Euro

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 7 Kommentare zu Schuldenschnitt ist unausweichlich

Schuldenschnitt ist unausweichlich

Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos treibt ein Thema die Gemüter um: Wie können wir die Schuldenkrise in Europa lösen? Eine Ausweitung des Rettungsschirms führt am wahren Problem vorbei und führt uns nur noch weiter in Richtung einer Transferunion, die vor allem Deutschland erheblich schaden würde. Denn die Befürworter eines größeren Rettungsschirms tun so, als wäre das Ganze eine Liquiditätskrise. Heißt: Wir gehen davon aus, als könnten vorübergehende Kredite die Probleme der europäischen Schuldenstaaten lösen. Doch so einfach ist es nicht. Denn das eigentliche Problem ist, dass die Schuldenberge so hoch sind, dass sie realistisch betrachtet nie mehr zurückbezahlt werden können. Ein Schuldenschnitt ist deshalb unausweichlich.

Die entscheidende Frage ist dann: Zahlen die anderen Länder, oder werden auch private Gläubiger beteiligt? Verzichtet man darauf, private Gläubiger mit ins Boot zu holen, fragen sich die Steuerzahler der Geberländer zu Recht, warum sie für die Zeche aufkommen sollen.

In einer Marktwirtschaft gilt, dass Investoren einerseits Gewinne ihrer Investitionen beanspruchen können, sie andererseits aber auch Verluste tragen sollten. Das spricht dafür, auch private Gläubiger an den Kosten zu beteiligen. Doch auch das ist schwierig, denn dann muss man aufpassen, nicht wieder ein Lehmann-Szenario auszulösen. Es wird sich wohl nicht vermeiden lassen, dass bei einem Schuldenschnitt zumindest bei der Abwicklung der betroffenen Banken in der Eurozone die Steuerzahler herangezogen werden. Die Gefahr ist allerdings groß, dass die Politik diesen Schritt scheut, man erst einmal abwartet und mit dem Rettungsschirm die Schulden in Griechenland und Irland weiter ansteigen lässt. Das wäre die denkbar schlechteste Lösung.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , 24 Kommentare zu Herr Trichet, reißen Sie diese Mauer ein!

Herr Trichet, reißen Sie diese Mauer ein!

Wenn die Staats- und Regierungschefs der EU Anfang Februar zu ihrem Gipfel zusammenkommen, dann wird erneut über die Schuldenkrise der Euro-Staaten zu reden sein.

Klar ist: Die Überschuldung von Staaten und Banken ist längst nicht bewältigt, sondern wir erleben die Anfänge. Die Märkte sind verunsichert. Wenn Verunsicherung herrscht, ist Transparenz wichtig. Doch daran mangelt es, insbesondere auf Seiten der Europäischen Zentralbank (EZB).

Die erfolgreiche Anleihenplatzierung Portugals vor einer Woche in der Größenordnung von 1,25 Mrd. Euro wurde als großer Erfolg öffentlich gepriesen. Einen Tag später teilte die Nachrichtenagentur Bloomberg mit, die EZB habe am Vortag Anleihen in der Größenordnung zwischen 1 und 1,5 Mrd. Euro gekauft. So ein Zufall! Sicher hat die EZB nicht deutsche Staatsanleihen gekauft, wahrscheinlich auch nicht niederländische oder finnische. Vielleicht hat sie griechische oder irische, aber vielleicht auch portugiesische Papiere gekauft. Die EZB hüllt sich in Schweigen und trägt damit zur Verunsicherung der Märkte bei.

Klar ist: Die EZB bewegt sich auf sehr dünnem Eis. Sie darf nach Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht direkt Staatspapiere aufkaufen und dann auch nur solche, die marktgängig sind. An der Marktgängigkeit griechischer und portugiesischer Anleihen kann man durchaus Zweifel haben, sonst hätten diese Länder die aktuellen Probleme nicht.

Eine Manipulation der Marktpreise ist die Intervention, die inzwischen fast 140 Mrd. Euro umfasst, allemal. Denn neben den Ankäufen für fast 80 Mrd. Euro im Bereich der Staatsanleihen hat die EZB für 60 Mrd. Euro Pfandbriefe erworben.

In diese Situation hat sich die EZB durch die Monetarisierung von Staatsschulden selbst gebracht. Die EZB ist durch ihre eigene “Prinzipienlosigkeit” erpressbar geworden. Aus dieser Lage will sie jetzt heraus. Deshalb drängt EZB-Präsident Trichet die Staats- und Regierungschefs zu einer Aufstockung des “Euro-Rettungsfonds”.

