Ordnungspolitik

Aufbruch der Helden-Ökonomen

Ökonomen retten die Welt. Malte Buhse: Ökonomen retten die Welt – wie Volkswirte Verbrecher jagen, den Klimawandel bekämpfen und Leben retten, Finanzbuchverlag, München 2014 Malte Buhse bricht eine Lanze für die bei vielen als realitätsfremd verrufenen Ökonomen. In seinem anekdotenreichen Werk retten sie Menschen, bekämpfen den Klimawandel und decken Verbrechen auf. Wer wieder an das Gute im Ökonomen glauben will, sollte dieses Buch lesen.

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise haben sich die Ökonomen nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Falsche Prognosen, falsche Analysen, kein Blick für die Realität – und das alles mit dem Gestus der Besserwisserei. Schön reden will der Wirtschaftsjournalist Malte Buhse deswegen nichts. Aber er möchte zeigen, dass der Beruf des Ökonomen nicht nur aus der Facette der scheinbaren Schwallerei besteht, sondern sehr realitätsnah, handfest und sinnvoll sein kann. Es ist ein Buch, das engagierte Ökonomen fern ab von Instituten wie IWF, EZB, Bundesbank, DIW, oder IW in den Mittelpunkt rückt. Und weil es Buhse gelingt, ebenso unterhaltsam wie spannend zu schreiben, lesen sich die vielen kleinen Abenteuer der Helden-Ökonomen auf gut 200 Seiten im Nu herunter.

Da geht es um die Ökonomin Melissa Dell, die ein Logistikmodell errechnet hat, mit dem die mexikanische Polizei die schnellsten und günstigen Transportrouten der Drogenmafia erkennen kann. Buhse schildert, wie die Wirtschaftswissenschaftler Stefano DellaVigna und Eliana La Ferrara den Verlauf von Bürgerkriegen in acht Ländern recherchierten, um das Verhalten von Waffenlieferanten und die damit verbundene Entwicklung des Aktienkurs‘ der jeweiligen Firmen zu entschlüsseln. Ihre Daten halfen auch den Zollbeamten, diejenigen Unternehmen zu finden, die versuchten, ein Waffenembargo zu umgehen.

Die Studien von Raymond Fisman und Edward Miguel über Zollstatistiken zwischen China und der Sonderwirtschaftszone Hongkong nahmen heimische Zöllner, um herauszufinden, an welchen Häfen besonders viel Ware falsch deklariert wurde. Im Kampf gegen Korruption in den USA zeigte sich wiederum das Ökonomen-Team um Raghavendra Rau als sehr hilfreich. Ihre Untersuchungen machten nicht nur deutlich, warum Korruption für viele Unternehmen ein „gutes Geschäft“ ist – ihre Daten zeigten den Polizisten auch, dass es sich für Unternehmen besonders lohnt, rangniedrige Beamte zu bestechen. Denn sie sind meistens billiger zu haben und werden nicht so genau beobachtet.

Und so reiht Buhse einen Superhelden des Alltags an den anderen. Ob es nun darum geht, Wahlfälscher zu enttarnen, Statistiken über Regenwaldrodung so zu analysieren, dass möglichst wenig Holz abgehackt wird oder mit Hilfe von Organspender-Datenbanken Menschen zu retten – „Ökonomen sind nicht die weltfremden Theoretiker, für die sie oft gehalten werden“, ist Buhses Resümee. Die Krise der Ökonomik sei noch längst nicht vorbei. Aber die Disziplin scheint gestärkt aus ihr hervorzugehen. Das Lager der Helden-Ökonomen wird sogar immer größer, ist sich der Autor sicher.

Wer’s nicht glaubt, dem empfiehlt er – genauso selbstverliebt wie konsequent – seinen Blog www.superheroeconomics.com. Seine Mission: Auch wenn sich einer aktuellen Studie des DIW zufolge die Ökonomen in den Forschungsabteilungen immer noch um 50 Prozent verschätzen, will Buhse mit seinem Engagement zumindest die 80.000 Schulabgänger, die sich jährlich für ein Ökonomie-Studium entscheiden, in dem Glauben bestärken: „Wer die Welt retten will, muss Ökonomik studieren.“