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Weekender-Themen: Schule, Masken, Sozialstaat, Krankenkasse, Klima

Jedes Wochenende empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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Was wissen wir über die Bildungsverluste durch Corona? Noch nicht allzu viel. Was bekannt ist und man aus früheren temporären Schulschließungen weiß, hat der Bildungsökonom Ludger Wößmann im neuen Wirtschaftsdienst zusammengetragen. Es ist wenig erfreulich. „Erfahrungen aus früheren Situationen, in denen Schulen länger geschlossen waren, legen nahe“, so Wößmann, „dass die Bildungsverluste nicht gänzlich aufzuholen sind.“ Und was kann getan werden, um die Verluste zu minimieren? Verpflichtender Online-Unterricht und zusätzlicher Förderunterricht, meint Wößmann. Als besonders effektiv hätten sich dabei Mentoringprogramme erwiesen, „die Jugendlichen aus stark benachteiligten Verhältnissen jeweils Studierende als Mentor:innen zur Seite stellen. So ließe sich Ausgefallenes nicht nur kurzfristig, sondern kontinuierlich nachholen.“ 

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Die Caritas ist bekanntlich die Wohlfahrtsorganisation der römisch-katholischen Kirche. In dieser ist ökonomischer Sachverstand bisweilen überschaubar verbreitet. Für die Caritas galt das lange nicht. An ihrer Spitze stand von 2000 bis 2017 als Generalsekretär Georg Cremer, der die Interessen seines Verbandes mit großem Verständnis für sozialpolitische Zusammenhänge vertrat. Seinen Texten und Reden zu folgen war stets erkenntnisreich. Es ist deshalb ein Glück, dass sich Cremer auch nach seinem Abschied bei der Caritas regelmäßig in aktuelle Debatten einmischt. So etwa diese Woche mit einem seitenlangen FAZ-Gastbeitrag. Darin geht Cremer der Frage nach, ob sich der deutsche Sozialstaat in der Pandemie bewährt hat. Seine Antwort ist, wie immer, lesenswert. 

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Was war vor einem Jahr das begehrteste Produkt? Richtig, Masken. Kein Unternehmen, das solche herstellen konnte, hatte Probleme, genügend Abnehmer zu finden. Die Nachfrage überstieg das Angebot bei Weitem. Ökonomisch gesehen war folglich das, was gerade als Masken-Skandal in den Schlagzeilen ist, gar nicht notwendig: die Vermittlung zwischen Anbietern und Nachfragern – und folglich die Zahlung von Provisionen. Warum aber fanden diese dennoch statt? Der Ökonom Justus Haucap hat darüber auf seinem Blog Edgeworth nachgedacht

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Dass die deutsche Bevölkerung altert, ist bekannt. Auch dass die Folgen vielfältig sind. Wir nehmen das meist recht gelassen zur Kenntnis. Wenn dann aber bisweilen konkrete Auswirkungen prognostiziert werden, kann einem doch mulmig werden. Diese Woche hat das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) eine solche Prognose erstellt, indem es die Entwicklung der Krankenkassenbeiträge beziehungsweise den notwendigen Steuerzuschuss geschätzt hat. Für 2040 sagt das Institut Beitragssätze zwischen 16,7 und 28 Prozent voraus (PDF, S. 4, Abbildung 2). Aktuell sind es 14,6 Prozent. Will die Politik ihre „Sozialgarantie“ einhalten, wonach alle Beiträge zu den Sicherungssystemen 40 Prozent vom Bruttolohn bis zur Bemessungsgrenze nicht übersteigen sollen, müsste der Bundeszuschuss bis 2030 mindestens auf 30 Milliarden Euro im Jahr verdoppelt werden. Wie man es wendet: Es wird teuer werden. Die Politik wäre daher gut beraten, bei zukünftigen Reformen zwei Kriterien in den Mittelpunkt zu stellen: Effizienz und Kostenbewusstsein. Sonst werden sich die Jungen zunehmend fragen, ob sich nicht weniger Arbeit mehr lohnt. Dann würden vor allem die Alten ein Problem bekommen.

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Dank Corona hat Deutschland seine Klimaziele für 2020 erreicht, ist in der Welt nachzulesen. Im vergangenen Jahr sind hierzulande 739 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt worden. Das sind 70 Millionen Tonnen weniger als 2019. Gut ein Drittel davon wird auf die Wirtschaftskrise infolge der Corona-Pandemie zurückgeführt. Ohne die Corona-bedingte Minderung wäre das Klimaziel damit verfehlt worden. – Ob man sich darüber freuen soll? Warum nicht? Auch schlechte Entwicklungen können gute Aspekte haben. Auf der anderen Seite: Die Pandemie wird nicht das Klima retten. Im Gegenteil. Die wirksame Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen hat zwei elementare Stellschrauben: den richtigen Ordnungsrahmen (etwa einen funktionsfähigen Handel mit Emissionszertifikaten) und technischen Fortschritt (um Alternativen zum CO2-Ausstoß zu entwickeln). Ersteres ist von der Pandemie unberührt, Zweiteres wird durch die Pandemie negativ beeinträchtigt. Es klingt für manche Ohren noch immer seltsam: Klimaschutz braucht Wachstum – nur eben mit wenig fossilem Ressourcenverbrauch.


Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen