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Beitragssatz jetzt senken!

Der Koalitionsvertrag sieht eine Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte vor. Allerdings wird kein konkreter Zeitpunkt dafür genannt. Warum nicht? Die Kassen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) sind prall gefüllt. Deshalb sollte der Beitragssatz so schnell wie möglich sinken – und auch stärker als geplant.

Die Bundesagentur für Arbeit ist finanziell gut aufgestellt: Seit 2013 gibt sie deutlich weniger aus als veranschlagt. Allein im vergangenen Jahr erzielte die BA einen Überschuss von annähernd sechs Milliarden Euro. Aufgrund der guten Arbeitsmarktentwicklung hat die Behörde zuletzt deutlich weniger Arbeitslosengeld, Eingliederungs- und Gründungszuschüsse, Kurzarbeitergeld und Transferleistungen gezahlt als prognostiziert.

Gut sieht es auch auf der Einnahmenseite aus: Da die Beschäftigtenzahl und das Lohnniveau weiter steigen werden, wachsen auch die Beitragseinnahmen der Bundesagentur für Arbeit. Die Arbeitslosenversicherung wird ja durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert. Bei Arbeitnehmern ist der Beitrag je zur Hälfte – also vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber – zu tragen.

Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland wird in diesem Jahr um 1,6 Prozent steigen. Und auch der Lohn je Beschäftigten wird zulegen – um durchschnittlich 3,3 Prozent. Beides wirkt sich positiv auf die Einnahmesituation der BA aus: Die Gesamteinnahmen der Bundesagentur für Arbeit dürften im Jahr 2018 um rund 1,4 Milliarden Euro zulegen. Zwar wachsen auch die Ausgaben, nämlich um rund 0,9 Milliarden Euro im laufenden Jahr, gleichwohl erzielt die BA bei unveränderter Rechtslage in diesem Jahr einen Überschuss von annähernd 6,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2019 wird es zwar etwas weniger sein, aber der Überschuss dürfte dennoch 5,9 Milliarden Euro betragen.

Überschüsse werden kaum verzinst

Aufgrund der Überschüsse, die die BA in den vergangenen Jahren angesammelt hat, sind ihre Rücklagen kräftig gestiegen. Ende 2017 erreichten sie einen Wert von 17,2 Milliarden Euro. Ende dieses Jahres dürften es 23,8 Milliarden Euro sein, Ende 2019 sogar knapp 30 Milliarden Euro. Da die Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit ausschließlich in Tagesgeldern, terminierten Tagesgeldern und Kündigungsgeldern angelegt sind, entstehen allerdings nur geringe Erträge. Erzielten die BA-Rücklagen im Jahr 2012 noch eine Rendite von knapp drei Prozent, waren es in den Jahren 2013 bis 2017 nur noch 0,02 bis 0,04 Prozent. In diesem und im nächsten Jahr dürfte die Rendite null Prozent betragen, möglicherweise werden sich sogar negative Renditen ergeben.

Die Bundesagentur für Arbeit hat eine allgemeine Rücklage von 20 Milliarden Euro als Voraussetzung für eine Beitragssatzsenkung genannt. Ein Puffer in dieser Höhe sei nötig, um in einer Rezession nicht gleich den Beitragssatz anheben zu müssen, argumentiert sie. Diesen Puffer erreicht die BA im Verlauf des Jahres 2018.

Es gab schon einmal deutlich höhere Beitragssatzsenkungen

Beitragssatzsenkungen gab es in der Geschichte der BA schon häufiger. Besonders groß war der Schritt zwischen 2006 und 2007: Bis Ende 2006 betrug der Satz 6,5 Prozent des beitragspflichtigen Bruttoentgelts, 2007 sank er auf 4,2 Prozent. Im Jahr 2008 sank er abermals um 0,9 Prozentpunkte, um Anfang 2009 erneut – auf dann 2,8 Prozent  – zu sinken. Anfang Januar 2011 wurde der Beitragssatz dann das erste Mal nach einer längeren Zeit wieder angehoben – auf 3,0 Prozent. Dieser Satz gilt noch heute.

Das Ziel: Sofortige Senkung des Beitragssatzes auf 2,5 Prozent

Der Koalitionsvertrag sieht zwar eine Beitragssatzsenkung vor, nennt aber keinen konkreten Zeitpunkt. Festgehalten ist lediglich die Höhe: Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung soll von 3,0 Prozent auf 2,7 Prozent gesenkt werden. Das ist zu wenig. Und auch zu unkonkret. Die Bundesregierung sollte den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung nicht nur um 0,3 Prozentpunkte, sondern um 0,5 Prozentpunkte senken, und zwar sofort. Wenn der Beitragssatz jetzt von drei Prozent auf 2,5 Prozent des Bruttoarbeitsentgelts sinkt, hätte dies positive Folgen für die Beschäftigung. Und die BA kann das geringere Beitragsaufkommen locker schultern. Denn ihre Ausgaben sind deutlich niedriger als veranschlagt. Und ihr Finanzpolster ist groß genug.

Die ausführlichen Berechnungen finden Sie in einem Policy Brief (.pdf) des IfW-Kiel.

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