Reformen

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 17 Kommentare zu Glück durch Umverteilung?

Glück durch Umverteilung?

In Großbritannien hat das Buch eingeschlagen wie eine Bombe. Auf der Linken erreichte es innerhalb kürzester Zeit Kultstatus, doch auch viele Konservative – allen voran Premierminister David Cameron –  wollten nicht außen vor bleiben und sparten nicht mit Lob. Nun schwappt die Woge der Begeisterung für Richard Wilkinsons und Kate Picketts „The Spirit Level“ (deutscher Titel: „Gleichheit ist Glück“) auch nach Deutschland hinüber.

Die These des Buches ist schnell zusammengefasst: Ungleichheit macht Gesellschaften krank. Psychisch wie physisch. Ganze vierzig Streudiagramme sollen illustrieren: Je weiter der Abstand zwischen Arm und Reich in einem Land, desto schlechter seien so gut wie alle sozialen Indikatoren. Die Regierungen der entwickelten Länder sollten daher vom Ziel des Wirtschaftswachstums abrücken, und den vorhandenen Wohlstand möglichst gleichmäßig verteilen. Eine Botschaft, die in Deutschland natürlich auf besonders fruchtbaren Boden fällt.

Dabei kann „The Spirit Level“ inzwischen als weitgehend widerlegt gelten. Der Publizist Christopher Snowdon etwa zeigt in „The Spirit Level Delusion“, dass Wilkinson und Pickett in mehrerlei Hinsicht Rosinenpickerei betrieben haben. So haben sie beispielsweise einige Länder, die nicht ins gewünschte Bild passen, einfach unter den Teppich gekehrt. Snowdon demonstriert, dass unter Verwendung eines etwas größeren Datensatzes die meisten der sorgfältig zurechtgebastelten Korrelationen in sich zusammenfallen. Auch kommt es stark darauf an, welche sozialen Indikatoren man auswählt. Wilkinson und Pickett haben nur diejenigen einfließen lassen, die ihre These zu bestätigen scheinen, ohne zu erwähnen, dass viele andere einen völlig anderen Eindruck vermitteln.

Continue reading “Glück durch Umverteilung?”

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 5 Kommentare zu Arbeit für alle

Arbeit für alle

Am deutschen Arbeitsmarkt ereignet sich Historisches. Erstmals seit Jahrzehnten ist die Zahl der Arbeitslosen zwischen 2005 und 2010 um gut zwei Millionen zurückgegangen. Auch Problemgruppen haben von dieser Entwicklung erheblich profitiert, allen voran Ältere und Langzeitarbeitslose. Dabei ist die derzeitige Erholung noch lange nicht abgeschlossen, denn das gesamtwirtschaftliche Produktionsniveau hat den Stand vor der Weltfinanzkrise noch nicht erreicht. Sicherlich haben auch die moderaten Lohnabschlüsse und die betriebliche Flexibilität diese positive Entwicklung befördert. Und auch die Hartz-IV-Reformen haben endlich ihre Wirkung entfaltet.

Im Kern sind aber zwei zentrale Gründe für diesen Trend verantwortlich: die Entwicklung der Demographie und die Renaissance der Industrie. Diese gilt es zu nutzen. Wer als Arbeitgeber weiß, dass die Anzahl der jungen Lehrlinge drastisch sinken wird, der klebt an den Älteren und stellt sogar Arbeitslose ein, die bisher als „nicht integrierbar“ galten. Vielleicht lassen sie sich doch motivieren und qualifizieren, wenn es denn sein muss auf Kosten der Unternehmen selbst. Genau dies muss im Zentrum einer neuen Arbeitsmarktpolitik stehen: Mobilisierung und Motivation der menschlichen Arbeitskraft.

Deutschland hat eine historische Chance auf eine Phase nachhaltigen Wachstums in der die Massenarbeitslosigkeit dauerhaft überwunden werden könnte. Um dieses Ziel zu erreichen, muss aber eine neue Arbeitsmarktpolitik verfolgen. Das heißt: Verlängerung der Lebensarbeitszeit, bessere Bildung, wirtschaftlich sinnvolle Zuwanderung und Tarifstrukturen, die den neuen Knappheiten Rechnung tragen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, zumindest auf längere Sicht.


Ursprung dieses Blogbeitrages ist ein Namensartikel im Handelsblatt.

Arbeitsmarkt, Bildung, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 2 Kommentare zu Vorsicht vor europäischer Planwirtschaft!

Vorsicht vor europäischer Planwirtschaft!

Unabweislich hat die Schuldenkrise in einigen Euroländern das eigentliche Dilemma des Währungsraums offenbart: Anders als erhofft, konnten seit der Einführung der Gemeinschaftswährung die schwachen Staaten in punkto Wettbewerbsfähigkeit nicht zu den starken Staaten aufschließen. Vielmehr hat sich die Kluft vergrößert. Dies ist mit hohen Kosten für die EU und einem großen Risiko für die Stabilität des Euros verbunden. Es ist unumgänglich, dass die schwachen Staaten ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Genau dieses soll der deutsch-französische Vorstoß seinem Namen nach erreichen.

Um sein Ziel zu erreichen, sieht der so genannte „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ sechs Maßnahmen vor:

  1. Die verfassungsrechtliche Verankerung einer Schuldenbremse
  2. Die Einführung nationaler Krisenbewältigungsregime für Banken
  3. Die Anpassung des Rentensystems an die demographische Entwicklung
  4. Die gegenseitige Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlu?ssen zur Förderung der Arbeitsmobilität in Europa
  5. Den Verzicht auf inflationsbedingte Lohnindexierungen
  6. Die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer

Der konkrete Maßnahmenkatalog des „6-Punkte-Programms“ ist geeignet, sein Ziel der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Die Abschaffung von Lohnindexierungssystemen wirkt einer unheilvollen Lohn-Preis-Spirale entgegen und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Produktivitätsorientierung in der Lohnpolitik. Die gegenseitige Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen fördert die Mobilität von Arbeitskräften innerhalb der EU.

Continue reading “Vorsicht vor europäischer Planwirtschaft!”

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 8 Kommentare zu Föderale Finanzbeziehungen oder das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit

Föderale Finanzbeziehungen oder das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit

Fast alle Gesetze, die der Deutsche Bundestag beschließt, haben finanzielle Auswirkungen auf alle Gebietskörperschaften im föderalen Deutschland: die Kommunen, die Länder und den Bund. Meistens sind die Kommunen die Verlierer im Kuhhandel zwischen Bundestag und Bundesrat, wenn im Vermittlungsausschuss mehr oder weniger faule Kompromisse ausgehandelt werden. Das „Konnexitätsprinzip“, das die Aufgabenwahrnehmung und die Ausgabenverantwortung auf derselben Staatsebene sicherstellen soll, wird deshalb häufig zu Lasten der kommunalen Gebietskörperschaften außer Kraft gesetzt. Anschaulicher formuliert steht Konnexität für den Grundsatz: „Wer bestellt, bezahlt!“ Weil aber die Gemeinden, Städte und Landkreise im Vermittlungsverfahren immer am Katzentisch sitzen, also überhaupt nicht beteiligt sind, handeln Länder und Bund gerne Kompromisse zu ihren Lasten aus.

Würden die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden transparenter organisiert, wäre viel für das Prinzip Verantwortung und Haftung getan. Aus meiner Sicht gehört dazu zuerst und vor allem die vollständige Abschaffung der Kameralistik. Denn sie bildet nur die Zahlungsströme im laufenden Jahr ab und stellt keine saubere Bilanz mit Rückstellungen für Pensionen und Abschreibungen auf das Anlagevermögen (Straßen, öffentliche Gebäude etc.) dar. Von exakter Kostenzuordnung keine Spur!

Continue reading “Föderale Finanzbeziehungen oder das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit”

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , 9 Kommentare zu (Un-)Heimliche Steuererhöhungen verhindern

(Un-)Heimliche Steuererhöhungen verhindern

Die Wirtschaft brummt wie lange nicht mehr. Die überwiegende Zahl der Beschäftigten partizipiert an dem Aufschwung und hat mehr Geld im Portemonnaie. Die Zunahme des Nettolohns würde jedoch viel höher ausfallen, wenn der Staat nicht verhältnismäßig viel von den Lohnsteigerungen abschöpfen würde. Während die Bruttolöhne dieses Jahr wahrscheinlich um 2,1 Prozent steigen werden, wird sich die Lohnsteuer durchschnittlich um 3,8 Prozent erhöhen. Dies liegt schlicht daran, dass parallel mit der Lohnerhöhung keine Anpassung der Steuersätze erfolgt. In der Konsequenz wachsen die Steuerpflichtigen in eine höhere Stufe der Steuerprogression hinein.

