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Mehr als ein halbes BIP zu Gunsten der Älteren: Was die Rentenpläne der GroKo kosten

Eine von der Bundesregierung berufene Rentenkommission soll Vorschläge für eine leistungsfähige und nachhaltig finanzierbare Rente machen. Doch die Politik hat die Weichen längst gestellt. Die Folgen sind teuer – daran wird auch die Rentenkommission nicht mehr viel ändern können.

Am 6. Juni hat sich die Rentenkommission konstituiert und ist zu ihrer ersten Arbeitssitzung zusammengekommen. Die Bundesregierung hat sie eingesetzt, um Vorschläge für eine nachhaltige Rentenreform zu erarbeiten. Die Ausgangslage für die Kommission ist schwierig. Nicht weil die gesetzliche Rente so schlecht dasteht – ganz im Gegenteil, sondern weil die Regierung schon selbst tätig sein will, bevor die Rentenkommission auch nur einen Vorschlag präsentiert hat. SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil will noch vor der Sommerpause ein erstes Rentengesetz vorlegen und bis zum Jahr 2024 zwei Haltelinien festschreiben: 48 Prozent beim Rentenniveau als Untergrenze und 20 Prozent als Höchstbeitragssatz. Zudem soll die Mütterrente noch mal ausgeweitet werden. Auch die Erwerbsminderungsrenten will Herr Heil erhöhen und zu guter Letzt. Eine Grundrente soll es auch noch geben.

Verantwortliche Rentenpolitik wäre das Gegenteil von dem, was die Große Koalition macht.

Die Wahlversprechen der GroKo III werden hinsichtlich der Rente zügig umgesetzt – noch bevor die Rentenkommission auch nur eine Verlautbarung auf den Weg bringen wird. Die Geschenke kommen insbesondere den aktuell älteren Jahrgängen zugute, belasten aber zukünftige Generationen auf Dauer. Die Absicherung der Rente auf dem heutigen Niveau von 48 Prozent bis 2025, kombiniert mit einer Haltelinie beim Beitragssatz von 20 Prozent, bedeutet langfristig Defizite in der Rentenversicherung von umgerechnet 1,6 Bio. Euro (siehe auch Studie “Ehrbarer Staat? – Die Generationenbilanz”). Die Einführung einer Grundrente von zehn Prozent über Grundsicherungsniveau und die Ausweitung der Mütterrente schlagen mit einer Belastung von umgerechnet 280 Milliarden Euro zu Buche. Unterm Strich: mehr als ein halbes BIP zu Gunsten der Älteren und zu lasten der jungen Beitrags- und/oder Steuerzahler kurzerhand umverteilt!

Dieses „Päckchen“ gibt die Regierung der Kommission schon mal vorab mit auf den Weg. Die Rentenkommission muss akzeptieren, dass die Kardinalfehler schon vorab begangen wurden. Weder die abschlagsfreie Rente ab 63 aus der vorangegangenen Legislaturperiode noch die beiden gesetzten Haltelinien oder die anderen neuen Koalitionsvereinbarungen dürfen in Frage gestellt werden. Das Expertengremium ist ein Feigenblatt für die beschämenden – weil zulasten zukünftiger Beitragszahler gehenden – rentenpolitischen Fehler der Vergangenheit und Vorabbeschlüsse der neuen Koalition. Verantwortliche Rentenpolitik wäre das Gegenteil von dem, was die Große Koalition macht.

Richtig wäre erstens die Fehler der letzten GroKo korrigieren und die Rente mit 63 wieder abschaffen. Zweitens: Wenn wir länger leben, müssen wir auch länger arbeiten. Wie bereits im norwegischen und schwedischen Modell praktiziert, muss auch für Deutschland eine Anbindung des Rentenalters an die Lebenserwartung kommen. In beiden Ländern bestehen extrem hohe Anreize, auch nach 67 noch erwerbstätig zu sein. Zwar ist es in beiden Ländern auch möglich, früher in Ruhestand zu gehen, was allerdings mit Abschlägen verbunden ist. Die Rentenhöhe wird allerdings prinzipiell gemäß der durchschnittlichen Lebenserwartung zum Zeitpunkt des beginnenden Ruhestands berechnet.

Angesichts der durchaus vorhandenen Expertise bei den Kommissionsmitgliedern besteht Hoffnung, dass die Rentenkommission diesen zentralen Vorschlag für die zukunftsfeste Gestaltung der Rentenversicherung machen wird. Zudem bin ich zuversichtlich, dass die Kommission den Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel belassen will. Er sorgt dafür, dass die Renten weniger als die Löhne steigen, wenn die Zahl der Rentner schneller wächst als die der Beitragszahler.

Das Problem wird aber die Politik sein: Die Vorschläge sollen bis zum Jahr 2020 auf den Tisch, also genau ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl. Dass die Politik dann den Mut aufbringt, richtige, aber unpopuläre Weichenstellungen auch umzusetzen, ist wenig wahrscheinlich bis ausgeschlossen – und wenn die Rente im Wahlkampf gelandet ist, wurde es bis jetzt immer teuer.

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