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Der Länderfinanzausgleich – eine unendliche Geschichte

Aktuell wird wieder über die Zukunft des Länderfinanzausgleichs gerungen. Da der aktuell gültige Länderfinanzausgleich sowie der Solidarpakt II Ende 2019 auslaufen, muss sich die Politik auf einen neuen Ausgleichsmechanismus einigen. Diese Situation sollte genutzt werden, um mehr als eine kosmetische Korrektur vorzunehmen. Denn die föderalen Finanzbeziehungen (zu denen neben Länderfinanzausgleich und Solidarpakt noch weitere Elemente gehören) sind verworren, für den Bürger unverständlich und setzen falsche Anreize für politische Entscheidungen.

Das Gewirr der föderalen Finanzbeziehungen ist zunächst von einer unklaren Zuordnung der Steuern geprägt. Neben einigen Steuern, über die jeweils nur die Kommunen, die Länder oder der Bund verfügen können, gibt es sogenannte „Gemeinschaftssteuern“. Deren Aufkommen wird aufgeteilt. So gehen beispielsweise jeweils 42,5 Prozent der Einkommenssteuer an den Bund und die Länder, den Rest bekommen die Kommunen. Politische Entscheidungen über diese Steuern müssen natürlich im Konsens getroffen werden, was Veränderungen erschwert.

Zusätzlich verkompliziert wird das System der föderalen Finanzbeziehungen durch das Ziel, die finanziellen Mittel zugunsten „ärmerer“ Bundesländer umzuverteilen. Dies passiert über drei verschiedene Stufen. Zuerst wird im Umsatzsteuervorausgleich das Aufkommen aus der Umsatzsteuer zugunsten der Bundesländer mit geringeren Einnahmen umverteilt. In einem zweiten Schritt kommt es dann im Länderfinanzausgleich nach komplizierten Regeln zu einer weiteren Umverteilung der Finanzmittel von reicheren zu ärmeren Ländern. So gibt es beispielsweise eine „Einwohnerveredelung“, durch die Einwohner in Stadtstaaten bei der Umverteilung der Mittel stärker ins Gewicht fallen.

In einem dritten Schritt gibt es schließlich zahlreiche direkte Zuweisungen des Bundes. So erhalten die Bundesländer auf dem Gebiet der ehemaligen DDR Sonderzuweisungen nach dem Solidarpakt. Ein weiteres Beispiel: Kleinere Länder erhalten Zuweisungen für die Kosten ihrer politischen Führung.

In der Summe führen die Ausgleichsmechanismen dazu, dass die Unterschiede der Bundesländer nivelliert und teilweise sogar umgekehrt werden. Länder mit einem hohen Steueraufkommen können am Ende der Umverteilung schlechter dastehen, als Länder mit einem niedrigen Steueraufkommen. Gleichzeitig können die Bundesländer über einen Großteil ihrer Einnahmen (und Ausgaben) nicht selbst bestimmen. Stattdessen müssen sie Entscheidungen zusammen mit der Bundesebene fällen. Politische Entscheidungswege werden so natürlich verkompliziert. Dies führt dazu, dass die Bürger die Verantwortung für politische Handlungen und deren Folgen kaum noch nachvollziehen können.

Abhilfe schaffen könnte eine eindeutige Trennung der Entscheidungshoheiten über Einnahmen und Ausgaben zwischen Bund und Ländern. Jede Ebene muss nach der Reform frei über ihre jeweiligen Einnahmen und Ausgaben bestimmen können. Zudem sollten die Ausgleichsmechanismen zwischen armen und reichen Ländern vereinfacht werden. So könnten zum Beispiel der Umsatzsteuervorausgleich und auch der Länderfinanzausgleich abgeschafft werden. Bei einer Stärkung der Autonomie der Bundesländer über ihre Einnahmen und Ausgaben würde dann ein Ausgleich für ärmere Länder über Bundeszuweisungen reichen. Ärmere Länder sollten weiter unterstützt werden – aber in geringerem Maße als bisher. Es kann schließlich nicht sein, dass ein Bundesland mit starken Einnahmen am Ende weniger Geld zur Verfügung hat als ein Land mit schwachen Einnahmen.

Diese Verbesserungen würden die lokale Politik und den Föderalismus stärken. Da die Bürger politische Entscheidungen nach diesen Reformen besser nachvollziehen könnten, wird das neue System auch Verantwortungsföderalismus genannt. Denn Politiker könnten sich nicht mehr hinter dem Dschungel der föderalen Finanzverflechtungen verstecken, sondern müssten Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen. Mit der längst überfälligen Reform der föderalen Finanzbeziehungen könnte die Große Koalition beweisen, dass sich das Adjektiv „groß“ nicht nur auf die Anzahl ihrer Parlamentssitze bezieht.