Für den Staat ist dies äußerst lukrativ: Im Jahr 2010 verzeichnete der Fiskus aufgrund der gestiegenen Löhne ein zusätzliches Einnahmeplus von 2,9 Milliarden Euro. Für dieses Jahr geht das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) von zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von 3,1 Milliarden Euro aus. Aufgrund dieser heimlichen Steuererhöhung wird der Staat somit in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt mehr als 6 Milliarden Euro mehr einnehmen. Mit anderen Worten: Die Beschäftigten müssen auf 6 Milliarden Euro von ihrem Lohnplus verzichten. Die Lösung liegt auf der Hand: Um diese heimliche (oder besser: unheimliche) Steuererhöhung zu verhindern, müsste der Steuertarif jährlich an die Lohnentwicklung angepasst werden.

Arbeitsmarkt, Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 30 Kommentare zu Arm durch Zeitarbeit?

Arm durch Zeitarbeit?

Die Zahl der Zeitarbeitnehmer lag im vergangenen Sommer bei 826.000, stieg bis November auf 901.000 und gab im Dezember saisonal bedingt auf 877.000 nach. Das entspricht knapp über 2 Prozent von rund 36 Millionen Arbeitnehmern oder anders ausgedrückt: Nicht einmal jeder vierzigste Beschäftigte ist Zeitarbeitnehmer bzw. befindet sich in der Arbeitnehmerüberlassung. Noch müssen wir also wahrlich nicht fürchten, dass Zeitarbeit reguläre Beschäftigung verdrängt! Und es ist absolut nicht verwunderlich, dass mit dem „Deutschen Jobwunder“ auch die Zahl der Zeitarbeitsplätze gestiegen ist. Im Gegenteil, offensichtlich funktioniert diese Branche und ermöglicht Betrieben die Flexibilität, die unsere Wirtschaft für den Aufschwung so dringend braucht.

Eine Studie des DGB beklagt jetzt: Zeitarbeit mache arm. So schreibt die Studie: „Mitte 2010 wurden gut 92.000 Leiharbeitskräfte gezählt, die trotz sozialversichertem Job noch auf Hartz IV angewiesen waren.“ Die Autoren räumen ein, dass hier auch Teilzeitbeschäftigte mitgezählt sind.

Jeder neunte oder zehnte Zeitarbeitnehmer bekam sein Gehalt folglich durch staatliche Zuschüsse aufgestockt. Aber es ist nun mal so, dass Zeitarbeitsunternehmen nicht Manager vermitteln, sondern überwiegend einfache und schnell erlernbare Tätigkeiten besetzen. Der beschäftigungspolitische Erfolg der Zeitarbeit, Chancen für gering Qualifizierte und Arbeitslose zu schaffen, wird hier diskreditiert.

Auch der Vergleich von durchschnittlichen Zeitarbeitslöhnen mit denen von Festangestellten ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen: Von den Zeitarbeitern sind nämlich 34 Prozent Hilfsarbeiter. In den anderen Branchen sind es 1,2 Prozent. Hier werden Einkommen von Akademikern und Facharbeitern in der Gesamtwirtschaft mit den Einkommen der Hilfsarbeiter in der Zeitarbeit verglichen.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , 26 Kommentare zu Plädoyer für den Neoliberalismus

Plädoyer für den Neoliberalismus

Für große Teile der deutschen Bevölkerung steht fest: Der Neoliberalismus hat maßgeblich zur größten Wirtschafts- und Finanzkrise seit 1929 beigetragen. Diese anti-neoliberalen Welle wurde getragen von zahlreichen marktkritischen Veröffentlichungen. Viel war dort von Gier, grenzenloser Profitmaximierung und Marktversagen die Rede. Aber liegt die Ursache für die Krise wirklich darin, dass sich die Akteure an den Prinzipien des Neoliberalismus orientiert haben?

