast drei Prozent des BIP.

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Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , 13 Kommentare zu Die Pflegebombe tickt

Die Pflegebombe tickt

Die Nachhaltigkeitslücke der Pflegeversicherung beträgt rund 37 Prozent des BIP. Passiert nichts, platzt die nächste Schuldenbombe.Die Staatsschuld in Deutschland erreicht in diesem Jahr voraussichtlich rund 75 Prozent der jährlichen Wirtschaftskraft. Doch das ist nur die spitze des Eisbergs. Durch den demografischen Wandel rollt der nächste Kostentsunami auf die zukünftigen Generationen zu. Allein in der Pflegeversicherung beläuft sich die Nachhaltigkeitslücke auf 37 Prozent des BIP.

Zum 01.01.1995 hat Deutschland die Pflegeversicherung als Pflichtversicherung eingeführt – und damit eine Zeitbombe scharf gemacht. Den Beitragszahlern hat man versprochen, dass auch sie später Pflegeleistungen erhalten werden. Aber schon damals stand fest, dass der Generationenvertrag in der Pflegeversicherung nicht aufgehen wird.

Denn Fakt ist: Wenn die geburtenstarken Jahrgänge zu Pflegefällen werden, ist kaum noch einer da, den man als Beitrags- oder Steuerzahler heranziehen kann. Die Baby-Boomer haben schlichtweg zu wenig Beitragszahler in die Welt gesetzt. Zwar hat die Pflegeversicherung in diesem Jahr einen Milliardenüberschuss erwirtschaftet, doch spätestens im Jahr 2040 kulminiert die Belastung in der Pflegeversicherung so richtig. Um alleine die demographische Entwicklung auszugleichen, müssten die Beiträge auf vier bis viereinhalb Prozent ansteigen. Hinzu kommt, dass der Pflegebetrieb ein arbeitsintensiver Bereich mit wenig technischem Fortschritt ist. Die Zunahme der Demenzkranken sorgt für einen weiteren Anstieg. Um eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung sicherzustellen, müsste der Beitrag summa summarum im besten Fall auf fünf, im schlechtesten Fall auf sieben Prozent ansteigen. Oder man steuert auf der Ausgabenseite gegen. Leistungen kürzen ist politisch kaum durchsetzbar. Machbar wäre, die Leistungen auf dem Status Quo einzufrieren und auslaufen zu lassen. So oder so: passiert nichts, platzt bald die nächste Schuldenbombe.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , 1 Kommentar zu Währungsunion: Stabilität verbessern

Währungsunion: Stabilität verbessern

staatsschuldenquote
Das mehrheitlich positive Votum des Bundestages zum 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Diskussion auch extreme Positionen zu hören waren. Nachdenklich stimmt die Aussage, eine Währungsunion und Preisniveaustabilität sei mit ökonomisch undisziplinierten Staaten nicht zu machen. Im Klartext ist das die Forderung nach Aufgabe der Währungsunion. Ist die dahinter stehende Einschätzung aber so gut begründet, wie sie selbstbewusst daherkommt? Immerhin hat die Währungsunion zehn Jahre gut funktioniert. Dies gilt trotz aller Kompromisse bei den Beitrittsentscheidungen und der Anwendung des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Laufe der letzten Dekade. Gerade Deutschland hat in den vergangenen Jahren von Währungsstabilität innerhalb der Euro-Zone profitiert.

Das rechtfertigt keinesfalls eine Rettung um jeden Preis. Alle Lösungsversuche müssen entsprechend sorgfältig abgewogen werden. Der 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm mit seinen strengen Bedingungen, bei jedem Hilfegesuch sich dem Internationalen Währungsfonds und seinen Auflagen zu stellen, wirkt sicherlich nicht wie die Einladung zu einer heiteren Party mit vielen Gästen. Selbst wenn es in diesem Rettungsschirm Elemente gibt, die zu falschen wirtschaftlichen Anreizen beitragen. Ihn abzulehnen wäre fatal gewesen. Der Preis des Scheiterns der Währungsunion wäre unkalkulierbar. Durch den Rettunkschirm bekommt die Politik nun die notwendige Zeit, um den institutionellen Rahmen der Währungsunion zu verbessern.

Europa, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 12 Kommentare zu Ohne Kürzen geht es nicht

Ohne Kürzen geht es nicht

Die Zinsausgaben des Bundes machen bereits 2010 rund 12 Prozent der Gesamtausgaben aus. Nach den Sozialausgaben ist dies der zweitgrößte Posten auf der Ausgabenseite des Bundes

Die hohe Staatsverschuldung in Deutschland schränkt seit Jahren die Handlungsmöglichkeiten des Staates massiv ein. Grund ist die dramatisch gewachsene Zinsbelastung. In diesem Jahr fallen im Bundeshaushalt dafür 37 Mrd. Euro an. Das sind fast 12 Prozent der Gesamtausgaben des Bundes. Nach den Sozialausgaben ist das der größte Einzelposten. Mit nachhaltiger Finanzpolitik, die auch Rücksicht auf die kommenden Generationen nimmt, hat das nichts zu tun.

Mit dem Bundeshaushalt 2011 muss nun eine Kehrtwende eingeleitet werden, sofern die Schuldenbegrenzung des Grundgesetzes ab 2016 eingehalten werden soll. Aber wie? Ein Weg wären höhere Inflationsraten; so könnte sich der Staat auf Kosten der Bürger entschulden. Soziale Marktwirtschaft setzt aber Eigentum und Haftung voraus. Inflation ist dagegen Enteignung der Eigentümer von Geldvermögen – und zudem ein Verstoß gegen das Haftungs- und Verantwortungsprinzip.

Alternativ könnte der Staat versuchen, über höhere Einnahmen die Verschuldung abzubauen. Aber auch dies wird nicht gelingen. Denn Steuererhöhungen bremsen das Wachstum und verstärken so die Haushaltsprobleme noch zusätzlich. Bleibt also nur die Strategie, bei den öffentlichen Ausgaben konsequent den Rotstift anzusetzen. Empirische Studien zeigen, dass niedrigere öffentliche Ausgaben das Wirtschaftswachstum nicht behindern. Voraussetzung wäre, dass – anders als in der Vergangenheit – die Staatsausgaben in der Summe zukünftig deutlich weniger steigen als das nominale Bruttoinlandsprodukt. Die Politik muss entscheiden, wo konkret gespart werden soll. Dazu müssen Prioritäten staatlichen Handels festgesetzt werden. Nimmt sie einzelne Bereiche (zum Beispiel Bildung) von Kürzungen aus, dann muss in anderen umso mehr eingespart werden.

Kürzen sollte der Staat dort, wo politische Ziele heute nicht mehr vordringlich sind, zum Beispiel bei der Regionalpolitik, Entwicklungspolitik, Energie- und Agrarpolitik. Subventionen müssen weiter gekürzt und öffentlicher Güter zukünftig effizienter bereitgestellt werden. Viele Leistungen des Staates können der Privatwirtschaft übertragen werden. Auch im Sozialetat sind Einsparungen möglich, wenn man die Hilfen auf die wirklich Bedürftigen konzentriert und mehr Subjektförderung statt Objektförderung betreibt.


Professor Dr. Rolf Peffekoven ist Finanzwissenschaftler an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen.