Ordnungspolitik

Meinungsstark und unideologisch: Anti-Trump-Buch für eine gerechtere Welt

Der freie Handel hat es in Zeiten von TTIP-Protesten und Donald Trump schwer. Oder vielleicht auch gerade nicht. Schließlich eckt der Protektionismus mindestens bei all jenen an, die von ihm negativ betroffen sind. Vielleicht waren die Zeiten nie besser, Menschen von den Vorteilen barrierefreien grenzüberschreitenden Handels zu überzeugen wie heute. Da könnte das Buch "Freihandel für eine gerechte Welt. Mehr als TTIP, Fracking, und Chlorhühnchen - ein Plädoyer für eine gemeinsame Welt" genau richtig kommen.

Ob TTIP-Proteste, Donald Trump oder das Säbelrasseln von Handelskriegern – der freie Handel hat es schwer. Er gilt keineswegs mehr als die friedliche, gerechte und wohlstandsfördernde Einrichtung, für die sich seit Jahrhunderten Sozialreformer, Philosophen und Wirtschaftswissenschaftler eingesetzt haben. Insbesondere in der deutschen Diskussion wird Freihandel als ein gefährlicher Geist gezeichnet, der Unheil anrichten wird, wenn man ihn einmal aus der Flasche lässt. Die Realität, in der Freihandel bessere Lebensbedingungen gerade für ärmere Menschen ermöglicht, wird vielfach ausgeblendet. Die Opposition gegen die von Donald Trump ins Spiel gebrachten Handelsbeschränkungen zeigt allerdings auch, dass die grundlegende Logik des Freihandels nach wie vor viele Menschen zu überzeugen vermag.

Dieser widersprüchliche Befund ist nur eine von vielen Merkwürdigkeiten in Debatten über den Freihandel. Hier den Überblick zu behalten, ist nicht immer einfach. Und selbst Menschen, die entsprechende Diskussionen regelmäßig verfolgen, stellen sich viele Fragen.

Warum fürchten die Deutschen das Chlorhühnchen augenscheinlich mehr als Pest und Cholera? Fördert Freihandel tatsächlich den Wohlstand? Welche Rolle spielen die vielgeschmähten Schiedsgerichte? Wenn Freihandel im Grunde ein soziales Projekt ist, warum wird er von Kirchen oder Gewerkschaften so kritisch gesehen?

Eine facettenreiche Einführung in das Thema Freihandel hat nun die Denkfabrik Prometheus mit dem Buch „Freihandel für eine gerechtere Welt“ vorgelegt. Auf rund 180 Seiten werden in kurzen, gut lesbaren Texten verschiedene Aspekte des Freihandels beleuchtet. Vorangestellt ist den Beiträgen eine übersichtliche Zusammenstellung von Auswirkungen des Freihandels, die nach Meinung der Verfasser sämtlich für freien Handel und gegen Handelsbeschränkungen sprechen. Wirtschaftliche Aspekte stehen dabei interessanterweise im Hintergrund; neben Frieden sind es vor allem soziale Errungenschaften wie Unterstützung für Schwache, Teilhabe, effektive Entwicklungshilfe und fairer Handel, die den Freihandel als Beförderer einer friedlicheren und gerechteren Welt empfehlen.

Den Reigen der Beiträge eröffnet der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Bundesminister sowie heutige Kuratoriumsvorsitzende der INSM Wolfgang Clement mit einem emphatischen Plädoyer für den Freihandel. Es schließen sich unter anderem ein Überblick über die Entwicklung der Globalisierung in den vergangenen 200 Jahren, ein Portrait des Sozialrevolutionärs und Kämpfers für den Freihandel Richard Cobden sowie Texte über Freihandelstheorie, bilaterale Handelsabkommen und Wirtschaftssanktionen an.

Besonders hervorzuheben sind vier Beiträge, die sich mit populären Missverständnissen in der Freihandelsdebatte bzw. deren Gründen beschäftigen. Stefan Kooths erläutert in seinem Artikel „Außenbeitrag – wie ein Saldo die Wirtschaftspolitik verwirrt“, was es mit einer Gleichung auf sich hat, „deren suggestive Kraft die Protektionisten dieser Welt immer wieder überwältigt“. Julia Münzenmaier gelingt das Kunststück, die aufgeregte Debatte um Schiedsgerichte mit Fakten und Argumenten zu beruhigen. Mareike König und Tobias von Dreden gehen der Frage nach, ob die Deutschen mehr Angst vor dem Freihandel haben als ihre Nachbarn, oder warum es zumindest so scheint. Eine sehr ernüchternde Antwort darauf liefert Matthias Bauer, der in seinem Artikel den Finanzquellen von Freihandelsgegnern nachgeht. Neben Spenden und Bundesmitteln (also Steuergeldern) konnten diese auf Mittel der Generaldirektion Entwicklungspolitik der EU-Kommission zählen.

Bedeutung weit über die Freihandelsdebatte hinaus hat dabei der Umstand, dass die Generaldirektion mit einer NGO explizit vereinbart hat, dass mindestens 3 Millionen EU-Bürger, 100 Mitglieder und 200 Kandidaten des Europäischen Parlaments sowie 600 NGOs und 2000 Studierende in einem anti-freihändlerischen Sinne zu beeinflussen seien. Unabhängig davon, wie man den politischen Inhalt beurteilt, ist diese Durchbrechung der Gewaltenteilung skandalös und sicherlich nicht dazu angetan, zu einer gerechteren und demokratischeren Welt beizutragen.

Dieser deprimierende Abschluss sollte allerdings nicht den Eindruck des gesamten Bandes verzerren, dessen Grundton eher optimistisch ist. Die meinungsstarken, aber unideologischen Beiträge argumentieren sachlich und sind dem Ziel verpflichtet, Handlungsoptionen für die im Titel genannte gerechtere Welt aufzuzeigen.

Frank Schäffler, Clemens Schneider, Florian A. Hartjen, Björn Urbansky: Freihandel für eine gerechtere Welt. Mehr als TTIP, Fracking und Chlorhühnchen – ein Plädoyer für eine gemeinsame Welt. Finanzbuchverlag, München 2018.

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