Ganz im Gegenteil, sagt Dr. Karen Horn, Leiterin des Hauptstadtbüros des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, im VideoBlog von Marc Beise, Wirtschaftschef der Süddeutschen Zeitung: Es war die Missachtung neoliberaler Prinzipien, die diese Krise erst möglich gemacht hat.

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , 14 Kommentare zu Teuer und am Ziel vorbei

Teuer und am Ziel vorbei

Mitnahmeeffekte und Wettbewerbsverzerrung – dies sind die bekannten Resultate von Subventionen. Trotz dieser schädigen Wirkungen für Markt und Staat greift die Politik immer gern zu diesem Instrumentarium, um als gesellschaftlich notwendig erachtete Ziele zu verfolgen. So wurde vor einigen Jahren die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen ausgeweitet, um auf diesem Wege die Schwarzarbeit zu bekämpfen. Der nun vorliegende Befund des Bundesrechnungshofes ist eindeutig: Der gewährte Steuervorteil trägt kaum dazu bei, die Schattenwirtschaft zu bekämpfen. Vielmehr werden vielfach Leistungen gefördert, die ohnehin legal bezogen worden wären. Diese Mitnahmeeffekte belaufen sich laut Bundesrechnungshof auf 70 Prozent der untersuchten Handwerksleistungen und 30 Prozent der haushaltsnahen Dienstleistungen.

Nach Schätzungen der Bundesregierung liegen die Steuermindereinnahmen aufgrund der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen für die Jahre 2007 bis 2009 bei jährlich 3,2 Milliarden Euro, 2010 werden sie bei 4,1 Milliarden Euro liegen. Auch das Fazit des Bundesrechnungshofes ist eindeutig: Diese Steuervergünstigung ist zu teuer, geht am Ziel vorbei und gehört folglich abgeschafft.

Statt über einzelne Entlastungsmaßnahmen den Markt nur weiter zu verzerren und zu regulieren, ist es an der Zeit, endlich eine umfangreiche Steuerreform anzupacken, die zu hohen Entlastungen aller Bürger sowie einer deutlich reduzierten Staatsfunktion führt.


Hier geht es zum Bericht des Bundesrechnungshofes.

Arbeitsmarkt, OrdnungspolitikTagged , , , , , 12 Kommentare zu Das missbrauchte Gerechtigkeitspostulat

Das missbrauchte Gerechtigkeitspostulat

Mit der Vokabel „Gerechtigkeit“ wird seit Jahrzehnten eine immer aufwendigere staatliche Umverteilung organisiert, die zunehmend mit Krediten bezahlt wird. Im laufenden Vermittlungsverfahren zur Hartz IV-Neuregelung wird dieses Gerechtigkeitspostulat wieder einmal an verschiedenen Stellen von der Bundesratsmehrheit bedient: Ist es gerecht, den Regelsatz für Erwachsene um gerade mal 5 Euro monatlich zu erhöhen? Sollen die zusätzlichen Bildungsangebote auf Kinder im Hartz IV-Bezug beschränkt bleiben? Das wäre ja soziale Stigmatisierung, lautet der Vorwurf. Oder doch auf Familien ausgedehnt werden, die nicht allein von Sozialtransfers leben, sondern nur zusätzlich  Wohngeld vom Staat beziehen?

Was vordergründig als sozial gerecht gilt, birgt aber gewaltige Risiken. Eine starke Erhöhung des Regelsatzes weitet sofort den Kreis der Empfänger aus und verringert den Lohnabstand zu den Menschen, die nur ein niedriges Einkommen erzielen, aber trotzdem arbeiten gehen. Ist es nicht gerecht, wenn der Arbeitende mehr verdient als jemand, der ausschließlich vom Staat lebt, obwohl er arbeitsfähig ist?

Das gleiche Spiel beim Mindestlohn. Natürlich regen auch mich Dumpinglöhne auf. Doch warum soll die Politik Lohnuntergrenzen festlegen? Wozu haben wir eine Tarifautonomie? Die Lohnfindung gehört in die Betriebe, nicht in die Parlamente. Was haben wir von politisch festgesetzten Mindestlöhnen, die zwar dem Gerechtigkeitspostulat „Fairer Lohn für anständige Arbeit!“ genügen, eine Reihe von Menschen aber aus dem Arbeitsmarkt drängen, weil sie mit ihrer Produktivität die von der Politik verordneten Arbeitskosten gar nicht verdienen können?

Gerecht ist, was Arbeit schafft! Gerecht ist, was die Leistungs- und Einsatzbereitschaft möglichst vieler fördert! Und gerecht ist, wenn Menschen aus allen Schichten die Chance erhalten, ihre individuellen Talente zu entfalten, damit sie selbstbewusst und in Würde ihr Leben eigenständig meistern können.

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , , 6 Kommentare zu Betreuungsgeld kostet Wachstum

Betreuungsgeld kostet Wachstum

Zunehmend gefährdet die galoppierende Verschuldung die zukünftigen Wachstumsaussichten in Deutschland. Eine beherzte Sanierung der Staatshaushalte ist daher das Gebot der Stunde. Alle bestehenden und derzeit in der Debatte befindlichen Staatsausgaben sollten insofern einem Kosten-Nutzen-Kalkül unterzogen werden. Dies gilt auch für das ab 2013 geplante Betreuungsgeld. Dieses soll in Höhe von 150 Euro pro Monat an Familien mit Kindern unter drei Jahre gezahlt werden, die keine öffentlich finanzierte Betreuungseinrichtung besuchen.

Die Fürsprecher des Betreuungsgeldes argumentieren vor dem Hintergrund des bis 2013 geplanten Ausbaus der öffentlichen Kinderbetreuung, dass die Einführung nur gerecht wäre: Denn Eltern, die ihre Kinder zu Haus erziehen zu wollen, sollten vom Staat in gleicher Weise unterstützt werden, wie Eltern, die ihre Kinder in öffentlichen Einrichtungen betreuen lassen wollen. Unberücksichtigt bleiben bei dieser Argumentation aber, dass der deutsche Staat das Alleinverdienermodel bereits heute stark fördert. So ist beispielsweise der nicht erwerbstätige Teil der Familie kostenlos in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mit versichert.

Darüber hinaus setzt das Betreuungsgeld den Anreiz, sich aus der Erwerbstätigkeit zurückzuziehen. Im Regefall wird dies bedeuten, dass sich Frauen vom Arbeitsmarkt zurückziehen. Daher wird die ohnehin schon im Vergleich zu ausgewählten OECD-Ländern geringe Quote der erwerbsfähigen Frauen sinken. Vor dem Hintergrund eines bereits heute einsetzenden und sich künftig noch verschärfenden Fachkräftemangels würde sich dieses zweifelsohne negative auf das Wachstum in Deutschland auswirken.


Der Beitrag ist eine Zusammenfassung der Kurzstudie von Tatjana Kleineberg und Prof. Dr. Axel Plünnecke: Zum ökonomischen Nutzen des Betreuungsgeldes vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung, Köln 2011. (pdf-Download)

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , 6 Kommentare zu Länderfinanzausgleich zerstört Leistungsanreiz

Länderfinanzausgleich zerstört Leistungsanreiz

Die reichen Bundesländer unterstützen die armen, damit sich die Lebensverhältnisse in Deutschland nicht zu weit auseinander entwickeln. Dies ist der Grundgedanke des Länderfinanzausgleichs. So weit, so gut. Problematisch ist jedoch: Sehr selten wird aus Nehmerland ein Geberland. Aus ökonomischer Sicht ist dies nicht weiter verwunderlich, denn es gibt dafür keinen Anreiz. Warum sollte sich ein finanzschwaches Bundesland Anstrengungen unternehmen, um seine Steueraufkommen zu erhöhen? Schließlich führt ein Anstieg des eigenen Steueraufkommens dazu, dass entsprechend die Zuweisungen der Geberländer sinken.