Die EZB agiert nicht im rechtsfreien Raum. Nach den europäischen Verträgen ist sie nicht der Finanzierung überschuldeter Staaten und Banken verpflichtet, sondern der “Preisstabilität”. Das ist ihr Auftrag. Ob sie diesem gesetzlichen Auftrag nachkommt, muss sie darlegen: “Herr Trichet, reißen Sie diese Mauer ein!”

Buchkritik, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , 3 Kommentare zu Der Zonen-Hans-Olaf

Der Zonen-Hans-Olaf

Rettet unser Geld

Buchkritik: Hans-Olaf Henkel: Rettet unser Geld. Deutschland wird ausverkauft – Wie der Euro-Betrug unseren Wohlstand gefährdet, München 2010

Was Hans-Olaf Henkel zu diesem Buch getrieben hat, mag sein schlechtes Gewissen sein. Oder Angst um sein Geld. Vielleicht auch die Lust, eine Art „Sarrazin des Euros“ abzugeben. Oder der Wunsch, mal wieder was zu sagen. Es ihm gelungen. Sein Werk über den gefährdeten Euro polarisiert. Die Hauptthese: zwei Sorten Euros für Europa! Dass der Verkauf des Buches ihm sein Ränzlein noch mal tüchtig mit Euros füllen soll, ist natürlich nur eine gemeine Randbemerkung.

Betrug, Untreue, Putsch – harte Worte, die Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel gleich zu Beginn seines Buches Politikern und Managern entgegenschleudert. Die Auflösung des Schutzschirms von Maastricht zugunsten eines „Schutzschirms, der bedrohte Schuldenstaaten auf unsere Kosten retten soll“, sei ein Fall der Untreue. Das Zusammenwirken von EU-Politikern, die „um ihrer eigenen Sicherheit willen, den Deutschen deren Sicherheit abluchsten“, sei Betrug. Und den „in einer Nacht- und Nebelaktion durchgezogenen Bruch von Verträgen früherer Regierungen, nenne ich einen Putsch“, schreibt Henkel.

Ein Autor, der so anfängt, will nicht Wohlgefallen erzeugen. Er will provozieren, und das durchaus nicht unbescheiden. Aber das ist man ja von Hans-Olaf Henkel, einstiger Frischwindmacher der Deutschen Industrie, gewöhnt. Was hat er also zu sagen: Henkel hatte einst vehement für die Einführung des Euros in der Industrie gekämpft, schreibt er. Jetzt fühle er sich schuldig. Die Versprechungen rund um den Euro seien gebrochen, die Zeit des alten Euro abgelaufen. Er fordert eine neue Währung, „die den nationalen Unterschieden Rechnung tragen muss“.

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Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 7 Kommentare zu Was ist “Quantitative Easing”?

Was ist “Quantitative Easing”?

Für 600 Milliarden will der Chef der amerikanischen Notenbank Ben Bernanke noch einmal Wertpapiere kaufen. „Quantitative Easing“ lautet dafür der ökonomisch-technische Fachbegriff. Oder untechnisch ausgedrückt: “Die FED druckt Tonnen von Geld”, wie der dunkle Bär in einem YouTube Video richtig feststellt. Grund für die drastischen Markteingriffe sei die Angst der FED vor einer Deflation in Amerika. Doch die Bären zweifeln: Rohstoffpreise steigen und Lebensmittel werden teurer. Sogar Fahrkarten für die U-Bahn verteuern sich: „Das einzige was deflationiert ist die Glaubwürdigkeit der FED“ – das verstehen sogar Bären.


Lesen Sie weitere aktuelle Beiträge im ÖkonomenBlog zur Geldpolitik:
* Liquidität ohne Ende – Von Dr. Manfred Jäger-Ambrozewicz
* Schluss damit – Von Marc Feist

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 22 Kommentare zu 2.000.000.000.000

2.000.000.000.000

Die Schuldenlast ist gewaltig. Auf insgesamt 2 Billionen türmt sich mittlerweile die gesamtstaatliche Schuld der Bundesrepublik.

Unaufhaltsam schreitet die deutsche Staatsverschuldung voran. Ende dieses Jahres wird ein weiterer Negativrekord gebrochen: Deutschlands Staatsschulden werden den astronomischen Wert von 2.000.000.000.000 Euro übersteigen. Im Jahr 2010 sind 325 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgetürmt worden. Damit haben die Schulden täglich im Durchschnitt um unfassbare 890 Millionen Euro zugenommen.

All dies hat dramatische Auswirkungen. So schätzt das Bundesfinanzministerium die Zinslasten für die Schulden für das Jahr 2010 auf 58,5 Milliarden Euro. Geld das für andere Zwecke, wie beispielsweise Bildung und Infrastruktur, nicht zur Verfügung steht. Und dabei liegen die Zinsen derzeit auf einem historischen Tief. Steigen sie künftig nur leicht, werden die Zinszahlungen des Staates kräftig in die Höhe schießen.

Vor dem Hintergrund dieser düsteren Aussichten könnte man meinen, dass die Politik nun endlich die große Wende einleitet: Raus aus der Schuldenfalle. Aber weit gefehlt. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen sind die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung schlicht unzureichend. Dabei könnte die Politik bei den Subventionen Milliardenbeträge einsparen.


Dr. Alfred Boss ist Mitarbeiter im Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Seine Forschungsschwerpunkte sind Öffentliche Haushalte, Sozialversicherung, Steuerpolitik, Subventionswesen und Sozialpolitik.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , 2 Kommentare zu Euro-Bond: Prinzipieller Fehlanreiz

Euro-Bond: Prinzipieller Fehlanreiz

Deutschland, Portugal, Spanien und Italien brauchen im kommenden Jahr frisches Geld von den Kapitalmärkten. Irland und Griechenland können sich zinsgünstig aus dem Rettungstopf bedienen.
Es ist eine Binsenweisheit: Wer die Musik bestellt, muss die Kapelle bezahlen. Eine oft benannte Regel, die leider regelmäßig nicht beachtet wird.

Ein kurzer Rückblick: Die Finanzkrise war auch deshalb so schlimm, weil Investoren unvorsichtig Kredite vergaben und dabei hofften, dass zahlungsunfähigen Schuldnern von Dritten geholfen wird. So ist es zur Schuldenkrise in Griechenland gekommen, wo internationale Investoren viel zu lange Kredite mit viel zu niedrigen Zinsen vergeben haben. Die Investoren spekulierten auf die Solidarität und ignorierten die No-Bail-Out Klausel – und behielten Recht.

Auf der Suche nach einem Ausweg aus der Schuldenkrise fordern jetzt einige Europäer Anleihen, für die alle Euroländer gemeinsam haften. Den Nutzen hätten die klammen Staaten und Verantwortung müssten ausgerechnet jene Länder übernehmen, die solide gewirtschaftet haben. Fehlanreize würden zum Prinzip erhoben und die Bedingungen für die Einführung des Euro auf den Kopf gestellt.

Zu Recht weist die Bundesregierung darauf hin, dass Länder mit souveräner Wirtschaftspolitik auch souverän genug sein müssen, ihre Schulden selbst zu verantworten. Denn Binsenweisheiten gelten auch für Staaten.

Buchkritik, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 2 Kommentare zu Wir sind das Geld

Wir sind das Geld

Kulturgeschichte des Geldes

Buchkritik: Dieter Schnaas: Kleine Kulturgeschichte des Geldes, München 2010

Dieter Schnaas hat sich was Unerhörtes geleistet. In nur 170 Seiten schüttelt er ebenso rasant wie filigran die gesamte Evolutionsgeschichte des Geldes aus dem Ärmel, von den Phöniziern bis zur Finanzkrise – und hinterlässt einen von Wortgewalt und Gelehrtheit erschlagenen Leser zurück, den zum Schluss taumelnd nur die Einsicht auf den Beinen hält: Geld ist Droge, Geld ist Dreck. Aber man muss es haben.

Natürlich kann man hier auf keinen Fall von einer „Kleinen Kulturgeschichte des Geldes“ sprechen. Koketterie und Provokation treiben den Berliner Wirtschaftsjournalisten Dieter Schnaas wohl zu dieser frechen Untertreibung. Die kulturhistorische Fundierung und analytische Tiefenschärfe dieses furiosen Essays macht es zu einem großen Buch – angesichts dessen sich andere jüngst erschienene Werke zur Finanzkrise einer mit Sinnsprüchen bedruckten Klorolle als ebenbürtig entlarven. Soweit das Lob.

