Der Mindestlohn ist kein geeignetes Mittel zur Armutsbekämpfung. Im Gegenteil: Er ist eine Bedrohung. Noch nie waren im geeinten Deutschland so viele Menschen beschäftigt, noch nie waren so wenig arbeitslos. Viele Langzeitarbeitslose sind jedoch zugleich schlecht qualifiziert. Niedriglöhne sind für Langzeitarbeit eine Chance für den Einstieg in Arbeit. Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn bedroht den Beschäftigungserfolg für den uns Europa beneidet. Auch ohne Mindestlohn ist das Armutsrisiko in Deutschland geringer als im EU-Durchschnitt. Es ist fast so niedrig wie in den Vorzeigeländern Niederlande, Schweden und Dänemark. Mit ALG II besteht offenbar ein wirkungsvolles Instrument gegen Armut. Zugleich wird damit ein der familiären Situation angepasster Mindestlohn definiert.
Klüger ist es, die Löhne von bestimmten Arbeitnehmern durch staatliche Zuschüsse zu ergänzen (Kombilohn). Diese müssen aber so gestaltet sein, dass das Gesamteinkommen steigt, wenn der Lohn zunimmt. Dazu gehört es auch, die Abgabenbelastung im Niedriglohnsektor zu senken. Noch immer klafft eine Lücke zwischen Brutto-Arbeitskosten und Nettolöhnen. Die muss geschlossen werden. Das schafft Arbeitsplätze und verringert weiter das Armutsrisiko.
Dieser Beitrag ist eine überarbeitete und gekürzte Fassung des Namensbeitrags „Mindestsicherung, nicht Mindestlohn”, erschienen am 31.10.2011 im Stern.
Weitere Informationen zu Mindestlohn und Beschäftigung: „Vollbeschäftigung ist möglich“, ein HWWi-Gutachten im Auftrag der INSM.