Aber auch für die finanzstarken Bundesländer werden in dem bestehenden System falsche Anreize gesetzt. Denn von 1 Euro zusätzlichen Steuererträgen bleiben lediglich rund 10 Cent übrig. Wahrlich kein Grund sich noch mehr anzustrengen. Fakt ist: Das gegenwärtige System des Länderfinanzausgleichs ist wettbewerbsfeindlich und vermindert so insgesamt den Wohlstand. Insofern liegt es in aller Interesse, den Ausgleichsmechanismus zu reformieren: Sowohl Geber- als auch Nehmerländer müssen monetäre Anreize haben, ihr Steueraufkommen zu erhöhen.

Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 10 Kommentare zu Sozialleistungen: Deutschland vorn

Sozialleistungen: Deutschland vorn

Sozialabbau, soziale Kälte, Abkehr von der Sozialen Marktwirtschaft – derartige Einschätzungen zum deutschen Sozialstaat dominierten in den letzten Jahren die Schlagzeilen. Dabei zeigt der internationale Vergleich: Deutschland gehört zu den fürsorglichsten Ländern. Und werden nicht die Brutto- sondern die Nettosozialleistungen berücksichtigt, dann landet Deutschland mit einer Quote von 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sogar vor den oftmals als Vorbild gepriesenen skandinavischen Wohlfahrtsstaaten Dänemark oder Schweden.

Während bei den Bruttosozialleistungen nur auf die Summe aller Ausgaben geschaut wird – von der Rente bis zum Familienleistungsausgleich, von Hartz IV bis zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall –, wird bei den Nettosozialleistungen auch berücksichtigt, welche Abgaben der Staat auf die gewährten Sozialleistungen erhebt, wieviel er von den Empfängern über indirekte Steuern an der Supermarktkasse zurückholt, aber auch wie sehr er freiwillige Vorsorge über steuerliche Anreize fördert, statt jedes Mal die Sozialkassen zu bemühen. So sind unsere skandinavischen Nachbarn zwar überaus spendabel bei den Sozialausgaben, holen sich aber einen Großteil des Geldes über Steuern und andere Abgaben auf die Sozialeinkommen wieder zurück. Diese Belastungen fallen hierzulande eher gering aus. Fakt ist: Der deutsche Sozialstaat steht im internationalen Vergleich sehr gut da, von Sozialabbau kann pauschal nicht die Rede sein.

Bürokratie, Steuern und FinanzenTagged , , , 10 Kommentare zu Weniger Bürokratie durch einfache Steuern

Weniger Bürokratie durch einfache Steuern

Bei der Entlastung der Wirtschaft durch Bürokratieabbau fehlen noch 5,8 Mrd. Euro.

Lange Zeit wurde in Deutschland über die bürokratische Überregulierung diskutiert. Geschehen ist nicht viel. Als 2006 das Statistische Bundesamt nachzählte, kam es zu einem denkwürdigen Befund: Nicht weniger als 9.332 Informationspflichten bürdete die deutsche Bürokratie der Wirtschaft auf. Die daraus resultierenden jährlichen Kosten wurden auf rund 50 Milliarden Euro geschätzt. Nunmehr war der Politik offensichtlich klar geworden, dass die Zeit des Redens vorbei ist. Beschlossen wurde ein systematischer Bürokratieabbau, der die Wirtschaft bis Ende 2011 um 25 Prozent, also 12,5 Milliarden Euro, entlasten sollte.

Anfangs erwies sich der angestrebte Bürokratieabau noch als vergleichsweise leicht, sodass bis Ende 2010 nach Angaben der Bundesregierung die Unternehmen um 6,7 Milliarden Euro entlastet werden konnten. Seit geraumer Zeit gerät der Bürokratieabbau jedoch zunehmend ins Stocken. Um das angestrebte Ziel zu erreichen, müsste die Regierung die Unternehmen noch von einer bürokratischen Belastung von 5,8 Milliarden Euro befreien. Schwer, aber nicht unmöglich. Denn nach wie vor gibt es Bereiche mit immensem bürokratischem Abbaupotential. Insbesondere eine Steuervereinfachung würde die Regierung dem angestrebten Ziel näher bringen.

Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 11 Kommentare zu Starke Bürger statt starker Staat

Starke Bürger statt starker Staat

Lange wurde in der globalen Finanzwelt wie in der gesellschaftspolitischen Debatte verdrängt, dass unsere Marktwirtschaft immer stärker zur Pumpwirtschaft degeneriert ist. Vor allem in den entwickelten Industriestaaten hat sich über viele Jahrzehnte ein System etabliert, das sich selbst in konjunkturellen Wachstumsphasen nur zu gern der Droge Kreditaufnahme bediente. Sparen wurde zum Fremdwort in der Politik und euphemistisch umdefiniert in „Reduzierung der Nettokreditaufnahme“. Die Folgen sind heute überall zu besichtigen: Mit Krediten wird nicht vorrangig in die Wertschöpfung der Zukunft investiert, also in erstklassige Bildung und die Substanzerhaltung und den Ausbau der Infrastruktur. Kredite werden vor allem dafür gebraucht, um die Zinsen für die hohe Staatsschuld begleichen zu können. Und mit Krediten werden auch zunehmend sozialstaatliche Leistungen bezahlt.

Machen wir uns nichts vor: Längst überfällig ist eine öffentliche Debatte darüber, wie wir die Ansprüche an den „starken Staat“, den sich derzeit so viele zurückwünschen, zurückschrauben können. Denn ein starker Staat macht in Wahrheit die Bürger arm, weil seine Stärke auf tönernen, weil kreditfinanzierten Füßen steht. Dieser starke Staat wird den Bürgern immer höhere Preise in Gestalt von Steuern und Abgaben abverlangen. Er wird aber gleichzeitig auch ihre Ersparnisse durch die Inkaufnahme von hoher Geldentwertung enteignen. Die Antwort auf die globale Malaise liegt für mich in einer Wiederentdeckung des starken Bürgers. Eines Bürgers, der sich nicht hilflos dem vermeintlich „starken Staat“ ausliefert, sondern in Familie und Gesellschaft Gemeinsinn lebt. Der nicht Untertan ist, sondern sich seiner persönlichen Verantwortung selbstbewusst und in Würde stellt, weil er weiß, dass unser Gemeinwesen ansonsten kollabieren muss.

Arbeitsmarkt, Bildung, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 7 Kommentare zu Lehrerbesoldung: Leistung muss sich lohnen

Lehrerbesoldung: Leistung muss sich lohnen

Seit die OECD in regelmäßigen Abständen die PISA-Untersuchungen veröffentlicht, steht das Abschneiden der Schüler im Zentrum der Aufmerksamkeit: effektive Lehrpläne, sinnvolle Bildungsetats und ganze Schulsysteme werden seitdem untersucht.

Nun hat sich erstmals eine amerikanische Studie mit der Effektivität der Lehrer beschäftigt. Demnach hat die Qualität des Lehrpersonals drastische Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten der Schüler und damit auf deren spätere Einkommenschancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahlen der amerikanischen Wissenschaftler sind gravierend: Ob ein Lehrer qualitativ guten Unterricht anbietet, beeinflusst das Lebenseinkommen seiner Schüler positiv im Wert von mehreren Hunderttausend Dollar. Damit rückt erstmals der materielle Wert eines Lehrers für seine Schüler – und letztendlich für die gesamte Gesellschaft – in den Fokus.

Leider werden – auch in Deutschland – Lehrer noch fast ausschließlich nach ihrem formalen Bildungsabschluss und ihrer Berufserfahrung bezahlt. Dahingegen wird die pädagogische Leistung kaum honoriert. Für die Lehrer gibt es insofern kaum Anreize, den Schülern den bestmöglichen Unterricht zu gewährleisten. Die Schlussfolgerung der Studie liegt auf der Hand: Die Besoldung der Lehrer sollte sich viel stärker an der pädagogischen Leistung der Lehrer orientieren. Denn Leistung muss sich lohnen – auch für Lehrer.


Zur Grafik: Obwohl Lehrer in Deutschland im internationalen Vergleich zu den Spitzenverdienern gehören, schneiden deutsche Schüler bei den PISA-Untersuchungen nur mittelmäßig ab. Ihre Finischen Kollegen verdienen weniger, gleichwohl gehören finnische Schüler stets zu den PISA-Siegern. Bildungsexperten sehen die Erklärung dafür, in der stärkeren Motivation der finnischen Lehrer durch eine leistungsorientierte Vergütung.