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Europa, FinanzmarktTagged , , , , , , , 20 Kommentare zu Schluss damit!

Schluss damit!

Die Staaten haben Milliarden mittels Anleihen am Kapitalmarkt aufgenommen. Irgendwann werden die fällig und müssen zurückbezahlt werden. Die Bugwelle rollt.

Die EZB macht weiter wie bisher – das hat der Notenbankpräsident Jean-Claude Trichet gestern auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Zum einen wolle man die unbegrenzte Liquiditätsversorgung der Banken fortführen und zum anderen weiterhin Anleihen am Sekundärmarkt aufkaufen.

Die Signale, die die Notenbank mit diesen Entscheidungen sendet, sind fatal: Denn die Finanzkrise wurde maßgeblich von einer Politik des billigen Geldes verursacht, in Folge dessen es zu einer Überbewertung von realen Investitionsgütern kam. Und nun bekämpft man mit exakt der gleichen Strategie die Auswirkungen der verfehlten Geldpolitik. Die Folgen könnten schwerwiegend sein.

Mit der zweiten Sondermaßnahme, also dem Aufkaufprogramm staatlicher Anleihen, will die EZB ein Ausweiten der Schuldenkrise auf andere Staaten verhindern. Das ist bisher nicht gelungen. Vielmehr nimmt die Entscheidung  den Druck von den Regierungen, ihren Haushalt selbst wieder in Ordnung zu bringen – ein Teufelskreis. Damit muss endlich Schluss sein!

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 10 Kommentare zu Der Euro ist sicher

Der Euro ist sicher

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. So muss man das derzeitige Verhandlungsergebnis der Finanzminister in Europa bewerten. Es hat mehrere Schwachstellen. 1. Der Rettungsmechanismus wird verlängert ohne die Gläubiger in den Prozess einzubeziehen. Ursprünglich sollte er zwingend Mitte 2013 auslaufen und damit die Haftungsgemeinschaft nur befristet stattfinden. Jetzt wird sie dauerhaft installiert. Die Höhe ist noch völlig ungeklärt. Was jedoch klar ist, die Beteiligung der Gläubiger wird nicht greifen. So sollen die privaten Gläubiger (und nur die) im ersten Schritt “ermutigt” werden, ihr Engagement aufrechtzuerhalten. Inzwischen darf der neue Rettungsmechanismus schon einmal “Liquiditätshilfen” zur Verfügung stellen.

Ermutigt meint wohl eher entmutigt. Denn der Grundfehler ist, die Gläubiger – ob privat oder staatlich – nicht zwingend in die Haftung zu nehmen. Denn erst im zweiten Schritt ab 2013 sollen die Gläubiger über eine Änderung in der Anleihebedingung besser herangezogen werden können. Bis dies in nennenswerter Weise erfolgt, dauert es sicherlich 5 bis 6 Jahre bis der neue Rettungsmechanismus tatsächlich greifen kann. Also, frühestens im Jahr 2018 kann der neue Rettungsmechanismus seine Wirkung entfalten. Das ist mit Sicherheit zu spät.

2. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt erhält nicht die erforderlichen Zähne. Er bleibt ein zahnloser Tiger. Zwar wird bei Verstößen gegen die Konvergenzkriterien ein automatisches Defizitverfahren eingehalten, jedoch kann der Rat mit einer qualifizierten Mehrheit diesen Prozess wieder stoppen. Hier liegt der “Hase im Pfeffer”. Seit Einführung des Euro wurde das Neuverschuldungskriterium von 3 Prozent 73 Mal verletzt – ohne Konsequenzen.

Wenn die Einleitung von Sanktionen gegen Defizitsünder nicht von der politischen Opportunität des europäischen “Kuhhandels” getrennt wird, ändert sich nichts. Deshalb muss nachverhandelt werden. Ansonsten passiert das, was Norbert Blüm in den 90er Jahren widerfahren ist. Damals hieß es: “Die Rente ist sicher” und keiner hat daran geglaubt. Heute heißt es, “der Euro ist sicher”. Diese Aussage wird nicht glaubhaft sein, wenn es bei diesem Verhandlungsergebnis bleibt.


Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 8 Kommentare zu Liquidität ohne Ende?

Liquidität ohne Ende?

Um Banken und Staaten zu retten stellt die Europäische Zentralbank (EZB) Liquidität in unbegrenztem Umfang zur Verfügung. Das schürt Inflation.
Vielfältig sind die Rettungsmaßnahmen der EZB seit Ausbruch der Wirtschaftskrise und doch lassen sie sich mit einem Wort zusammenfassen: Liquidität! Zunächst versorgte die Notenbank die europäischen Banken mit selbiger indem sie ihnen günstige und im unbegrenztem Umfang Kredite zur Verfügung stellte. Der Zins dafür liegt momentan bei einem Prozent, mit der Konsequenz, dass auch die Zinsen auf dem Interbankenmarkt mit 0,7 Prozent einen Tiefstand erreicht haben. Darüber hinaus veranlasste die Wucht der Krise die EZB zu weiteren unkonventionellen Maßnahmen. Bereits ab Mitte 2009 kaufte die Notenbank Schuldverschreibungen, um die Volatilität zu reduzieren. Als dann die Griechenlandkrise losbrach, intervenierte sie auch auf dem Markt für staatliche Anleihen, in dem sie diese Papiere den Banken abkaufte. Für Investoren löst das ein Kaufsignal für staatliche Anleihen aus – denn diese können notfalls bei der Zentralbank wieder abgeladen werden. Indirekt unterstützt die EZB damit Verschulden der betroffenen Länder. Die Krux: Direkt ist ihr das aus gutem Grund verboten.

Möglicherweise ist der Aufkauf von Staatsanleihen in der Krise alternativlos. Dennoch: Keinesfalls darf dies ein Dauerzustand bleiben. Denn mittelfristig schürt das Inflation. Für die EZB wäre es ratsam, mittelfristig ein Ende der Zukäufe zu planen und ein Ausstiegsszenario klar zu signalisieren.

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 1 Kommentar zu Irland-Krise: Konsolidierung statt Bail-Out der Banken

Irland-Krise: Konsolidierung statt Bail-Out der Banken

Irland hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich seinen Haushalt konsolidiert. Nicht der Staat muss gerettet werden, sondern die irischen Banken

Nun ist es raus: Irland nimmt internationale Hilfen an. Rund 100 Milliarden werden beim IWF und dem europäischen Rettungsfonds EFSF beantragt. Nach der Griechenland-Rettung, also der zweite Bail-Out eines Mitgliedstaates der EU, und gleichzeitig der zweite Verstoß gegen den Vertrag von Lissabon.

Dabei ist fraglich, ob die Iren überhaupt Hilfe brauchen. Das irische BIP pro Kopf liegt 20 Prozent über dem deutschen. Die Schuldenquote liegt nach der Bankenrettung bei rund 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist zwar viel, aber beherrschbar. Zum Vergleich: Italien sitzt auf einem Schuldenberg von 118 Prozent, Griechenland hat 125 Prozent in Relation zum BIP und Japan sogar 226 Prozent. Im Gegensatz zu Griechenland haben die Iren schon einmal bewiesen, dass sie erfolgreich ihren Haushalt konsolidieren können. Sicherlich, die Renditen für irische Staatsanleihen laufen aus dem Ruder, doch bezahlen müssen sie diese Zinssätze erst, wenn neues Geld benötigt wird. Und das wird nach irischen Angaben erst im Sommer der Fall sein. Gelingt es bis dahin einen glaubhaften Konsolidierungskurs einzuschlagen, beruhigen sich auch die Märkte.

Wer die Hilfe gut gebrauchen kann, sind vermutlich die Banken. Sie haben es noch immer geschafft, die Steuerzahler über die Politik in Geiselhaft zu nehmen. Warum nicht auch dieses Mal. Der in der FAS am 21. November veröffentlichte Tip vom Kollegen Homburg, Aktien der Deutschen Bank zu kaufen, um wenigstens teilweise für das unfreiwillige Engagement zugunsten dieses Sektors kompensiert zu werden, ist sicherlich bedenkenswert, denn nun warten ja noch die Gläubiger Spaniens, Portugals und anderer darauf, ihre Engagement risikofrei zu gestalten. Frage an die Bundesregierung: Ist das wirklich alternativlos?

Arbeitsmarkt, Buchkritik, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und Finanzen, UmweltTagged , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , 12 Kommentare zu Mehr Staat ist kein Allheilmittel

Mehr Staat ist kein Allheilmittel

Heiner Flassbeck: Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts, München 2010.

Rezension: Heiner Flassbeck: Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts, München 2010

Eine Marktwirtschaft fürs 21. Jahrhundert zu entwerfen, damit hat Flassbeck sich wahrlich ein großes Ziel gesteckt. Man kann dem Autor nur Recht geben, die Weltwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Und Flassbeck ist gewillt, zu allen drängenden ökonomischen, sozialen und ökologischen Fragen unserer Zeit kritisch Stellung zu nehmen. Soweit so gut. Leider entpuppt sich die dann dargebotene vermeintlich neue Idee als ein Rückgriff in die keynesianischen Werkzeugkiste der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts: Permanente staatliche Einwirkung auf den wirtschaftlichen Verlauf – kurz Globalsteuerung. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ohne staatliche Hilfsmaßnahmen wäre die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression mit größter anzunehmender Wahrscheinlichkeit weitaus weniger „glimpflich“ abgelaufen.

Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass der Staat vorher tatkräftig an dem Zustandekommen dieser Krise mitgewirkt hat. Erst durch die unsolide Haushaltsführung konnten Staaten zum Objekt von Spekulanten werden. Auch ist die „Schuldenkrise“ nicht das primäre Ergebnis von Spekulation oder mit den Worten des Autors: „Weil der Staat glaubte, für die Zocker an den Finanzmärkten einstehen zu müssen, …“. Der überwiegende Teil dieser Schulden stammt aus der Vorkrisenzeit. In Deutschland immerhin rund 1,5 Billionen Euro. Vor diesem Hintergrund erscheint der den Autor so irritierende Beschluss der Großen Koalition, gerade inmitten dieser großen Krise eine Schuldenbremse einzuführen, nicht abwegig, sondern konsequent. Geht es hier doch nicht darum, dem Staat den nötigen Handlungsspielraum für Notsituationen zu nehmen. Ganz im Gegenteil durch die Verpflichtung zu einer soliden Haushaltsführung in „Normalzeiten“ soll dieser eben erst geschaffen werden. Denn gegenwärtig ist Deutschland mit einer sich in diesem Jahr auf 60 Milliarden Euro belaufenden Belastung für Zinszahlungen für die nächste Krise denkbar schlecht vorbereitet.

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Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , , 4 Kommentare zu Die neue Ordnung

Die neue Ordnung

Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, Klärung europäischer Währungsfragen, Gestaltung der Finanzmarktordnung – so lauten die anstehenden Herausforderungen nach der Wirtschafts- und Finanzkrise. Kurz: Es geht um nichts weniger als die Erneuerung unserer Wirtschaftsordnung.

Die Notwendigkeit der Konsolidierung wird von kaum jemand bestritten. Doch allgemein wird der Eindruck erweckt, es gehe dabei um Aufräumarbeiten nach der Krise. Das ist zwar nicht falsch, verdeckt aber die eigentliche Bedeutung des Konsolidierungskurses. Der Schuldenberg ist das Ergebnis jahrelanger aktiver staatlichen Konjunktursteuerung al là Keynes. Der Beschluss der Schuldenbremse war, die gebotene Ergänzung zur Krisenpolitik. Der nun eingeschlagene Konsolidierungskurs ist kein temporäres Ziel, um dafür wieder Handlungsspielraum zu schaffen, sondern läutet eine neue Periode ein, die frei von staatlicher Nachfragepolitik ist. Das haben auch andere europäische Staaten erkannt. Der Griechenland-Schock hat gesessen.

Dennoch bleibt die Währungsunion durch finanzpolitische Leichtfertigkeit gefährdet. Die Anreize dafür müssen auf europäischer Ebene geschwächt werden. Dahingehend sind die Beschlüsse des Europäischen Rates ein Fortschritt. Die Einbindung der Gläubiger und des IWF sollte die Staaten disziplinieren.

Dies gilt auch für die Re-Regulierung der Finanzmärkte. Die Liste der Neuerungen kann sich sehen lassen: vom Selbstbehalt bei Verbriefungen über Beaufsichtigung der Ratingagenturen bis hin zu neuen Eigenkapitalforderungen (Basel III). Doch das alles hilft wenig, wenn man vergisst, den Schiedsrichter auszubilden. Die Fusion der Bundesbank mit der BaFin ist der falsche Weg und schadet am Ende der Bundesbank. Ein unabhängiger Schiedsrichter nach dem Vorbild des Kartellamts wäre die Lösung.


Die Langfassung dieses Beitrags ist am 15.11.2010 in der WELT erschienen

Arbeitsmarkt, Buchkritik, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Der Unbiegsame

Der Unbiegsame

Steinbrück Unterm Strich 1

Buchkritik: Peer Steinbrück: Unterm Strich, Hamburg 2010

Steinbrückfans sollten es lesen; diejenigen, die mehr über die Geschehnisse der Finanzkrise wissen wollen, auch; Anhänger zum Beispiel der amerikanischen Tea-Party-Bewegung lieber nicht.

Die gute Nachricht vorweg: Peer Steinbrück hat das Buch tatsächlich selbst geschrieben. Wort für Wort – und nicht wie Menschen seines Genres üblicherweise von einem Ghostwriter schreiben lassen. Steinbrück schreibt klar, gestochen, so scharf wie er denkt und manchmal so spitz wie das „s“, dass ihm beizeiten über seinen norddeutschen Lippen springt. Insofern – Kompliment an diesen Autor. Sein „Unterm Strich“ soll weder ein Erinnerungsbuch mit autobiographischen Zügen sein, noch den Anspruch auf Wahrheit erfüllen. „Nur ein Idiot glaubt, dass er über sich die Wahrheit schreiben kann“, zitiert Steinbrück den Schriftsteller Eric Ambler.

Nun ja, was ist schon Wahrheit? Bringt es den Leser auf die Spur der Wahrheit, wenn ihm subjektiv gefärbte An- und Einsichten eines ehemaligen Finanzministers präsentiert werden, der es sich durchaus nicht nehmen lässt, den ehemaligen Kollegen rechts wie links in gedruckter Form kleine, unauffällige Tritte zu verpassen?

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Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , Leave a Comment on Stabilitätspakt: Automatismus statt Willkür

Stabilitätspakt: Automatismus statt Willkür

Nach dem verfassungswidrigen Bail-Out Griechenlands wurden auf dem EU Gipfel erstmals Vorschläge zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts auf den Tisch gelegt. Ein zentraler Punkt: Eine Insolvenzordnung für Staaten soll private Anleger in Mithaftung nehmen. Dieses Vorhaben ist zunächst einmal begrüßenswert. Denn die politische Koordinierung hat es nicht geschafft, Staaten zu einer vernünftigen Haushaltspolitik zu drängen. Erst als die Finanzmärkte deutliche Risikoaufschläge für die Staatsanleihen hochverschuldeter Länder verlangten und der Euro nur noch mit dem Bruch der Bail Out Klausel stabilisiert werden konnte, wurden Sparanstrengungen auf den Weg gebracht. Ohne Insolvenzordnung können die Märkte ihre Disziplinierungsfunktion aber nicht wahrnehmen.

Doch die Umsetzung bleibt zweifelhaft. Käufer von Staatsanleihen sind vorwiegend Banken und Versicherungen. Kommt es zur Insolvenz, tragen sie die Verluste. In einer Krise drohen den Banken hohe Abschreibungen und im Extremfall die Pleite. “Too Big to Fail“ wäre dann wieder angesagt. Ob Staaten soweit gehen, ist auch dieses Mal fraglich. Wahrscheinlicher ist es, dass es zum Schutz der heimischen Finanzindustrie wieder zum Bail Out der fiskalisch unsoliden Staaten kommt. Es muss also verhindert werden, dass eine solche ausweglose Situation überhaupt entsteht. Mit einem glaubwürdigen Sanktionsverfahren könnte das gelingen. „Glaubwürdig“ heißt aber, dass das Verfahren frei von politischen Ermessungsspielräumen ist und Haushaltssünder mit automatisch greifenden, strikten Vorgaben belegt werden. Alles andere funktioniert nicht. Denn eines scheint immer klarer: Auch ein Bail-out wäre vermutlich keine dauerhafte Lösung, weil es nur die nationalen Befindlichkeiten weckt und zur Desintegration beiträgt. Um den Euro und seine Stabilität zu retten und dauerhaft zu sichern, gibt es zur fiskalischen Disziplin seiner Mitgliedsländer keine Alternative. Auch die Beteiligung Privater am Risiko kann nur – wenn auch zielführend – unterstützend eingesetzt werden.


Weitere Beiträge zum Thema:
*Die Staatsverschuldung nährt sich selbst – Ein Beitrag von Oswald Metzger
*Aufschwung für Einsparungen nutzen – Ein Beitrag von Frank Schäffler, MdB
*Nie ist die Zeit des Sparens – Ein Beitrag von Oswald Metzger